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Vom Zweifel zum Traum: Wie Arne Slot Liverpool noch besser gemacht hat
Arne Slot hat geschafft, was viele nicht für möglich hielten: Er führte den FC Liverpool zurück an die Spitze der Premier League. Mithilfe einer Mischung aus taktischer Raffinesse und dem Erbe von Jürgen Klopp.
Stand:
Fährt man die Anfield Road entlang in Richtung des Stadions des FC Liverpool, folgt ein Gemälde einer Vereinslegende auf das nächste. Relativ am Anfang der Straße schmücken etwa die Konterfeie von Mohamed Salah oder Roberto Firmino die Wände, später folgt der „normale Junge“ aus Liverpool, dessen Traum wahr geworden ist, Trent Alexander-Arnold, oder Rekordtorschütze des Vereins, Ian Rush.
Nimmt man einen kleinen Umweg über die Burnand Street, blickt einem ein überlebensgroßes Wandgemälde von Jürgen Klopp entgegen. Es ist eines von sechs Bildern des Erfolgstrainers, die an Mauern in der gesamten englischen Hafenstadt verteilt sind.

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Wenn Arne Slot also zu einem Heimspiel des Premier-League-Klubs fährt, dürfte ihm nicht nur einmal das Gesicht seines Vorgängers begegnen. Als wäre die Aufgabe als Nachfolger der Vereinsikone Klopp nicht ohnehin schwer genug. Bevor der 46-jährige Slot im Sommer seinen neuen Job in England antrat, waren die Zweifel groß. Am Ende dieses Jahres könnte die Euphorie hingegen nicht größer sein.
Denn der Niederländer, zuvor bei Feyenoord Rotterdam unter Vertrag, hat seit seinem Amtsantritt herausragende Arbeit geleistet und lässt die Fans der Reds vom nächsten Gewinn der Premier League träumen. Nach dem 3:1 (1:1)-Sieg über das abstiegsbedrohte Leicester City am Donnerstagabend thront Liverpool mit sieben Punkten mehr als der erste Verfolger FC Chelsea an der Spitze und hat dabei ein Spiel weniger bestritten.
Dass Arne Slot derart gut startet, hätten ihm wohl nur die wenigsten zugetraut. Einige Expert:innen sahen eher Manchester City und den FC Arsenal auf den beiden obersten Plätzen, doch beide Mannschaften kommen derzeit an das Niveau Liverpools nicht heran.
Weniger Hau Ruck, mehr Kontrolle
Der Schlüssel zum Erfolg ist bei Slot, von der guten Basis, die Klopp hinterlassen hat, zu profitieren und mit seinen eigenen Ideen zu ergänzen. Der Niederländer wird noch immer nicht müde, das zu betonen: „Es gab nicht viele Gründe, etwas zu ändern“, sind meistens seine Worte, wenn er für seine Spielweise gelobt wird.
Da wäre etwa der überfallartige Konterfußball, der auch in dieser Spielzeit nicht wenige Gegner oftmals völlig überfordert. Doch während Klopp nicht nur mit höchstem Tempo konterte, sondern auch im Aufbau so schnell wie möglich vertikal spielen wollte und dabei zuweilen ein großes Risiko einging, setzt Slot in vielen Spielphasen mehr auf Ballzirkulation. Er möchte den Gegner auch mal ins Pressing locken. Weniger Hau Ruck, mehr Kontrolle. Seine Herangehensweise erfordert extrem viel Laufarbeit und einzelne Spieler übernehmen viel Verantwortung, doch seine Mannschaft liefert und hat den Wechsel zwischen Ballbesitz- und Vollgasfußball nahezu perfektioniert.
Auch mit Blick auf die Statistik geht sein Konzept auf: Liverpool hat wettbewerbsübergreifend 21 seiner 26 Spiele gewonnen. Die Niederlage gegen Nottingham Forest (0:1) Mitte September – aktuell Tabellendritter – blieb der einzige Ausrutscher. Die Dominanz ist also ähnlich erdrückend wie in der Meistersaison vor fünf Jahren.
Das, was (Manchester) City passiert ist, mit vielen Verletzungen, Sperren oder Pech, kann jedem Team passieren. Es ist also viel zu früh, um schon zu feiern.
Arne Slot, Trainer des FC Liverpool
Neben dem Platz hatte Jürgen Klopp mit seiner charmanten und nahbaren Art in Rekordzeit die Anhänger Liverpools hinter sich und auch Arne Slot ist bereits Sympathieträger, wenn auch nicht in dem Ausmaß wie sein deutscher Vorgänger. Mit seiner offenen Art und dem Übertragen von Verantwortung an seine Mitarbeitenden kommt er im Verein dennoch gut an, heißt es.
„Ich denke, wenn du lange dabei bist, wie meine Spieler und ich auch, dann schaust du dir die Tabelle 20 Spiele vor dem Ende nicht an“, gab sich Slot nach dem Sieg über Leicester trotz allem bescheiden. „Du weißt, dass noch so viele Herausforderungen vor dir liegen. Das, was (Manchester) City passiert ist, mit vielen Verletzungen, Sperren oder Pech, kann jedem Team passieren. Es ist also viel zu früh, um schon zu feiern.“
Doch Fakt ist, dass Liverpool ins neue Jahr geht mit der Aussicht auf vier Titel. In der Champions League ist man nach sechs Spieltagen das einzige Team mit 18 Punkten und auch im FA Cup sowie dem Ligapokal noch im Rennen. Nicht wenige trauen den Reds mittlerweile mehr als einen Titel zu. Und daran hat in erster Linie Arne Slot einen großen Anteil.
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