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Ärztin oder Profiläuferin. Berufswunsch vieler äthiopischer Mädchen.

© Simon Maina/AFP

Kolumne: So läuft es: Von Goldläufern und Zwangsheirat

Viele äthiopische Mädchen wollen Profiläuferinnen werden. Es geht um den Erfolg, vor allem aber um eine Stimme in der Gesellschaft.

Piet Könnicke lebt und arbeitet in Potsdam. In den Neunzigern gehörte er zur deutschen Laufspitze. Dass man mit über 40 auch noch gut laufen kann, das bewies Piet 2010 mit dem dritten Platz bei den Deutschen Marathon-Meisterschaften. Viele Jahre war er Trainingspartner von Uta Pippig, die drei Mal in Boston und in Berlin den Marathon gewann. Als Lauftrainer ist Piet mit seinem Konzept "Go To Run" einer der angesehensten Trainer des Landes. Vor einigen Jahren war er tief berührt, von dem Dokumentarfilm "Town of runners".

Es ist zunächst die Geschichte des Städtchens Bekoji in Äthiopien. Läufer aus diesem Ort haben acht Goldmedaillen bei Olympia gewonnen, haben zehn Weltrekorde gebrochen und 32 Weltmeisterschaften gewonnen. "Ich wollte diesen Ort unbedingt finden. Und ich habe ihn gefunden. Eine ganze Stadt läuft dort. Teilweise sind da unfassbar schnelle Läufer. Und Du fragst Dich: Woher nehmen die das? Und dann gibt es wieder viele, für die ist das Laufen einfach Bewegung, Sport", sagt Piet Könnicke.

Als er etwas tiefer in die Gemeinschaft von Bekoji eintaucht, fällt ihm ein 65 Jahre alter Trainer auf, der zu mehreren hundert Läuferinnen und Läufern spricht, einzelnen Gruppen ihre genauen Laufpläne für den Tag erklärt. "Und dann laufen die alle los. Und nach der Einheit erklärt ihnen der Mann, wie sie noch besser werden. Wie sie sich ernähren sollen, was Körperpflege bedeutet. Und dabei ist mir eine Gruppe von 20 Mädchen aufgefallen, die extra betreut wurde", sagt Piet. Es sind die Mädchen von "Girls gotta run", eine Stiftung, die Unglaubliches leistet.

Zwangsheirat ist ein großes Problem

Noch immer ist die Zwangsheirat ein großes Problem in Äthiopien. Frauen werden bereits quasi noch als Kinder verheiratet, so auch zum Sex gezwungen. Mit verheerenden Folgen. Das Laufen, die Stiftung, gibt diesen Frauen eine Stimme. Denn selbst haben Frauen in diesem Land im Grunde keine. "Fragt man die Mädchen, will jede von ihnen Profiläuferin werden, und wenn nicht das, dann Ärztin", lächelt Könnicke. Bildung, so sagt er, sei im Grunde das, was "Girls gotta run" primär schafft. Denn zu vermitteln, dass ein Schulabschluss, ein erlernter Beruf sicherer und wertvoller ist als das Laufen, das vermittelt sich am besten durch das gemeinsame Laufen.

Zweimal im Jahr veranstaltet Piet Könnicke einen Spendenlauf. Jeder seiner Go-to-run-Läufer kann seine gelaufenen Wochenkilometer in Euro umwandeln. So kamen alleine dieses Jahr 4000 Euro zusammen. Und das tun sie nicht nur, weil Weihnachten vor der Türe steht oder weil es schick ist, ein schönes Charity Projekt in Afrika zu haben. Piet nutzt einfach die Magie des Laufens, um Gutes zu tun. Nutzt das, was das Laufen gut kann: Menschen verbinden. Es schafft Nähe, es kann etwas bewegen. Und er sagt zum Schluss etwas sehr Treffendes: "Das Laufen eröffnet Chancen, überall auf der Welt." So läuft es.

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