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Mit Reinhold Beckmann hielt die Jugendlichkeit Einzug. Oder um es im Diktum der Reporter zu sagen: das Momentum.

© dpa/ Reeh Haertmut

Von "Momentum" bis "Konstrukt": Die seltsam hochgestochene Sprache der Fußballreporter

"Da muss er finalisieren!" – die Sprache von Fußballreportern ist häufig seltsam gehoben. Vor Spielern und Trainern machen sonderbare Begriffe nicht halt. Eine Glosse.

Hört man sich die Sprache unserer Fußballreporter genauer an, dann fällt einem auf, dass sie seltsam hochgestochen ist. Für ein so einfaches Spiel wie Fußball werden erstaunlich viele Ausdrücke benutzt, die der Duden mindestens als gehoben einstuft. Damit ist jetzt nicht der moderne Trainerjargon gemeint (Domenico Tedesco: „Die Kopfballduelle, die Naldo für sich entscheiden konnte, haben wir nicht mehr magnetisiert“), sondern all die Ausdrücke, die schon seit Jahrzehnten wie selbstverständlich von den Lippen der Berichterstatter purzeln, obwohl man sie in einer normalen Unterhaltung niemals benutzen würde. So spielen Spieler ja gar nicht.

Stattdessen „agieren“ sie. Oder sie „absolvieren“ eine Partie. In dieser schießen sie dann nicht etwa den Ausgleich, sondern „egalisieren“ oder „markieren“. Unter Verletzungen leiden Fußballer seltsamerweise nur sehr selten, meistens „laborieren“ sie an ihnen. Ihre Mittel sind „probat“, ihre Schüsse „fulminant“. Passiert ihnen ein Fehler, ist das ein „Lapsus“. In der Regel ist dieser sogar „eklatant“.

Vielleicht liegt es daran, dass sie Dinge nicht mehr voraussehen können, sondern „antizipieren“ müssen. Besonders gelehrt geht es zwischen den Spielern – Entschuldigung: den „Akteuren“ – und der Person zu, die als Schiedsrichter „fungiert“. Denn Fußballer meckern und jammern nicht, sie „monieren“ und „lamentieren“. Haben sie ein Spiel gewonnen, war das „eminent“ wichtig. Etwas neueren Datums, aber inzwischen ebenso etabliert, ist das Ableben der herausgespielten Torchancen. Denn diese werden inzwischen „kreiert“.

All die Imponderabilien

Auch vor den Trainern macht die tote Sprache nicht halt. Keiner von ihnen ist einfach nur ein normaler Arbeiter, sie alle sind dabei „akribisch“. Ihr großes „Manko“ ist, dass sie alle „Fortune“ brauchen. Man darf sogar Glück sagen, dann aber nur in Verbindung mit „Quäntchen“. Auf keinen Fall mit „Quantum“, denn so viel hat nur James Bond. Bei dieser Schwemme von lateinischen Begriffen wundert es nicht, dass viele von ihnen falsch benutzt werden. Sehr beliebt ist seit einiger Zeit das Wort „Konstrukt“. Mal ist damit das Mannschaftsgefüge auf dem Platz gemeint, mal die Gesamtheit eines Vereins, gerne die eines umstrittenen Klubs.

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Dabei bezeichnet „Konstrukt“ ein rein gedankliches Gebilde, kann also nicht auf etwas angewendet werden, das tatsächlich existiert. Und auch ein anderes Modewort ist fehl am Platz – „Momentum“. Früher sagte man einfach „Wir müssen den Schwung ausnutzen“ oder „Wir haben den Schwung auf unserer Seite“.

Nun bedeutet „Momentum“ im Englischen tatsächlich Schwung, aber eben nur im Englischen. Auf Deutsch bezeichnet „Momentum“ einen bestimmten Zeitpunkt. Wenn man hier also schon unbedingt einen Ausdruck aus dem Lateinischen gebrauchen muss, dann sollte es „Impetus“ sein. Oder wie Holger Osieck, ehemals Co-Trainer von Franz Beckenbauer sagen würde, auf all die Imponderabilien.

Alle Infos rund um die WM gibt's in unserem Liveblog.

Uli Hesse

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