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Vorwurf des sexuellen Kindesmissbrauchs: Früherer Union-Jugendtrainer legt Teilgeständnis ab
Ein ehemaliger Jugendtrainer des 1. FC Union soll sich sexuell an Kindern vergangen haben. Am Dienstag wurde deutlich, wie perfide er Kontakte zu den mutmaßlichen Opfern geknüpft haben soll.
Stand:
Der Beschuldigte H. machte vor der Jugendschutzkammer des Landgerichts Berlin nicht den Eindruck, als habe er etwas verbrochen. Als sich die Richterin Iris Berger-Sieg einmal einen Scherz erlaubte, grinste der frühere Jugendtrainer des Fußball-Bundesligisten 1. FC Union. Auch in den wenigen Auslassungen seines Anwalts machte er am Dienstag einen entspannten Eindruck.
Die Vorwürfe gegen ihn sind schwer. Der 31-Jährige soll laut Anklageschrift „in vier Fällen sexuelle Handlungen an einer Person unter vierzehn Jahren (Kind) vorgenommen haben, wobei es in zwei Fällen beim Versuch geblieben ist. In zwei weiteren Fällen soll er jeweils ein Kind dazu bestimmt haben, dass es sexuelle Handlungen vornimmt, wobei es in einem Fall beim Versuch geblieben ist.“
Messt mal euren aus.
Laut Anklageschrift forderte H. seine kindlichen Besucher auf, ihre Penisse der Länge nach zu vermessen.
H. legte am Dienstag ein Teilgeständnis ab. Sein Verteidiger las vor, dass Teile der Anschuldigungen zutreffen würden und H. es „zutiefst bedauert, was er getan hat“. In der Covid-Phase sei der Fußball eingeschränkt gewesen, sagte der Verteidiger. Dadurch sei das Privattraining intensiviert worden, auch räumlich sei H. mit den Jugendlichen dann nähergekommen.
Nichts sei von H. von langer Hand geplant gewesen, es wäre spontan passiert. Aber H. räume ein und wisse, dass sein Verhalten falsch gewesen sei und es nicht tolerierbar sei, führte sein Verteidiger aus. H. werde an sich arbeiten und er wisse, dass es schwer sei, eine Wiedergutmachung zu erreichen. Auch für H. sei eine Welt zusammengebrochen, sagte der Verteidiger. Er könne nicht mehr als Trainer tätig sein. Mit Kindern würde H. nicht mehr arbeiten.
Dem Beschuldigten droht eine Gefängnisstrafe
Richterin Berger-Sieg befand das Teilgeständnis als „passiv“. Letztlich habe der Beschuldigte die Situationen so geschaffen.
Angeklagt ist H. weiterhin in den Fällen 5 und 6 der Anklageschrift, in denen ihm sexueller Missbrauch vorgeworfen wird. Ihm droht eine Gefängnisstrafe.
Der Fall war wohl durch eine Kinderschutzbeauftragte des 1. FC Union im Frühjahr 2023 ins Rollen gebracht worden. Eine Mutter hatte sich bei ihr gemeldet. Der Beschuldigte soll ihrem Kind angeboten haben, in seiner Privatwohnung zu übernachten. H. gab vor, Trainingstipps zu geben.
Aussicht auf Union-Tickets
Die Ermittler nahmen die Spur auf. Es gab eine Wohnungsdurchsuchung bei H. und eine forensische Auswertung seines Smartphones. Das Bild, das sich schnell zeigte: H. soll die Kinder mit der Aussicht auf Privattrainingseinheiten sowie Tickets für Spiele des 1. FC Union geködert haben. Vor Union hatte H. bei anderen Vereinen als Trainer gearbeitet, u. a. in Mariendorf, Rudow und Rostock. Insgesamt soll er mit hunderten Kindern in Kontakt gestanden haben.
Als beim 1. FC Union die Vorwürfe bekannt geworden waren, reagierte der Köpenicker Klub. Im Februar 2023 wurde er dort entlassen. Doch schon kurz darauf heuerte er bei den Stuttgarter Kickers an.
H. soll die Jugendlichen entweder zu sich eingeladen oder soll sie in deren Elternhaus besucht haben. In Fall 3 der Anklageschrift heißt es: „Am Wochenende vom 19. bis 21. Juli 2022 übernachteten die zum Tatzeitpunkt jeweils 12 Jahre alten Zeugen (…) ohne ihre Eltern in der Wohnung des Angeschuldigten in Berlin-Köpenick. Während eines Gesprächs darüber, ob der Angeschuldigte eine Freundin habe bzw. ob die Zeugen (…) bereits Freundinnen hätten, forderte der Angeschuldigte mit den Worten ,Messt mal euren aus’ seine kindlichen Besucher auf, ihre Penisse der Länge nach zu vermessen. (…)“
Ein Kriminalbeamter schilderte am Dienstag vor der Jugendschutzkammer unter anderem, wie perfide H. den Kontakt zu den Kindern gesucht haben soll. So habe H. sich von dem Kind einer alleinerziehenden Mutter als „Papi“ anreden lassen und das Kind ins Bett gebracht. Bei den Ausführungen des Kriminalbeamten schüttelte H. am Dienstag mit dem Kopf.
Der Prozess wird am Freitag ab 11 Uhr fortgesetzt.
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