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Die Magdeburger Mannschaft versammelt sich nach dem mutmaßlichen Anschlag vor ihren Fans.

© IMAGO/Kirchner-Media

Wenn der Fußball zur Nebensache wird: So reagiert die Sportwelt auf den Anschlag in Magdeburg

Beim Spiel der Fortuna gegen den FCM tritt das Sportliche in den Hintergrund. Die Stimmung im Block ist „beklemmend“. Auch der Rest der Liga nimmt Anteil.

Stand:

Wenn man als Fußballfan im Dezember nach Magdeburg reist, dann springen einem die glitzernden Buchstaben ins Auge, sobald man den Hauptbahnhof verlässt: Magdeburg. Und daneben ein Herz. Es ist nicht schwer, die Stadt an der Elbe während der Weihnachtszeit zu lieben. Überall leuchten Lichterketten und am Alten Markt lässt es sich gut über den Weihnachtsmarkt schlendern.

Das ist auch für viele Fußballfans ein Grund, sich Auswärtsspiele in der Stadt an der Elbe nicht entgehen zu lassen. Doch vom Weihnachtzauber ist nach dem Anschlag am Freitagabend nichts mehr übrig. Auch in der Sportwelt herrscht Ausnahmezustand. „Wir sind immer noch fassungslos und trauern um die Opfer des schrecklichen Anschlags“, schrieb der 1. FC Magdeburg auf seiner Website und postete dazu das Vereinslogo in schwarz-weiß.

Der Zweitligist hatte am Freitagabend auswärts gegen Fortuna Düsseldorf gespielt. Die schrecklichen Nachrichten aus der Heimat hatten die Auswärtsfans im Laufe der zweiten Halbzeit erreicht. Danach war an Fußball nicht mehr zu denken, weder auf den Rängen noch auf dem Platz. Zahlreiche Magdeburger Anhänger verließen das Spiel und die Fortuna-Fans stellten ihre Unterstützung ein.

Es war ein komisches Gefühl, dass das Spiel trotzdem weiterging.

Carlotta, Fortuna-Fan

„Man hat sofort gemerkt, dass es ruhiger wurde“, sagt Fortuna-Fan Carlotta. „Im Stadion war der Empfang ziemlich schlecht, aber viele haben Push-Benachrichtigungen zum Anschlag bekommen. Die Neuigkeiten gingen schnell durch den Block.“

Fortuna-Fans stellen Unterstützung ein

Sie selbst stand zu diesem Zeitpunkt mit ihrer Schwester neben den Ultras und beobachtete, wie erst viele Magdeburger und dann auch einige Düsseldorfer Fans das Stadion verließen. „In der ersten Halbzeit war es laut und die Stimmung war gut. Als dann über einen Bildschirm die Neuigkeiten eingeblendet wurden, wurde es ganz ruhig. Die Fahnen wurden heruntergenommen und keiner hat mehr gesungen oder gejubelt. Das war sehr beklemmend und bedrückend. Es war ein komisches Gefühl, dass das Spiel trotzdem weiterging.“

Im Anschluss an das Spiel fühlte sich kein Magdeburger Spieler bereit, Interviews zu geben, also ergriff Düsseldorfs Kapitän Andre Hoffmann das Wort. „Der Fußball und die Niederlage rücken absolut in den Hintergrund, wenn man so eine Information bekommt“, sagte er gegenüber dem MDR. „Es ist beklemmend und erschreckend.“

Dominik Reimann spricht nach dem Spiel mit den verbliebenen Fans.

© IMAGO/Kirchner-Media

In dem Zweitliga-Duell setzten sich am Ende die Magdeburger mit 5:2 durch, es war der erste Sieg nach fünf Niederlagen in Partien gegen Düsseldorf. Unter anderem Umständen hätte das Ergebnis im Aufstiegskampf sicher für Euphorie gesorgt. Doch angesichts der Geschehnisse auf dem Weihnachtsmarkt sei der Fußball zur Nebensache geworden, hieß es von Seiten des Vereins. „Ehrlich gesagt fällt es uns auch gerade schwer, Worte zu finden.“

Bayern München sagt Weihnachtsshow ab

Einige Profis äußerten sich am Sonnabend in den sozialen Medien, teilten ihre Fassungslosigkeit und bekundeten Beileid mit den Angehörigen der Toten und Verletzten. Kapitän Dominik Reimann etwa postete ein gebrochenes Herz und dazu ein Schwarz-weiß-Bild des Stadions. Baris Atik, der zur Startelf gegen Düsseldorf zählte, bedankte sich beim Klinikum Magdeburg, als dieses verkündete, dass mehrere Schwerverletzte außer Lebensgefahr seien.

Viel Solidarität erfuhr der Verein auch von anderen Bundesligisten. Der FC Bayern München etwa verzichtete angesichts der Geschehnisse auf seine Weihnachtsshow. „Diese Zeremonie sollte eine fröhliche sein, das passt einfach nicht in diesem Moment“, sagte Vorstandschef Jan-Christian Dreesen nach dem 5:1-Sieg gegen RB Leipzig. Stattdessen rief er dazu auf, in einer Schweigeminute der Opfer zu gedenken. Anschließend wurde vom ganzen Stadion „Stille Nacht“ gesungen.

RB-Spieler waren nicht informiert

Kritik gab es in den sozialen Medien für die Leipziger. Denn bevor Dreesen seine Ansprache beginnen konnte, rannten einige RB-Profis zum Auslaufen über den Rasen. Das Publikum reagierte mit Pfiffen und erst als ein Ordner zu den Spielern geschickt wurden, brachen diese ihre Übungen ab. Später teilte der Klub mit, dass Spieler und Athletiktrainer zu diesem Zeitpunkt noch nicht von dem Anschlag gewusst hätten. „Das kann uns doch mal jemand früher sagen. Maximal unglücklich“, sagte David Raum auf dem Weg in die Kabine.

FC Bayern Vorstandsvorsitzender Jan-Christian Dreesen sagt die geplante Weihnachtsshow ab.

© IMAGO/Ulmer/Teamfoto

Die Deutsche Fußball-Liga hat den Erst- und Zweitligisten empfohlen, am Wochenende Trauerflor zu tragen und eine Schweigeminute abzuhalten. Eine ähnliche Empfehlung hat der Handball-Verband ausgesprochen, um ein gemeinsames Zeichen „gegen den menschenverachtenden Anschlag in Magdeburg und für ein friedliches Miteinander“ zu setzen.

Der amtierende Meister SC Magdeburg einigte sich mit dem ThSV Eisenach darauf, die Partei am Sonntag zu verschieben. „In einer solch schweren Stunde möchten wir unsere Solidarität und Anteilnahme zeigen“, schrieb der Verein in einer Stellungnahme. Ob das Heimspiel am 26. Dezember gegen den HC Erlangen stattfindet, ist unklar. Denn der Sport ist in der eigentlich so sportbegeisterten Stadt an der Elbe zur Nebensache geworden.

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