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„Wie ein Panzer, der einen schützt“: Beim Rollstuhlrugby geht’s in Paris zur Sache!
Um bei den Paralympics möglichst wendig zu sein, gibt es für die Athleten im Rugby bestimmte Sportrollstühle. Das deutsche Team wartet in Paris noch auf einen Sieg.
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Wer bei den Paralympics mal beim Rollstuhlrugby eingeschaltet hat, weiß: Da knallt es! Bei dem Kontaktsport versuchen die jeweils vier Spieler und Spielerinnen ihres Teams einen Volleyball über die gegnerische Torlinie zu bringen. Und es hieße ja nicht Rugby, wenn das so einfach ohne Kontakt zum Gegner ginge. Das ist eine der wenigen Ähnlichkeiten zu der Fußgängervariante des Sports.
Um für schnelle Richtungswechsel möglichst wendig und für die sogenannten Blocks bestens geschützt zu sein, gibt es dafür bestimmte Sportrollstühle. So wie diese im Para-Rugby konstruiert sind, gibt es sie in keiner anderen Sportart. Weil es nirgendwo so zur Sache geht wie beim Rugby.
Die Rollstühle werden aus Aluminium oder anderen Leichtmetallen gefertigt und sind auf jeden Spieler und jede Spielerin individuell angepasst. Damit der Rollstuhl den Spielbedingungen standhalten kann und immer bedenkenlos befahrbar ist, haben die Rugby-Teams ihre eigenen Mechaniker dabei.
Im deutschen Team ist das laut Spielerin Mascha Mosel „der weltbeste Mechaniker“, nämlich Peter Sauerbier: „Der kennt sich perfekt mit unseren individuellen Rollstühlen aus und kümmert sich immer sofort um alle Problematiken.“ Sauerbier ist der Vater eines langjährigen Nationalspielers der Deutschen, Jens Sauerbier, – und ist, seitdem er vor sechs Jahren in Rente gegangen ist, der persönliche Mechaniker des deutschen Teams.
Als sein Sohn sich dazu entschieden hatte, Rollstuhlrugby zu spielen, habe er erstmal gedacht: „Mein Gott, wie kann man sich so einen Sport aussuchen“, erzählt Sauerbier: „Aber die Jungs (und Mädchen, Anm.d.R.) sind koordinativ so stark, dass sie sich, wenn sie hinfallen, so drehen können, dass die Verletzungsgefahr ziemlich gering ist.“
Pro Match komme es zu insgesamt durchschnittlich vier Stürzen. Das passiert trotz spezieller Schutzvorrichtungen, die einem Umkippen vorbeugen sollen. Die junge Rollstuhlrugbyspielerin Mascha Mosel nennt den Rollstuhl „einen Panzer, der einen schützt und den Sturz abfängt. Deswegen habe ich mich auch noch nie ernsthaft verletzt.“
Und das, obwohl ihr Rollstuhl bei den Vorbereitungen für die Paralympics zerbrochen war. Auch darum kümmerte sich Peter Sauerbier, obwohl das schon eine kniffligere Aufgabe ist als ein einfacher Reifenwechsel. „Die Rollstühle haben einen bestimmten Radstand, also einen bestimmten Winkel, und wenn der nicht mehr stimmt, stimmt der ganze Rollstuhl nicht.“ Dies passiert, wenn der Winkel nicht genau mit der Schweißnaht übereinstimmt. „Dann kann man den Rollstuhl zu Schrott machen und es sind so 10.000 Euro weg.“
Man kann grob zwischen zwei Arten von Rollstühlen unterscheiden. Jeder und jede in der Mannschaft hat eine andere Aufgabe auf dem Spielfeld und dementsprechend ist auch das Sportgerät gebaut. Einige Rollstühle, sogenannte defensive Rollstühle, sind mit einem Bumper ausgestattet, der sich vorne am Rollstuhl befindet und dazu dient, sich mit anderen zu verhaken und am Weiterfahren zu hindern.
Die offensiven Rollstühle, die meistens von Spielern und Spielerinnen mit weniger Einschränkung benutzt werden, sind vorne rund und etwas wendiger. Im deutschen Team sind offensive und defensive Rollstühle ungefähr gleichstark vertreten und werden täglich von Sauerbier überprüft.
Trotz guter Vorbereitung, ausgezeichneter technischer Versorgung und reichlich Unterstützung aus Deutschland konnte sich die deutsche Mannschaft in Paris nicht durchsetzen. Sie waren eher als Underdog zu den Spielen gereist. Bundestrainer Christoph Werner zeigte sich „ein bisschen enttäuscht“, aber trotzdem zufrieden mit der Leistung seines Teams.
„Wir haben alle drei großen Gegner in der Gruppe geärgert. Leider hat es für die Überraschung noch nicht gereicht“, sagte Werner: „Aber wir haben alles gegeben und was am wichtigsten ist: Wir haben gute Werbung für den Sport gemacht.“ Das deutsche Team spielt am Sonntag noch in der Platzierungsrunde – da geht es auch um Punkte für die Weltrangliste.
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