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Denise Schindler holte bei den Paralympics in Rio 2016 zwei Medaillen.

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Paralympionikin Denise Schindler: "Wir brauchen keine Last-Minute-WM"

Erst vor drei Wochen gab der Weltverband bekannt, dass die Bahnrad-WM in den paralympischen Disziplinen Anfang März in Los Angeles stattfindet. Zu spät für viele Sportler.

Denise Schindler hat nach einer Disqualifikation auf der Bahn, Silber im Zeitfahren und Bronze im Straßenrennen bei den Paralympics in Rio de Janeiro das nächste große Ziel schon jetzt klar formuliert: 2020 in Tokio soll es endlich die ersehnte Goldmedaille werden – dafür verzichtet sie sogar auf die kommenden Bahnrad-Weltmeisterschaften, auch wenn das noch andere Gründe hat.

Als der Welt-Radsportverband UCI vor drei Wochen bekanntgegeben hat, dass die Bahn-WM Anfang März in Los Angeles stattfindet, war für die 31-Jährige, die jetzt für das Team Brandenburg startet, sofort klar, dass sie den Vier-Jahres-Zyklus sorgsam angehen möchte und eher in Richtung Japan tendiert: „Man kann nicht jedes Jahr mit so einem Aufwand wie den Paralympics durchbringen. Da muss man auch mal haushalten und intelligent sein.“

Doch nicht nur Schindler, sondern die gesamte deutsche Mannschaft wird nicht in die USA fliegen, wie Bundestrainer Patrick Kromer sagt: „Wenn eine Weltmeisterschaft erst sieben Wochen vorher terminiert wird, ist keine professionelle Wettkampfvorbereitung möglich, so dass wir eine Teilnahme unter diesen Umständen und unter Berücksichtigung der Kosten nicht für sinnvoll halten. Es ist schade, dass wir nicht dabei sein werden, doch wir wollen dieses Vorgehen der UCI auch nicht unterstützen."

Während nach den Paralympics 2008 und 2012 im Folgejahr keine Bahn-WM angesetzt wurde, ist das dieses Mal der Fall. Der Grund klingt simpel: Die UCI möchte sich professioneller aufstellen, könnte aber mit der jetzigen Maßnahme genau das Gegenteil bewirken, wie Schindler vermutet: „Ich denke, dass es ihnen eher auf die Füße fällt, wenn am Ende nur zwei Sportlerinnen an der Startlinie stehen. Wir brauchen keine Last-Minute-WM.“

Schindler war 2011 Behindertensportlerin des Jahres

2014 in Mexiko war die Situation ähnlich, damals erfuhren die Athleten aber immerhin noch vor Weihnachten davon, dass im April gefahren werden soll und nahmen dann auch teil. „Dort gab es Gerüchte, deswegen konnte man damit rechnen. Dieses Mal gab es nichts. Keine Vorab-Info, dass es sein könnte. Eine kleine Warnung hätte ja schon gereicht“, sagt Schindler, die 2015 Weltmeisterin in der Einzelverfolgung auf der Bahn geworden war: „Die Briten haben wohl etwas geahnt, die haben mir das erzählt.“

Doch auch bei der größten Radsport-Nation fehlen im Aufgebot Topstars, die ihren Körper in Richtung 2020 lieber schonen. Dazu kommt, dass die Planungen größtenteils schon abgeschlossen waren, das deutsche Team weilt zu jener Zeit auf Mallorca im Trainingslager.

Für Schindler bedeutet das, dass sie ihre Saison wie geplant durchziehen kann. Sie will sich kontinuierlich auf die Straßen-Weltmeisterschaften vom 31. August bis zum 3. September im südafrikanischen Pietermaritzburg vorbereiten, mehr auf der Straße fahren, mehr Ausdauer trainieren, mehr alternatives Training machen und auch Dinge nachholen, die 2016 zu kurz gekommen sind.

In letzter Zeit hielt die Behindertensportlerin des Jahres 2011 viele Vorträge zu ihrem Sport und zu dem Thema, wie Prothesen komplett digital vermessen, modelliert und dann im 3D-Drucker produziert werden können – eine Technologie, die sie auch schon Barack Obama und Angela Merkel vorstellen durfte. Das will Schindler in diesem Jahr fortsetzen, weil es ihr Spaß macht und ihrem Leben als Profisportlerin Abwechslung verschafft. „Und ich habe immer noch den Wunsch, die Transalp-Tour, also ein Alpenrennen über mehrere Tage, zu fahren. Das wäre ein besonderes Highlight, die Bahn-WM hätte das jetzt schwierig gemacht.“

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