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Bis aufs Blut. Dopingtests muten den Athletinnen und Athleten viel zu. Aber was ist die Alternative?

© Dominic Favre/epa/dpa

WM 2018: Wie die Fifa die Dopingbekämpfung schwächt

Bei der WM in Russland setzt die Fifa lieber auf eigene Dopingtests statt auf professionellere Agenturen. Und zeigt so, dass es keinen unabhängigen Kampf gegen Doping gibt. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Friedhard Teuffel

Wenn es nicht so zynisch wäre und so spaßbremsend, müsste man sich eigentlich ein paar hässliche Dopingfälle bei der Fußball-WM in Russland wünschen. Nicht nur im russischen Team, das wäre ja keine Überraschung. Sondern auch in anderen Ländern, denen man es weit weniger zutraut. Das würde aufrütteln und die Konzentration auf ein ungelöstes Problem lenken: Es gibt keinen wirksamen Kampf gegen Doping. Und vor allem keinen unabhängigen.

Die Version des Weltfußballverbands Fifa lautet: „Wenn es um das Thema Doping geht, haben wir alles getan, was wir tun konnten.“ So hat es Fifa-Präsident Gianni Infantino gesagt. Wie kommt er darauf? Die Fifa hat die Kontrollen bei dieser WM einfach an sich gezogen. Der Fußball kontrolliert sich selbst, anstatt die Tests in die Hände einer unabhängigeren und erfahreneren Anti-Doping-Agentur zu legen. Und das bei der Vorgeschichte, bei so viel Bestechlichkeit in den eigenen Reihen.

Die Formen des Betrugs sind immer raffinierter geworden, immer perfider, immer krimineller. Gegen diese Betrugsprofis lässt die Fifa nun also ihre Kreisligaaufklärer antreten. Wenn am Ende doch jemand zufällig in diesem grobmaschigen Netz hängen bleibt, wird die Aufregung groß sein – und furchtbar verlogen.

Keine Firma hat noch Geld gegen Doping übrig

Es sind genau solche Entscheidungen wie die der Fifa, die das ganze System schwächen. Unabhängigkeit, wozu? Im Biathlon stehen immer noch der Präsident und die Generalsekretärin des Weltverbands im Verdacht, positive Dopingproben vertuscht zu haben. Sie bestreiten die Vorwürfe. Aber es ist kein Wunder, dass die Vorstandsvorsitzende der Nationalen Anti-Doping-Agentur (Nada), Andrea Gotzmann, sagt: „Das Vertrauen der sauberen Athletinnen und Athleten in das System und in die Anti-Doping-Institutionen ist erschüttert.“ Aus großen Betrugsfällen wie dem russischen Staatsdoping sind nicht die richtigen Schlüsse gezogen worden.

Der einzig richtige Schluss wäre: Frontalangriff gegen den Betrug! Doch der kostet sehr viel Geld, und die Dopingbekämpfung interessiert eigentlich kaum noch jemanden. Der Haushaltsausschuss des Deutschen Bundestags hat der Nada kürzlich eine zusätzliche Million bewilligt. Das ist zum einen lobenswert, zum anderen verdient es auch deshalb Erwähnung, weil solche Nachrichten so selten vorkommen. Keinem einzigen deutschen Unternehmen ist der saubere Sport derzeit noch ein Sponsoring der Nada wert.

Doping ist zu komplex mit all seinen Parametern und Grenzwerten und zu unappetitlich, weil es immer um Urin und Blut geht. Nicht einmal Firmen, die mit der Dopingbekämpfung Geld verdienen, wollen noch mitmachen. In diesem Jahr hat die Firma ihren Ausstieg angekündigt, die bisher die Behälter für die Dopingproben herstellt. Ihre Begründung lautete: „Immer organsiertere Formen des Dopingbetrugs haben das Anforderungsprofil der Anti-Doping-Kits stetig erhöht und verändert. Solche Entwicklungen schaden nicht nur dem Sport, sie vertragen sich auch immer weniger mit unseren Unternehmenswerten und Kernkompetenzen.“

Drei Gründe gegen eine Freigabe

Mit den gängigen Mitteln kann der Kampf gegen Doping nicht gewonnen werden. Nicht einmal mit grenzwertigen. Denn den Athletinnen und Athleten wird zugemutet, sich nahezu rund um die Uhr zum Pinkeln und Bluten bereitzuhalten. Eine breite Allianz gegen den Betrug ist nicht zu sehen. Interesse zu wecken, ist auch deshalb schwierig, weil Doping gerade dann besonders lohnt, wenn die Aufmerksamkeit am Boden ist – im Training. Bei so viel Aussichtslosigkeit liegt es nahe, das Handtuch zu werfen. Wozu sich verkämpfen?

Dann bliebe als Konsequenz, den teuren Kampf gegen den Betrug einzustellen und Doping einfach freizugeben. Doch mindestens drei Gründe sprechen dagegen.

Es gab erstens selbst mit einem Dopingverbot schon schwere gesundheitliche Schäden, Kinder von gedopten Athleten mit Behinderung und Todesfälle. Wie würde das erst im freien Spiel der Kräfte? Eine Freigabe würde Doping zweitens zur Geschäftsgrundlage machen. Dann müssten alle dopen, die vorne mitspielen wollen, auch die größten Talente, die es sonst gar nicht nötig hätten. Das würde die Abschaffung des Spitzensports in der jetzigen Form zur Folge haben. Und gibt es drittens nicht eine Verantwortung gegenüber Sportlerinnen und Sportlern, die einfach durch ihr herausragendes Können viele andere Menschen begeistern und motivieren, auch jene, die Sport einfach nur zum Spaß in ihrer Freizeit machen wollen?

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