WM-Gold nach spektakulärer Aufholjagd: Mia Griesel vom TTC Berlin Eastside schafft Historisches

Das Finale wollte einfach kein Ende nehmen. Beide Seiten hatten im entscheidenden fünften Durchgang Matchbälle gehabt, nun lagen Mia Griesel und Anna Hursey 13:12 vorn. Griesel attackierte mit der Rückhand, Qin Yuxuans Antwort berührte die Netzkante – und sprang ins Aus.

Damit war am Samstagabend in Cluj-Napoca (Rumänien) die Sensation perfekt: Mia Griesel und ihre Partnerin Anna Hursey sind U19-Weltmeisterinnen im Doppel. Und das, nachdem sie gegen die Favoritinnen Zong Geman/Qin Yuxuan in den ersten beiden Sätzen völlig chancenlos gewesen waren (4:11, 5:11). Danach hieß es 11:7, 11:8 und 14:12 für das deutsch-walisische Tischtennis-Duo.

Dieser Coup hat eine historische Dimension: Seit dem WM-Titel für Jörg Roßkopf und Steffen Fetzner 1989 bei den Herren hatte wettbewerbsübergreifend niemand aus Deutschland im Doppel Gold bei einer Weltmeisterschaft geholt. Also seit über 36 Jahren.

„Das Finale war sehr verrückt. Die ersten zwei Sätze sind wir nicht reingekommen, hatten überhaupt keinen Rhythmus“, sagte Griesel am Montag gegenüber dem Tagesspiegel. Was sich ab Satz drei geändert hatte, konnte sie gar nicht genau benennen. „Aber wir sind dann sehr gut gestartet und es lief immer besser.“

Nachwuchs-Bundestrainerin Lara Broich sagte: „Das war eine unfassbare Aufholjagd. Drei Matchbälle abzuwehren, besonders gegen China, ist wirklich richtig stark – in diesem Fall sogar weltmeisterlich.“

Griesel und Hursey, beide 19, sind an der Platte ein eingespieltes Duo und verstehen sich auch privat sehr gut. Im vergangenen Mai hatten sie bereits bei der U-21-EM Gold geholt. „Daher hatten wir auch jetzt mit einer Medaille geliebäugelt. Und wir haben von Anfang an sehr gut harmoniert“, sagt Griesel. Beide spielen in der Bundesliga, Griesel für den TTC Eastside, Hursey für den ESV Weil.

Seit Jahren sammelte Griesel im Nachwuchs Erfolg um Erfolg. Seit 2021 holte sie bei allen Titelkämpfen Edelmetall. Dabei überzeugte sie am und neben dem Tisch stets durch ihre ruhige, unaufgeregte Art. In einem Porträt auf der Webseite des Deutschen Tischtennis-Bundes (DTTB) vor dem Doppel-Endspiel war zu lesen, sie sei eine Spielerin die „selten im Mittelpunkt der Öffentlichkeit steht, sportlich aber absolut dorthin gehört“.

Für Griesel ist der WM-Titel zum einen der perfekte Abschluss vor dem endgültigen Übergang in den Erwachsenenbereich. Und zum anderen der nächste Höhepunkt eines für sie sehr erfolgreichen Jahres.

Im Sommer 2024 war sie vom Zweitligisten MTV Tostedt zum europäischen Spitzenklub Eastside gewechselt. Geplant war, dass sie in Berlin langsam an das deutlich höhere Niveau herangeführt wird.

Aufgrund personeller Engpässe kam es anders. Griesel war sofort in mehreren Wettbewerben gefordert und punktete zuverlässig. „Mia hat unsere Erwartungen weit übertroffen“, sagte Eastsides Präsident Alexander Teichmann im Frühjahr 2025.

Griesel gewann mit der Mannschaft den deutschen Pokal und hatte großen Anteil am Triumph in der Champions League sowie dem Einzug ins Endspiel um die deutsche Meisterschaft. Im Oktober dann war sie Teil des deutschen Damen-Teams, das souverän den EM-Titel im Team holte. Und nun also der Erfolg bei der U19-WM.

Jetzt will Mia Griesel erst einmal eine Woche Pause machen. Dann stehen in diesem Jahr noch drei Bundesligaspiele mit Eastside an. Und eventuell wird sie auch in der Champions League noch eingesetzt.