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Diese Choreo der Bayern-Fans fand nicht jeder bei Union wirklich lustig.

© Imago/Matthias Koch

Wo die Liebe hinfällt: Fan-Freundschaften und -feindschaften der Union-Anhänger

Am Samstag spielt der 1. FC Union in München, wo die Bayern-Ultras beim letzten Duell mit einer provokanten Zingler-Choreo überraschten. Entwickelt sich daraus eine neue Fan-Rivalität?

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Als der 1. FC Union zum letzten Mal in München zu Gast war, wurde es hitzig. An der Seitenlinie geriet der damalige Union-Trainer Nenad Bjelica mit Leroy Sané aneinander und sah dafür die Rote Karte.

Auf den Rängen beschimpften derweil die Heimfans Union-Präsident Dirk Zingler als „Investoren hofierendes Stasi-Schwein“. Damit zielten sie nicht nur auf Zinglers viel diskutierten Wehrdienst-Einsatz im Stasi-nahen Wachregiment Feliks Dzierzynski, sondern auch auf dessen Haltung im damaligen Streit zwischen Fans und DFL.

Ob das alles an diesem Samstag bei Unions nächstem Besuch in der Münchner Arena (15.30 Uhr/Sky) ein Nachspiel haben wird, ist fraglich. Bjelica ist längst Geschichte und die Investorendebatte haben die Fans zumindest vorerst für sich entschieden.

Schon damals reagierten viele Union-Anhänger verblüfft auf die Attacke der Südkurve. Kritik an Zinglers Investorenhaltung hatte es schließlich auch aus der Union-Fanszene gegeben. Mit der Stasi hatte dieses Thema ohnehin nichts im Geringsten zu tun. Und vor allem: Waren die Bayern den Köpenickern sonst nicht eher freundlich gesinnt?

Auf einer langjährigen Rivalität zwischen beiden Fanlagern beruhte das alles jedenfalls nicht. Vielmehr hatte die Klubs über die Jahre fast schon freundschaftliche Verhältnisse gepflegt. Als Union 2004 vor der Pleite stand, trug der Rekordmeister mit einem Benefizspiel in Köpenick zur Rettung bei.

Und Zingler gab mit dem verurteilten Steuerhinterzieher Uli Hoeneß auch schon mal gemeinsame Interviews. Noch heute trifft man nicht selten Union-Fans, die persönliche Sympathien für den FCB hegen. Von einer Freundschaft zu reden, wäre aber wohl zu viel. Feinde waren sie aber auch nie.

Mit Hertha verbindet viele Unioner heute nichts mehr

Mit den Freund- und Feindschaften ist es beim 1. FC Union aber immer so eine Sache. Klare Wahlverwandtschaften – wie etwa zwischen Bayern und Bochum oder Hertha und dem KSC – gibt es in Köpenick eher selten, und wenn, dann oft nur mit einem dicken Sternchen dahinter. Nicht alle Freundschaften werden von allen als solche gesehen. Und aus Liebe ist in einigen Fällen auch mal Hass geworden.

Da wäre in erster Linie das Beispiel Hertha BSC. Die Fan-Freundschaft zwischen einigen Hertha- und Union-Fans aus DDR-Zeiten gehört zu den berühmtesten der deutschen Fußballgeschichte. „Nur zwei Meister an der Spree – Union und Hertha BSC“ soll man damals gesungen haben. „Freunde hinter Stacheldraht“ hieß es zudem auf den Aufnähern des Hertha-Fanartikelverkäufers Pepe Mager.

Hertha und Union: Zum Freundschaftsspiel im Januar 1990 kamen Zuschauer aus beiden Teilen Berlins ins Olympiastadion.
Hertha und Union: Zum Freundschaftsspiel im Januar 1990 kamen Zuschauer aus beiden Teilen Berlins ins Olympiastadion.

© Thomas Wattenberg/dpa

Mit dem emotionalen Freundschaftsspiel im Olympiastadion im Januar 1990 erreichte diese Liebesgeschichte ihren Höhepunkt, aber auch ihr Ende. Heutzutage haben sich die Fans der zwei größten Berliner Klubs nicht mehr wirklich viel zu sagen.

Eine ähnliche Entwicklung gab es in der Beziehung zum FC St. Pauli. Gemeinsamkeiten gibt es da genug zwischen den einst kleinen, aufmüpfigen Kultklubs, die ihre größeren Stadtrivalen mittlerweile überholen konnten.

„Ja“ zu Gladbach und „nein“ zu Köln?

Wie der FC Bayern haben auch die Hamburger 2004 mit einem Benefizspiel bei der Spendenaktion „Bluten für Union“ mitgeholfen, weshalb sich viele auf beiden Seiten lange als „Blutsbrüder“ sahen. Auch diese Liebe ist bei manchen aber eingerostet. Schon 2016 verbrannten Union-Ultras bei einem Spiel am Millerntor braun-weiße Devotionalien im Gästeblock.

Auch zu anderen Vereinen herrscht im Union-Kosmos eine teils undurchschaubare Ambivalenz. Zu DDR-Zeiten herrschten etwa zwischen Union und Chemie Leipzig auf der einen Seite freundliche, auf der anderen aber auch kühle Verhältnisse.

Heutzutage pflegt die Unioner Ultra-Gruppierung „HammerHearts“ eine sehr offene Freundschaft mit der „Sottocultura“ von Borussia Mönchengladbach. Das bedeutet aber längst nicht, dass alle Union-Fans Gladbach gut finden.

Auch die Feindschaften sind nicht immer klar definiert. In Stuttgart wird Union spätestens seit der Relegation 2019 eher ungern gesehen und auch bei Spielen gegen den 1. FC Köln verspotten sich die Fans gerne gegenseitig. Am Ende gibt es wohl nur zwei Rivalen, die wirklich alle Union-Fans in dogmatischer Abneigung vereinen: Der eine ist RB Leipzig. Der andere ist der BFC Dynamo. Ein Verein, der einst als FC Bayern der DDR-Oberliga galt.

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