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Hagen Grell in seiner Badezimmer-Botschaft an alle deutschen Frauen.

© Vimeo

Extrem rechter Aktivist Hagen Grell: Mit Holocaustverharmlosern spricht man nicht

Die „Leipziger Volkszeitung“ weigert sich, einen szenebekannten Holocaustverharmloser zu ihrer Diskussionsrunde zu laden. Das ist sehr gut so.

Eigentlich soll an diesem Montag im sächsischen Delitzsch nur über Verkehrskonzepte debattiert werden. Dass die Veranstaltung jetzt bundesweite Aufmerksamkeit erhält, liegt daran, dass einer nicht mitreden darf: Der extrem rechte Aktivist Hagen Grell, der gerade für das Amt des Oberbürgermeisters kandidiert, ist von der veranstaltenden „Leipziger Volkszeitung“ offiziell ausgeladen worden. 

Grund dafür ist unter anderem ein Video, in dem Grell den Holocaust verharmlost. Dem nationalsozialistischen Völkermord an den Juden stellt er darin einen angeblichen „Holocaust an den Deutschen“ gegenüber und behauptet, letzterer sei „vielleicht sogar viel größer, viel brutaler, viel unmenschlicher und historisch gesehen ein viel tieferer Einschnitt als der an den Juden“ gewesen.

Die „Leipziger Volkszeitung“ erklärt,  sie wolle Hagen Grell keine Plattform bieten. Der Ausgeladene ist empört und will am Montag aus Protest in der Nähe ein „Fest der Demokratie“ veranstalten. Er spricht von „Rufmord“ sowie „Mobbing“. Sich selbst nennt er einen „anständigen Bürger“.

Grell forderte Cem Özdemirs sofortige Abschiebung

Die Wahrheit ist: Hagen Grell ist in der Vergangenheit immer wieder durch schwere Entgleisungen aufgefallen. 

So forderte er zum Beispiel die Abschiebung von Cem ÖzdemirSawsan Chebli und der heutigen Bundestagsvizepräsidentin Aydan Özoğuz. Wörtlich sagte er: „Cem Özdemir ist immer noch ein Gastarbeiter“. Und weiter: „Deutschland muss wieder uns Deutschen gehören.“ 

Hagen Grell warnte seine Anhänger, das deutsche Volk solle „ausgelöscht“ werden. Die Bundesrepublik sei keine Nation, sondern ein „anti-deutscher Antistaat“.

Auf Telegram verbreitet Grell Beiträge des rechtsextremen Magazins „Compact“. Sich selbst hat Grell als „Freund” der rechtsextremen, vom Verfassungsschutz beobachteten „Identitären Bewegung“ bezeichnet. In seinen Sendungen plauderte er mit AfD-Hardlinern und Islamfeinden. 

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Aus seinem Weltbild macht Grell keinen Hehl. In einem seiner Gespräche mit dem rechtsextremen „Volkslehrer“ Nikolai Nerling erklärte er, es führe zu Familienkonflikten, wenn ein „pechschwarzer“ Afrikaner ein Kind mit „einer Deutschen“ habe, weil das Kind dann „eine Mischung aus beiden“ sei und weder Eltern noch Großeltern sich „so richtig“ darin erkennen würden.

Immer wieder verbreitet Hagen Grell bizarre Verschwörungserzählungen. Über die „Black Lives Matter“-Bewegung etwa behauptete er: Ein Großteil derer, die sich aus Protest hinknieten, seien bloß Schauspieler, die der jüdische Philanthrop George Soros angestellt habe.

Die Ausladung ist ein wichtiges Signal

Die Entscheidung der „Leipziger Volkszeitung“, so einen nicht beim Diskussionsabend dabeihaben zu wollen, selbst wenn es bloß um lokale Verkehrspolitik geht, ist nicht nur logisch. Sie war dringend nötig. 

Einerseits als Signal, dass sich dieser Mann mit seinen Entgleisungen außerhalb des demokratischen Diskurses bewegt. Andererseits wäre Grell vermutlich clever genug, auch vermeintlich harmlose Sachthemen für seine Provokationen zu nutzen. In einem seiner Videos stellte er spöttisch die Frage: „Ist CO2 das neue Zyklon B?“

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In seinen Wahlkampfvideos stellt sich Hagen Grell als „bürgerlich“ dar. Auf Telegram verbreitet er dagegen Inhalte der rechtsextremen, vom Verfassungsschutz beobachteten Kleinstpartei „Freie Sachsen“, bewirbt die Social-Media-Kanäle des wegen Volksverhetzung verurteilten Aktivisten Nikolai Nerling. In dem Video, in dem Hagen Grell von einem Holocaust an den Deutschen fabulierte und wegen dem er von der Volkszeitung ausgeladen wurde, behauptete er auch, bei der russischen und französischen Revolution hätten „extrem viele Juden“ mitgewirkt. 

Zudem war Hagen Grell Moderator einen Gesprächs auf dem Verschwörungskanal Nuoviso.tv, in dem sein Interviewparter Angela Merkel eine „Israel-Komplizenpolitik“ vorwarf und behauptete, die Politik der Kanzlerin liege an ihrer bis jetzt geheim gehaltenen Herkunft: „Vorfahren von Frau Merkel saßen offenbar in Auschwitz.“ Grell widersprach dem Unsinn nicht.

Für viel Spott, auch in der eigenen Szene, sorgte ein Video, das Hagen Grell im Unterhemd vor einem Badezimmerspiegel aufnahm. Darin wendet er sich an alle „deutschen Frauen“ und ruft sie auf, „nach der Einwanderung hunderttausender kulturfremder Männer" ihre Einstellung gegenüber deutschen Männern zu überdenken. Grells Argument: „Eure Männer gehören zu den größten, stärksten und edelsten Männern der Welt.“

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