
© Christian Kielmann
Forschung zu autonomem Fahren: „Unser Prüfstand hat VW überzeugt“
KI, maschinelles Lernen und Virtual Reality revolutionieren den Verkehr. Ein Projekt von TU Berlin und VW AG soll Gefahren beim autonomen Fahren verhindern.
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Weite Felder, Wiesen und Bäche erstrecken sich links und rechts der Straße. Sie fesseln die Aufmerksamkeit des Fahrers. Das Auto fährt ja von allein. Plötzlich taucht ein Mensch auf der Straße auf! Nur unweit entfernt. Abrupt bremst das Auto, es kommt erst knapp vor dem Fußgänger zum Stehen, den Fahrer schleudert es unsanft in den Gurt. Ein gemeinsames Projekt von TU Berlin und VW AG soll genau solche Situationen beim autonomen Fahren verhindern.
Mit Hilfe Künstlicher Intelligenz sollen automatisierte Fahrzeugführungsfunktionen durch entsprechende Software automatisch angepasst werden. Ein wichtiges Hilfsmittel dafür ist der „Vehicle-in-the-Loop – ViL“-Prüfstand des TU-Fachgebiets Kraftfahrzeuge. Er befindet sich neben weiteren Prüfständen wie der 75 Meter langen Crash-Anlage in einer riesigen Versuchshalle in Berlin-Wedding.
„Zu spätes und unnötig abruptes Bremsen ist in einer solchen Situation natürlich nicht sinnvoll“, sagt Fachgebietsleiter Steffen Müller. „Wir wollen deshalb unter anderem herausfinden: Wann muss die Bremsung eingeleitet werden? Wie bleiben dabei Fahrsicherheit und -komfort sowie die Sicherheit von Fußgängern und Radfahrenden erhalten?“ Das Verhalten des Fahrzeugs während des autonomen Fahrens sei, so Müller, unter anderem abhängig von Nutzung, Alter und Herkunft der beteiligten Fahrzeugkomponenten wie Bremsen, Lenkung oder Stoßdämpfer.
Das Fahrzeugverhalten messen die Forschenden mit vielen Sensoren ihres hochverkabelten Autos, während es, über vier leistungsstarke Elektromotoren an den beiden Achsen mit dem ViL-Prüfstand gekoppelt, durch die unterschiedlichsten virtuellen Szenarien braust. Mithilfe von Machine-Learning-Verfahren entwickeln sie numerische Modelle, die mit den Messdaten für diese Fahrszenarien trainiert werden. Automatisch passt die Software, in die dieses Wissen implementiert wird, dann automatisierte Fahrzeugführungsfunktionen an.
Wissenschaft und Industrie profitieren
Die Sicherheit und das komfortable Fahrgefühl sollen dabei immer gleichbleiben, unabhängig von Alter, Herkunft oder Abnutzungseffekten der Bauteile. „Dafür entwickeln wir Softwaremodule und Schnittstellen, die eine einfache Übertragung der Versuchsergebnisse auf die Echtzeitsysteme verschiedener Fahrzeugtypen des Auftraggebers ermöglichen.“
Sowohl Wissenschaft als auch Industrie profitieren von diesem Projekt. „Unser ViL-Prüfstand hat VW überzeugt, denn er ist in dieser Form einzigartig“, erklärt Steffen Müller. „Wir haben Erweiterungen integriert, wie das Lenkungsmodul oder die digitale Kopplung an weitere Testeinrichtungen. Diese Kombination gibt es sonst nirgends.“
Die Form der Zusammenarbeit ist ein weiterer Pluspunkt für beide Seiten. Eine Doktorandin bei VW in Wolfsburg und ein Doktorand an der TU Berlin arbeiten in sehr engem Austausch und werden die Ergebnisse in ihren Dissertationen und weiteren Publikationen veröffentlichen.
„Insgesamt passt das Projekt perfekt zu unseren innovativen Forschungen zu Fahrzeugsicherheit, sicherem automatisierten Fahren sowie zum Schutz aller Verkehrsteilnehmenden“, so Steffen Müller. „Darüber hinaus entwickeln wir innovative Konzepte für Fahrzeuge und Fahrwege, die eine neue und menschenzentrierte Mobilität der Zukunft versprechen.“
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