
© Rolf Brockschmidt
Duchamp, Feininger, Barlach: Das Staatliche Museum Schwerin öffnet seine Pforten
Rückkehr mit Paukenschlag: Vier Jahre war es wegen Renovierung hinter Planen verschwunden, jetzt empfängt das Haus mit neuem Konzept wieder Besucher.
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Wenn Ulrike Sophie, Herzogin von Mecklenburg-Schwerin, mal keine Lust hatte, an einem großen Fest bei Hofe teilzunehmen, ließ sie einfach ihren lebensgroßen Avatar, den Georg David Matthieu 1769 auf Holz gemalt hat, aufstellen. Aus der Ferne betrachtet, schien die Herzogin auf dem Fest Präsenz zu zeigen. Diese konturierte Figur der Herzogin eröffnet nun mit den „Black Dress“-Figuren von Alex Katz den „Prolog. Hofkunst trifft Gegenwart“ im gerade wiedereröffneten Staatlichen Museum Schwerin.

© SSGK M-V / Gabriele Bröcker
„Wir haben als fürstliche Sammlung begonnen und wollen in der neu konzipierten Dauerausstellung die Hofmaler mit der Gegenwartskunst konfrontieren“, sagt Pirko Kristin Zinnow, Direktorin der Staatlichen Schlösser, Gärten und Kunstsammlungen Mecklenburg-Vorpommerns, beim Rundgang kurz vor der Wiedereröffnung.
Dazu passt auch die exzentrische lebensgroße Skulptur der britisch-nigerianischen Künstlerin Yinka Shonibare: „Leisure Lady (with ocelots)“ von 2001: Die kopflose Dame mit ihren drei Raubkatzen hätte sich auch gut in ein höfisches Ambiente eingefügt.

© Jrn Lehmann/SSGK M-V
Die fürstliche Münzsammlung präsentieren die Kuratoren neu: Ein runder Münztisch mit einem Bügel mit Lupe erlaubt es mühelos, die einzelnen Münzen zu betrachten, während niederländische Meister an der Wand den damals und heute zeitgenössischen Kontext zum Geld herstellen. Clou des zweiten Raumes ist eine Installation, in der der Wechselkurs des Bitcoins auf die Wand projiziert wird.
Rückkehr zur ursprünglichen Gestaltung
Irritation und Neugier soll die Neukonzeption wecken und damit auch ein neues Publikum gewinnen. Nach vierjähriger Renovierung und Restaurierung des Erdgeschosses, das die Moderne zeigt, kehrt das Museum zurück zur ursprünglichen Gestaltung des Baus von 1882. Oberlichtfenster und natürliche Lüftung waren damals auf der Höhe der Zeit.
Jetzt zeigen sich die unteren Räume in einem warmen Rotton, der damals als Kontrast für die Gipsabgüsse der Antikensammlung und zu den schwarzen, mit Granitimitat bemalten Säulen gewählt wurde.
Ein paar Denkerköpfe aus der fürstlichen Abguss-Sammlung erinnern an die ursprüngliche Konzeption. Jetzt hängen daneben für die Anfänge der Moderne Franz von Stucks „Judith und Holfernes“, eine starke Frau mit großem Schwert in der Hand und Max Liebermanns intimes Bild seiner Enkelin, die am Tisch etwas notiert.
Die „Klassische Moderne“ wird durch einige Figuren von Ernst Barlach repräsentiert, dazu Gemälde von Lyonel Feininger. Tobias Rehberger hat für das Museum eigens ein faszinierendes Labyrinth gestaltet. Erholung bietet der Raum „The View“: Abgestufte Sitzmöglichkeiten erlauben den entspannten Blick aus drei Fenstern auf das Schweriner Schloss und den See, Herzstück des seit 2024 so genannten Unesco-Ensembles „Residenzstadt Schwerin“, zu dem nun auch das Museum gehört.
1997 konnte das Museum mit über 90 Werken eine der bedeutendsten Sammlungen von Werken Marcel Duchamps erwerben, ein Forschungszentrum wurde 2009 eingerichtet. „Was macht ein Kunstwerk aus?“, fragt eine der drei Themeninseln, die das Werk Duchamps dem Publikum näherbringen wollen.
„Ostdeutsche Perspektiven“ zeigt herausragende Künstler der DDR, Wolfgang Mattheuers „Schwebendes Liebespaar“ dürfte das bekannteste Werk sein. Cornelia Schleime überzeugt mit ihrem grandiosen Bild „Und dann war der Himmel rot“ von 2022.

© SSGK-MV/ Ulrich Pfeuffer
Ungewöhnlich in diesem Kontext ist die Präsentation des Altars der Schweriner Schlosskirche von 1562, der im 19. Jahrhundert ins Museum kam und zu DDR-Zeiten eingemauert wurde. Seit 1995 ist er wieder zu sehen und kann nun mithilfe der KI befragt werden.
Um das Publikum auch haptisch einzubeziehen, werden die Besucher alle paar Monate eingeladen, ein unvollendetes Kunstwerk fertigzustellen, das dann auf Reisen geht.

© Rolf Brockschmidt
Die alten Meister im oberen Stockwerk wurden neu geordnet. Hier dominieren die Niederländer, die durch eine Schenkung des kürzlich verstorbenen Sammlers Christoph Müller ergänzt wurden. Ein absolutes Highlight ist daneben der einzigartige Raum mit den Tierdarstellungen von Jean-Baptiste Oudry.
Ein Anziehungspunkt für die Schweriner und ihre Gäste dürfte auch das neue Museumscafé werden. Dass dies alles möglich ist, verdankt sich der großzügigen Finanzierung durch die Dorit- und Alexander-Otto-Stiftung, die 7,5 von den zehn Millionen Euro Baukosten getragen hat. Ihr ist es auch zu verdanken, dass der Museumseintritt in den ersten vier Jahren kostenlos ist.
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