
© Andreas Wendt
Schloss auf der Pfaueninsel: Ein Idyll kommt zurück
Sieben Jahre lang war das Schloss auf der Pfaueninsel geschlossen, Ende Mai wird es wiedereröffnet. Ein Blick in die restaurierten Räume und auf das strahlend weiße Kleinod.
Stand:
Es strahlt so weiß in den blankblauen Himmel, dass beinahe die Augen schmerzen: Das Schloss auf der Pfaueninsel präsentiert sich in diesem Frühjahr aufs Schönste, frisch saniert und verheißungsvoll. Schon vor einem Jahr fielen die Hüllen, die es lange umgaben, nun steht die Wiedereröffnung kurz bevor, nach sieben Jahren Planung und Sanierung.
Ab Ende Mai kann das architektonische Kleinod, das Friedrich Wilhelm II. 1794 bauen ließ, wieder besichtigt werden – eine Freude für alle Berliner, Potsdamer und auswärtigen Besucher.
Eine besondere Freude ist das auch für diejenigen, die hier jahrelang im Verborgenen gearbeitet haben: Restauratorinnen, Zimmerleute, Tischler, Projektleitende, Dachdecker. Denn der Aufwand war immens.

© Dorothee Nolte
„Wir wussten ja gar nicht, welche Schäden wir hinter der Verschalung finden würden“, sagt Ayhan Ayrilmaz, Direktor der Abteilung Architektur der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten, bei einem Rundgang einige Wochen vor der Eröffnung, während die ersten der ausgelagerten Bilder wieder ins Haus getragen werden. Die gesamte Innenausstattung, über 200 Objekte, war während der Sanierung in Depots gelagert worden und kehrt in diesen Wochen Stück für Stück zurück.

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Das Haus mit seinen beiden Rundtürmen und den ruinenähnlich aufragenden Zinnen wirkt zwar aus der Ferne wie aus Stein gebaut, ist aber ein Fachwerkbau, der von einer Holzverschalung umgeben ist. Sie musste komplett erneuert und das dahinterliegende Fachwerk sehr weitgehend ausgebessert werden.

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„Dafür hatten wir hier eine Christo-taugliche Umhüllung mit Arbeitsbühnen aufgebaut, die auch dem Wind standhalten mussten, der von der Havel aus direkt aufs Haus trifft“, erzählt Projektleiter Christopher Matz. Die Dachhaut musste mit Zinkblech erneuert, die Eisengussbrücke, die die Türme verbindet, restauriert werden, alle Arbeiten geschahen vor Ort.
Für Ayhan Ayrilmaz ist das Schloss auf der Pfaueninsel eines der spannendsten Häuser der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten. „Es passt in keinen Stil, wurde auch nicht von einem berühmten Architekten erbaut, sondern vom Hofzimmermeister Johann Gottlieb Brendel.“ 18 kurze Monate dauerte das seinerzeit, dann stand das Gebäude, das vom Potsdamer Neuen Garten aus zu sehen ist und an die Ruine eines römischen Landhauses erinnert.
Friedrich Wilhelm II., im Volksmund „dicker Lüderjahn“ genannt und Regent seit dem Tod Friedrichs des Großen 1786, war die Pfaueninsel, hatte eine besondere Beziehung zum „Kaninchenwerder“, wie die Pfaueninsel ursprünglich hieß. Sie war ein Liebesnest für ihn: Schon als Kronprinz hatte er sich mit seiner Geliebten Wilhelmine Enke hierher übersetzen lassen.
Hier wirkte Wilhelmine
1793 erwarb er die Insel, die hundert Jahre lang im Dornröschenschlaf gelegen hatte, nachdem Alchemist Johann Kunckel im 17. Jahrhundert vergeblich versucht hatte, hier Rubinglas herzustellen. Und ab dann wirkte Wilhelmine! Die bürgerliche Tochter des Hoforganisten Enke, die mit Friedrich Wilhelm II. sechs Kinder hatte, kümmerte sich um die Innenausstattung des Schlosses.
Sie hatte die Idee, im Turmzimmer im Erdgeschoss ein „Otaheitisches Kabinett“ einzurichten und damit eine Ahnung des erst kurz zuvor für Europa entdeckten Tahiti an die Havel zu holen. Das darüber liegende obere Turmzimmer ließ sie mit Grafiken schmücken, die römische Antiken zeigen: unten Natur, oben Kultur, das war das Programm.
Der Saal im Obergeschoss mit seinen kostbaren Böden und Verkleidungen aus einer Vielzahl heimischer Hölzer wurde für Empfänge, Diners und Konzerte genutzt, unten im Empfangs- oder auch „Teeraum“ zierten Reliefs mit antiken mythologischen Motiven die Wände.

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„Wenn Gäste kamen, boten diese Motive Stoff für Konversation“, erklärt Chefrestauratorin Kathrin Lange. „Es ist ein Glücksfall, dass die Ausstattung noch original erhalten ist. Hier spürt man die Atmosphäre von damals. Man kommt rein und das Kopfkino geht los.“
Beinahe original ist übrigens auch die Haustechnik: Es gibt keine Klimaanlage, nur zwei Steckdosen, keine Heizung – daher wird das Schloss auch in Zukunft im Winter geschlossen sein und ist noch im Mai innen kalt. Das hat seine positiven Seiten, meint Ayhan Ayrilmaz, und verweist auf den „niedrigen CO2-Abdruck“ des Gebäudes.

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Friedrich Wilhelm II. konnte sich seines Lustschlosses nur kurz erfreuen, er starb zwei Jahre nach der Fertigstellung. Wilhelmine, die er zur „Gräfin von Lichtenau“ erklärt hatte, fiel in Ungnade und lebte jahrelang in Verbannung.
Friedrich Wilhelm III., der Sohn des Königs mit seiner zweiten Ehefrau Friederike-Luise von Hessen-Darmstadt, nutzte die Insel gemeinsam mit seiner Frau Luise und den Kindern gelegentlich als Sommersitz. Er war es auch, der Pfauen und andere exotische Tiere auf die Insel bringen ließ. Die „Menagerie“, die damals entstand, ist der direkte Vorläufer des Berliner Zoos.

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Die ursprüngliche Innenausstattung des Schlosses hat sich erhalten, aber naturgemäß sind seitdem Papier- und Textiltapeten nachgedunkelt, Furniere aufgeplatzt, Risse und Verschmutzungen aufgetreten. Und so stellte sich bei der Sanierung die Frage: Sollte man versuchen, alles zu rekonstruieren, die Räume „wie damals“ aussehen zu lassen und überzupinseln? Oder sie in dem Zustand zu bewahren, in dem sie waren, und zukunftstauglich zu machen?
Rein konservatorische Lösung für die Innenräume
„Wir haben uns für eine rein konservatorische Lösung entschieden“, sagt Projektrestauratorin Ute Joksch. Heißt: Die Restauratorinnen sind äußerst behutsam vorgegangen – so behutsam, dass manch ein Besucher fragen könnte, was sich denn eigentlich verändert hat. „Es ist ein großer Kontrast“, sagt Joksch. „Draußen ist alles frisch und neu, drinnen sind die Spuren der Zeit deutlich erkennbar.“
Zum Beispiel die textilen Wandbespannungen im Ankleidezimmer von Königin Luise: Sie zeigen asiatisch anmutende Rankenmalereien und sind stark nachgedunkelt, wie sich im Kontrast mit einer hölzernen Spiegelumrandung deutlich erkennen lässt. Die Restauratorinnen haben die Textilien nicht rekonstruiert, sondern lediglich ausgebessert und darüber ein hauchdünnes Tüllnetz gespannt, sodass sie vor künftigen Schäden besser geschützt sind.

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Dabei gab es eine Überraschung. „Wir vermuteten, die Tapeten seien aus asiatischer Produktion“, erzählt Ute Joksch. „Aber als wir die Leisten abgenommen haben, fanden wir darunter am Rand Namen von Schweizer Druckern. Es gab in der Schweiz damalsum die 10.000 Indienne-Drucker. Dass unsere Wandbespannung nicht aus Asien importiert war, ist eine echte Entdeckung.“
Ähnlich vorsichtig verfuhren die Restauratorinnen mit den Holzverkleidungen im Festsaal, die stumpf aussahen. „Wir haben festgestellt, dass der Bienenwachsüberzug noch original war“, sagt Ute Joksch. „Da wir möglichst wenig moderne Produkte einbringen möchten, haben wir den originalen Überzug erwärmt und neu poliert. Dadurch hat das Holz an Lichttiefe gewonnen.“
Herrliche Havellandschaft
Überhaupt, Licht: Die Lichtschutz-Jalousien an den Fenstern wurden erneuert, so dass sich jetzt beim Blick nach draußen die Bezüge zur herrlichen Havellandschaften besser genießen lassen.
Neu ebenfalls: Die Künstler Julia Heinisch und Frederic Sonntag werden die Bogennische zwischen den Türmen mit einem neuen Wandbild füllen und das Bild ersetzen, das vor 50 Jahren von Thomas Harndt geschaffen worden war.
Die Wiedereröffnung des Schlosses wird am 25. Mai groß gefeiert. Am Festtag und danach wird das Gebäude im Rahmen von Führungen erlebbar sein. Besonders stimmungsvoll ist die Pfaueninsel allerdings, wenn möglichst wenige Besucher mit der Fähre übergesetzt haben – zum Beispiel frühmorgens an Wochentagen.
Dann herrscht paradiesische Ruhe auf der Insel, die Pfauen spazieren gemächlich umher, und mit ein klein wenig Fantasie kann man sich vorstellen, wie der junge Friedrich Wilhelm und seine Wilhelmine vom Boot stiegen. Und wie sie träumten von einem weißen Schloss, das heute wieder strahlend dasteht, Sehnsuchtsort damals wie heute.
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