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Zum Verlaufen und Verlieben: In diesen Berliner Schlossparks lässt sich herrlich lustwandeln
Surreale Welten, ein Silberbuffet oder der Schreibtisch von Wilhelm Pieck: Vier Entdeckungstouren durch historische Gärten der Hauptstadt.
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Es ist Herbst, doch das sollte niemanden davon abhalten, ins Freie zu gehen und zum Beispiel die wunderschönen Schlossparks zu erkunden, mit denen Berlin reich gesegnet ist. Wir haben vier davon ausgewählt, drei im Osten und einen im Westen der Hauptstadt.
Schlossinsel Köpenick

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Es gibt so vieles in Berlin, natürlich auch eine Schlossinsel. Sie befindet sich in Köpenick und lässt sich gemütlich, in einer knappen halben Stunde vielleicht, zu Fuß umrunden. Dabei kann man aufs glitzernde Wasser der Dahme schauen, aber auch hoch hinauf zu mächtigen Platanen oder Kastanien. Plötzlich ertappt man, am Wegesrand, einen Hühnerdieb. Eine Bronzefigur, geschaffen von Hermann-Joachim Pagels um 1912. Der Künstler hatte Humor.
Denn sein Dieb hatte gar kein Huhn, sondern einen Hahn gestohlen. Und das Tier, hinter dem Rücken des Diebs versteckt, krähte wohl laut. So war der Dieb entlarvt. Noch andere Skulpturen sind zu entdecken, darunter etwa das anrührende Giraffenpaar, 1977 von Hans-Detlev Hennig gestaltet.

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Ganz andere Kunst wartet im Schloss selbst, das ein zweiter Standort des Kunstgewerbemuseums Berlin ist. Auf drei Etagen in 21 (!) Räumen werden hier Ausstattungen aus Renaissance, Barock und Rokoko präsentiert. Im Erdgeschoss sind mehrere kunstvoll getäfelte Stuben zu bewundern, eine gehörte früher ins Schweizer Schloss Haldenstein, wurde dann 1884 nach Berlin verkauft.
Ein seltener Schatz ist das Silberbuffet von Friedrich I., das aus dem Berliner Stadtschloss stammt. Genaugenommen ist es eine rund sechs Meter hohe Etagere aus vergoldetem Silber. Mächtige Kunstschränke sind ausgestellt, aber auch blau-weiße Teller und Krüge aus der Berliner Fayencemanufaktur, hergestellt ab 1697. Reiche Stuckaturen prägen den Wappensaal. Bis unters Dach kann man diesem Schloss steigen und findet dort, außer beeindruckenden Balken, reizende Porzellanfiguren.
Schlosspark Charlottenburg

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Besser geht es nicht: Der Blick aufs Schloss Charlottenburg von der zierlichen roten Fußgängerbrücke aus, ist nicht zu toppen. Zum Glück haben Instagrammer sie noch nicht entdeckt.
Der Schlossgarten hat viele geheime Ecken, die man flanierend erkunden kann. Erstmal am großen Teich vorbei, dann die große Runde bis hinters Belvedere und schließlich der Schwenk zum Mausoleum von Königin Luise. 55 Hektar groß ist dieser wohl schönste Park Berlins.
Nach ausgiebigem Spaziergang ist Zeit fürs Museum. Nur für welches? Fußläufig zum Schlosspark gibt es gleich drei. Nächstgelegen ist das Käthe Kollwitz Museum, das Ende 2022 in den Theaterbau am Schloss gezogen ist. Kollwitz’ Motive von Tod und Not, von Hunger und Krieg sind schmerzlich aktuell.
Ablenkung ist nah. Im Bröhan-Museum in der Schlossstraße geht es derzeit eher heiter zu. „Havelluft und Großstadtlichter“ heißt die aktuelle Ausstellung (bis 22. Februar 2026). Die Menschen zur Jahrhundertwende saßen in Kaffeehäusern, von Willy Jaeckel eindrucksvoll gemalt, und stürzten sich in allerlei Vergnügen, wie Hans Baluscheks Bild „Der Rummelplatz“ zeigt. Wer es sich leisten konnte, fuhr raus ins Grüne. Und genoss die Stille eines märkischen Waldsees, wie ihn Walter Leistikow gemalt hat.

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Was anderes gewünscht? Gleich gegenüber, in der Sammlung Scharf-Gerstenberg, kann man eintauchen ins Reich surrealer Welten. Die Dauerausstellung wird flankiert von wechselnden Schauen. Bis zum 16. November ist „Strange“ zu sehen, Surrealismen der 1950er- bis 1990er-Jahre. Das moderne Museumscafé ist ideal für eine Kunstpause.
Park und Schloss Biesdorf

© Fachbereich Kultur Marzahn-Hellersdorf/Foto: Jan Frontzek
Eine halbe Stunde S-Bahnfahrt von Tiergarten – und schwupp, sind wir in einer unbekannten Welt. Nur wenige Minuten zu Fuß sind es vom S-Bahnhof Biesdorf in den Park von Schloss Biesdorf. Ahorn, Eichen, Kastanien, Ulmen und ein paar Tannen, alles vorhanden. 1500 Bäume insgesamt sollen es sein, einer prächtiger als der andere. Unter den Füßen raschelt viel Laub.
Auf einer Grünfläche steht eine Skulptur, grau, ein bisschen verwittert. Eine sitzende, unbekleidete Frau ist dargestellt, ein Bein übers andere geschlagen, den Kopf grüblerisch in eine Hand gestützt. 1980 wurde die Figur „Die Sinnende“ hier aufgestellt, ein Werk von Ingeborg Hunzinger.

© Fachbereich Kultur Marzahn-Hellersdorf/Foto: Jan Frontzek
Schloss Biesdorf, ein wuchtiger Bau mit rosafarbenem Anstrich, ist das Prunkstück im Park. Innen gibt es auch ein Café. Falls es das Wetter zulässt, nimmt man auf der Terrasse Platz, mit königlichem Blick ins Grüne.
Das Schloss, ursprünglich die Biesdorfer Turmvilla, entstand 1867/69 nach italienischem Vorbild. Ende des 19. Jahrhunderts kaufte Werner von Siemens den Bau. Im April 1945 wurde das Obergeschoss durch einen Brand zerstört. Nach 1947 erfolgte die notdürftige Sicherung, später, in den 1970er-Jahren, zog das Kulturhaus ein. Mit der Wende war Schluss.
Zu Beginn der 2000er-Jahre wurde die Außenhülle restauriert und der Turm wieder aufgebaut. 2016 war das gesamte Ensemble wieder schmuck. Längst können drinnen wechselnde Ausstellungen besichtigt werden. Am 17. November wird mit „may day“ eine eröffnet, die spannende, interkulturelle Kunstbegegnungen verspricht. Kambodschanische und deutsche Künstlerinnen haben sich für dieses Projekt zusammengetan.
Schloss Schönhausen in Pankow

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Als die DDR schon fast Geschichte war, lud man das russische Präsidentenpaar ins Schloss Schönhausen, das Gästehaus des Ministerrates. Raissa Gorbatschowa übernachtete im sogenannten Damenschlafzimmer im ersten Stock. Das angrenzende Badezimmer war in den 1960er-Jahren entstanden – und ganz in Lila gekachelt. Doch Raissa blickte auch auf die königliche Vergangenheit ihrer Unterkunft.
Die Malereien an den Wänden hatte einst Königin Elisabeth Christine von Preußen ausgesucht, wenn auch als Schmuck für ein Kabinett im Erdgeschoss. Fast 60 Sommer verbrachte die gebürtige Wolfenbüttlerin auf Schloss Schönhausen. Ihr Ehemann Friedrich II. hatte ihr die Residenz im Garten geschenkt.

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Die Dekoration der Räume ist teilweise noch original, wie die Tapete mit Rosenbouquets, von der Königin erst kurz vor ihrem Tod 1797 erworben. Jüngere Geschichte drängt sich in den Vordergrund. Zwischen 1938 und 1941 richteten die Nazis hier ihr zentrales Depot für „Entartete Kunst“ ein.
Nach 1949 wurde das Schloss zum Amtssitz von Wilhelm Pieck. Sein Arbeitszimmer mit wuchtigem Schreibtisch und spießigen Sesseln ist original. Der Rokoko-Lustgarten der Königin samt künstlichem Labyrinth ist leider verschwunden. Ein paar Platanen aus ihrer Zeit haben überdauert. Nach dem Tod der Monarchin wurde der Park nach Plänen von Lenné modernisiert und zu DDR-Zeiten erneut stark verändert.
Interessante Skulpturen, wie etwa ein sinnender Knabe am Karpfenteich oder eine sich nackt räkelnde Schöne zeigen sich nun, drei verschmitzte Kinderfiguren hecken die nächsten Streiche aus. Ein Park zum Verlaufen – und zum Verlieben.
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