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Trauerstaatsakt für Bundespräsident Horst Köhler: Auch die fernen Nächsten brauchen uns – das ist sein Vermächtnis
Der am 1. Februar verstorbene ehemalige Präsident Horst Köhler wurde in Berlin mit großem Zeremoniell gewürdigt. Dass er sich um das Land und die Menschen verdient gemacht habe – das wird ihm von allen Trauergästen nachgerufen.
Stand:
Der Berliner Dom in einer goldenen Fülle strahlte wie die Sonne, der Himmel sandte ein schönes Blau. Als sollte Horst Köhler noch einmal geehrt werden, wie es ihm gebührt. Der neunte Bundespräsident, einer, der sich um das Land und vor allem um die Menschen verdient gemacht hat.
Am 1. Februar ist er gestorben, jetzt wurde er mit einem Trauergottesdienst, einem Staatsakt und militärischen Ehren gewürdigt.
Und so viele kamen! Mehr als 1000 Gäste, auch aus dem Ausland, die gesamte deutsche Staatsspitze, die früheren Bundespräsidenten Joachim Gauck und Christian Wulff, Familie, Freunde. Da, Wolfgang Niedecken von BAP, mit dem Köhler vor Jahrzehnten in Ghana war! Ob er damals auch getanzt hat?
Auch Widersacher wie der frühere Grünen-Fraktionschef Jürgen Trittin, der Köhler so hart kritisierte, dass der sich sehr verletzt und auch von der Politik verlassen fühlte, ist gekommen. Ehre, wem Ehre gebührt; das gilt dann für beide. Köhler hätte es gefallen. Als Christenmensch wusste er, dass Menschen einander vergeben müssen, um Frieden zu erlangen, Seelenfrieden.
Ohne das, ohne den Glauben an das Gute, das Bessere im Menschen, wäre für Köhler so vieles nicht möglich geworden, an dem er mitgewirkt hat, maßgeblich.

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Die Deutsche Einheit, die europäische Einigung auf den Euro, der Abzug von 400.000 russischen Soldaten vom Territorium der DDR – sein enger Freund und vormaliger Minister, Theo Waigel, verwies mit brüchiger Stimme darauf. Wie Köhler Boris Jelzin die Marktwirtschaft erklärt hat, bis der wohl wütend wurde – um sich dann später ausdrücklich bei dem gut meinenden Menschen Köhler zu entschuldigen.
Köhler, ein Staatsdiener, wie es nur wenige gab, schon vor seiner Zeit als erster Diener des Staates. Sagen wir so: Er verstand immer viel von Steuern, später steuerte er das Land mit seiner Haltung mit, den Menschen zugewandt.
Ein „unermüdlicher Diener des Gemeinwesens“
Das war hochpolitisch. Wie sehr, zeigten die Reden der anderen, der aus dem Ausland, die des früheren österreichischen Bundespräsidenten Heinz Fischer und des vormaligen kenianischen Staatspräsidenten Uhuru Kenyatta. Aus Afrika, dem Kontinent, den Köhler liebte.
Er hat diese beiden berührt, in ihren Herzen Spuren hinterlassen. Das verändert mitunter mehr als ein Vertrag, das verändert Verhältnisse. In dem Sinne war er, wie sein Nachfolger Frank-Walter Steinmeier sagte, zeit seines Lebens ein „unermüdlicher Diener des Gemeinwesens“.
Er hat in aller Welt Freunde und Partner gesucht und gefunden.
Frank-Walter Steinmeier (SPD), Bundespräsident
Ja, des Gemeinwesens, das trifft es so gut. Denn die Deutschen gewann er schnell mit seinem Lachen, seinem Optimismus, seiner beherzten Art. Noch einmal Steinmeier: „Er hat in aller Welt Freunde und Partner gesucht und gefunden.“ Freunde und Partner, nicht zuletzt für sein Land. So gesehen war Köhler selbst ein – Gemeinwesen.

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Ethos, Weltethos wie bei Hans Küng, mit dem er immer wieder sprach, dazu Nächstenliebe und christliche Werte leben – ein hoher Anspruch. Wer die Redner hörte, dort vorne, und Gäste in den Gängen, der wird den Endruck mitgenommen haben: Horst Köhler ist ihm gerecht geworden.
Wir stehen vor der größten Katastrophe, größten Krise seit 1948 und sind darauf nicht vorbereitet.
Horst Köhler gegenüber Theo Waigel am 23. Januar 2025
Zumal, wie der frühere Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland, Wolfgang Huber, in seiner Predigt sagte, Köhler überall Brücken zu bauen versucht hat. Er hat Zugang gefunden und eröffnet, „zu unseren Allernächsten wie zu den fernen Nächsten“. In beiden Fällen gelte: „Sie brauchen uns und wir brauchen sie.“ Das ist der Gedanke der Menschheit als Weltgemeinschaft. Köhler hat ihn gelebt.
Und die Weltgemeinschaft, ja, die ist es auch, um die sich Köhler bis in seine letzten Tage gesorgt hat: „Wir stehen vor der größten Katastrophe, größten Krise seit 1948 und sind darauf nicht vorbereitet“, zitierte Theo Waigel Horst Köhler aus ihrem letzten Gespräch am 23. Januar. Wenn daraus jetzt keine Verpflichtung für die Politik erwächst! Deutschland hat doch die Wahl.
Für die kommenden Regierenden, schon gar, wenn sie Christdemokraten sind, ist Köhlers Haltung eine Verpflichtung. Und ein Vorbild: „Wo immer er während und nach seiner aktiven Zeit tätig war, hat er Ehre für Deutschland eingelegt.“ Sagte Theo Waigel, der Christsoziale.
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