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Ukraine-Invasion, Tag 1154: Selenskyjs gefährliches Machtmonopol
Putin zeigt sich offen für bilaterale Gespräche mit Kiew, Trumps Chefunterhändler Steve Witkoff ist gefährlich überfordert. Der Nachrichtenüberblick am Abend.
Stand:
„Die größte Schwachstelle der Ukraine ist möglicherweise nicht militärischer, sondern politischer Natur“, schreibt das britische Magazin „The Economist“ – und beschreibt das Dilemma liberaler und politisch gemäßigter Ukrainer: Weisen sie auf Korruption und Inkompetenz in der Regierung in Kiew hin, riskieren sie, internationale Partner zu verschrecken. Doch sagen sie nichts, akzeptieren sie implizit das Machtmonopol von Präsident Wolodymyr Selenskyj, das die Kriegsführung schwäche (Quelle hier).
Das Dilemma bestand schon, bevor US-Präsident Donald Trump Selenskyj im Februar im Oval Office vor laufenden Kameras bloßstellte. Seitdem haben sich Ukrainer nur noch enger um ihren Präsidenten geschart, schreibt „The Economist“ und zitiert Julia Mostowaja, Chefredakteurin des unabhängigen Nachrichtenportals ZN.UA: „Während die westlichen Medien und die europäischen Staats- und Regierungschefs Selenskyj vergöttern und ihn zu einer Berühmtheit machen, fühlen wir uns gefangen.“
Beispiele für autokratische Tendenzen gebe es genug: Petro Poroschenko, Vorsitzender der größten Oppositionspartei der Ukraine, wurde wegen Verrats angeklagt, wegen „Bedrohung der nationalen Sicherheit“ bestraft und dürfte bei keiner Wahl kandidieren, schreibt „The Economist“. Der Anti-Korruptions-Aktivist Vitali Schabunin sei nach seiner letzten Recherche in die Nähe der Front geschickt worden, wo er genau überwacht werde. Kritische Medien würden als Bedrohung behandelt, Macht in den Händen einiger weniger Vertrauter Selenskyjs gebündelt.
„Die Politik der Ukraine ist weit entfernt von der Russlands, und die Konzentration der Macht ist eine natürliche Folge des Krieges“, schreibt „The Economist“. Auch habe der Pluralismus in der Ukraine weniger auf Rechtsstaatlichkeit und mehr auf einer starken Zivilgesellschaft und unabhängigen Regionen basiert. Jedoch bestehe die Gefahr, dass der Wandel die Resilienz des Landes untergrabe.
Das Magazin zitiert den ukrainischen Parlamentsabgeordneten Oleksij Hontscharenko: „Wir haben gezeigt, dass eine kleine Demokratie einer größeren Autokratie widerstehen und sich selbst in ein Stachelschwein verwandeln kann. Aber eine kleine Autokratie kann von einer größeren geschluckt werden.“
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