
© Tsp/Kevin P. Hoffmann
Viel zu wenig Azubis in Berlin: DGB fordert Umlage für die ganze Region
Ergebnisse des neuesten Ausbildungsreports: Jeder dritte Lehrling macht regelmäßig Überstunden.
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In den vergangenen 20 Jahren ist die Zahl neuer Ausbildungsverhältnisse in Berlin um über 37 Prozent und in Brandenburg sogar gar um fast 50 Prozent zurückgegangen. „Der Wirtschaft gelingt es schlichtweg nicht, die reale Fachkräftenachfrage zu bedienen. Eine wirkliche Trendwende kann nur mit der Einführung einer Ausbildungsumlage gelingen“, resümierte der DGB Berlin-Brandenburg die Ergebnisse des neuen Ausbildungsreports. „Durch eine solidarische Verteilung der Ausbildungskosten unter allen Unternehmen werden Ausbildungsbetriebe entlastet und Maßnahmen zur Verbesserung der Ausbildungsqualität ermöglicht“, meinte Nele Techen, die stellvertretende Vorsitzende des regionalen DGB. Der Negativtrend auf dem Ausbildungsmarkt sei eine Gefahr für die gesamtwirtschaftliche Entwicklung dar,
Seit 2005 erstellt der DGB jährliche einen Ausbildungsreport. Für die aktuelle Ausgabe wurden 1200 Berliner und knapp 600 Brandenburger Azubis befragt. „Jeder dritte Azubi macht regelmäßig Überstunden, nur jeder Vierte bleibt von Tätigkeiten verschont, die nicht dem Ausbildungszweck dienen und lediglich drei von vier Auszubildenden kennen ihren betrieblichen Ausbildungsplan“, teilte der DGB mit.
„Gute Ausbildungsbedingungen sind leider keine Selbstverständlichkeit“, meinte Jim Frindert, Bezirksjugendsekretär des DGB. Aufgrund des niedrigen Angebots seien viele Azubis froh, überhaupt einen Ausbildungsplatz zu haben. „Folglich nehmen sie es eher in Kauf, um ihre Rechte geprellt zu werden - eine verzwickte Situation“, meinte Frindert. Die besten Ausbildungsbedingungen gibt es nach Einschätzung des DGB in Betrieben mit Tarifbindung, Betriebsrat sowie einer Jugend- und Auszubildendenvertretung.
Berufsberatung in der Schule funktioniert nicht
Als Schwerpunktthema beleuchtet der aktuelle Ausbildungsreport den Zugang die Berufsberatung und -auswahl. Die schulische Berufsorientierung schnitt in der Befragung schlecht ab: Über zwei Drittel (70 Prozent) der Befragten gaben an, dass ihnen die Angebote an der Schule kaum bei der Berufswahl geholfen haben. Knapp ein Drittel (32,5 Prozent) der Befragten haben die Berufsberatung der Agentur für Arbeit genutzt. Insgesamt gaben 12 Prozent der Azubis an, dass ihnen ihr Ausbildungsplatz durch die Agentur für Arbeit vermittelt wurde. Nur knapp 33 Prozent fanden eine Ausbildung im Wunschberuf. 35 Prozent konnten sich zwischen mehreren Berufen entscheiden. Fast jeder vierte Azubi allerdings musste eine nicht geplante berufliche Alternative akzeptieren.
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Nirgends sei das Ausbildungsangebot so knapp wie in Berlin und auch in weiten Teilen Brandenburgs herrschten Berliner Verhältnisse. Das liege unter anderem daran, dass die Ausbildungsbeteiligung der Betriebe in beiden Ländern bundesweit Schlusslicht seien, heißt es im DGB-Report. „Alle Unternehmen sind auf gut ausgebildete Fachkräfte angewiesen. Warum sollten sich also nicht auch alle Betriebe an der Fachkräftequalifizierung beteiligen?“, erläuterte Frindert die Forderung nach einer Ausbildungsumlage.
Die Arbeitgeber und ihre Verbände lehnen eine Umlage strikt ab und stellen stattdessen die positiven Ergebnisse des Ausbildungsreports ins Schaufenster. „Die Ausbildung ist auf einem guten Weg und wird geschätzt. Fast drei von vier befragten jungen Frauen und Männern (72 Prozent) sind sehr zufrieden oder zufrieden mit ihrer Ausbildung. 71 Prozent bewerten die fachliche Eignung ihrer Ausbildung als sehr gut oder gut“, sagte Alexander Schirp, Vize-Chef der Unternehmensverbände Berlin-Brandenburg (UVB). Auch in Sachen Quantität gebe es einen Fortschritt: Die Firmen hätten im abgelaufenen Ausbildungsjahr in Berlin gut 15.000 betriebliche Plätze angeboten, 7,4 Prozent mehr als ein Jahr zuvor. In Brandenburg ging es Schirp zufolge um 2,8 Prozent auf knapp 14.500 Stellen nach oben.
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