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Candles and flowers are placed in a park, where earlier today two people were killed in a knife attack, one of them a child, in Aschaffenburg, Germany, January 22, 2025.     REUTERS/Heiko Becker

© REUTERS/Heiko Becker

„Vollversagen – und immer wieder die gleichen Phrasen“: So reagiert die Tagesspiegel-Community auf die Morde von Aschaffenburg

Wie konnte es zu dieser Tragödie kommen? Hat die Politik versagt? Die Messerattacke in Aschaffenburg löst eine heftige Debatte aus. Hier lesen Sie, wie unsere Leserinnen und Leser darüber denken.

Stand:

Der Mord an einem zweijährigen Kind und einem 41-jährigen Passanten in Aschaffenburg hat erneut eine landesweite Debatte über Migration und innere Sicherheit entfacht. Der mutmaßliche Täter, ein 28-jähriger afghanischer Staatsbürger, war den Behörden bekannt und soll psychisch krank gewesen sein.

Bundeskanzler Olaf Scholz sprach von einer „unfassbaren Terror-Tat“ und forderte eine lückenlose Aufklärung. CDU-Chef Friedrich Merz kritisierte die Asylpolitik scharf und plädierte für härtere Abschieberegelungen. Während die Politik unterschiedliche Lösungsansätze diskutiert, wird die öffentliche Diskussion zunehmend emotionaler. Viele Bürgerinnen und Bürger äußern Wut, Trauer und Unsicherheit.

Im Folgenden lesen Sie redaktionell ausgewählte Kommentare aus der Tagesspiegel-Community, die die Tragödie kritisch einordnen, zentrale Fragen zur Sicherheits- und Migrationspolitik aufwerfen und Forderungen nach klaren Antworten und konsequentem Handeln an die Politik richten.


Westkoellner
Ich nehme nicht nur hier, sondern auch im realen Leben wahr, dass Menschen, die weit weg davon sind, radikalen/extremistischen Rändern ihre Stimme zu geben, allmählich die Geduld verlässt. Gerade weil Demokraten nicht Extremisten das politische Feld überlassen wollen und dürfen, ist es notwendig, auch über die Schattenseiten unstrukturierter Migration zu reden; immer auf dem Boden der FDGO. Das ist unangenehm, aber nach meinem Dafürhalten unumgänglich.


Berlin_Marc
Ich habe in einem anderen Artikel bereits geschrieben, dass ich für Abschiebung aller ausreisepflichtigen oder straffällig gewordenen Personen bin. Dieses Thema ist längst längst längst aus der rechten Ecke raus. Was dieser Mord in Aschaffenburg auch zeigt ist, dass populistisches und erregtes Gebrüll und Geschreibe allein gar nichts bringt. Weil der deutsche Staat entweder gar nicht die Kapazitäten hat zügig alle betroffenen Personen abzuschieben oder die Verantwortlichkeiten auf viel zu viele Schultern/ Bundesländer verteilt ist.

Am Beispiel Söder/ Bayern zeigt sich, dass selbst größte Populisten im sogar (durchsetzungs-)stärksten Bundesland mit dem Thema Abschiebungen ihre Probleme haben. Eine AfD in Regierungsverantwortung würde spätestens im Behördenalltag in der Realität ankommen und realisieren, dass Populismus-Slogans und tatsächliches Regieren ein gutes Stück auseinander liegen.

Die großen Altparteien regieren dieses Land nicht erst seit 2015 ununterbrochen. Dass Deutschland im Jahre 2025 nicht in der Lage ist in großem Maße abzuschieben und mehrfach auffällige, gefährliche Personen bis zur Abschiebung wegzusperren, kann nur als völliges politisches Versagen gedeutet werden. Im meinem Umfeld sind mittlerweile alle für Abschiebungen. Niemand wählt die AfD, aber es sind sich alle einig, dass Abschiebungen und Begrenzung der Migration die wichtigsten gesellschaftlichen Themen sind.


torsten379
Leider neigen viele Menschen (ich auch) zu vorschnellen Verallgemeinerungen und lassen sich ihr Urteilsvermögen durch emotionale Betroffenheit trüben (ich ebenfalls). Nüchtern betrachtet leben wir dank des Zufalls der Geburt auf einer Insel der Seligen, die ein Sehnsuchtsort für viele Menschen darstellt, unter ihnen auch politisch Verfolgte.

Jeder Einzelne hat für mich nachvollziehbare Gründe, ein Leben in Freiheit, Sicherheit und eventuell Wohlstand anzustreben. 99,99 Prozent der nach Deutschland Kommenden sind wahrscheinlich ebenso ungefährlich wie meine deutschen Nachbarn oder Kollegen. Allerdings zeigt der aktuelle Messerangriff, dass der deutsche Sonderweg in der Migrationspolitik (fast jeder darf ins Land und nach dem Aussprechen des Wortes „Asyl“ sehr lange hierbleiben) unkalkulierbare Risiken mit sich bringt.

Länder wie Kanada prüfen genau, wer dorthin einwandern kann und wie viel Migration verkraftbar ist. Ich bin kein Experte, aber mir ist nicht bekannt, dass im Rest Europas so häufig Messerattentate stattfinden. Auch wenn man sie nicht ganz verhindern kann, muss es Wege geben, die Gefahr zu minimieren.


Sachsenblut1
Das Land braucht dringend Strukturveränderungen. Die innere Sicherheit muß zentralistisch geführt werden. Das übergreifende Zusammenwirken der Behörden zwischen den einzelnen Bundesländern steht fast immer im Fokus der Kritik. 16 Bundesländer sind 16 potenzielle Schwachstellen , wenn sich ein Täter dem Zugriff vor einer geplanten Tat entziehen will. Es fehlt ein Gesamtüberblick, der alles Notwendige Wissen über Gefährder und Straftäter zusammenbringt. Das liegt auf der Hand.

Wenn man sich den Riss in der Schallplatte von Politikern immer wieder anhört, muß sie ausgetauscht werden. Ja Herr Scholz, wir sind es leid, diesen Mist immer wieder hören zu müssen von Leuten die es in der Hand hätten, daran etwas zu ändern.


RudiderBaer
Es sind doch nicht die Politiker, die Attentate verhindern können! Es sind die Behörden, von der Gemeindeebene, über die Städte und Landkreise. Die Mitarbeiter dieser Behörden funktionieren nicht. Ob es nun bekannte Straftäter unter Flüchtlingen, oder bekannte Reichbürger, oder irgendwelche Waffennarren sind, immer wieder heißt es: Er war schon auffällig.

Warnungen und Anliegen der Bürger werden ignoriert, nicht ernst genommen und landen in der Ablage. Oder es wird ein Bürokratiemonster aufgebläht. Wenn dann doch Aktionismus von den Behörden gefordert wird, wird der Weg des geringsten Widerstandes gegangen. Gut integrierte, in der Lehre befindliche Mitbürger oder Familien werden dann abgeschoben.

Einfache schnell zu bearbeitende Anliegen werden abgelehnt. Deshalb haben wir Bürger diesen Staat satt. Die Entscheidungsträger übernehmen keine Verantwortung. Sie sind nur noch auf ihre die Höhergruppierung aus. Teamarbeit, kurze Dienstwege, gemeinsame, rationale, behördenübergreifende Entscheidungen treffen, das funktioniert nicht mehr. Duckmäuser und Drückeberger haben mehr Erfolg. Daran wird auch die AfD nichts ändern: Nur Parolen, keine Lösungen.


Vernunft
Die vorgestanzten Äußerungen aus der verantwortlichen Politik sind nur noch ermüdend und ein einziger Hohn für die Opfer und andere Betroffene solcher Taten. Man bleibt immer wieder fassungslos zurück nach den Berichten über diese Taten und versucht zu begreifen, ob das immer noch das Land ist, in dem man aufgewachsen ist und lange gelebt hat. Was ist nur mit diesem Land passiert in den letzten 10 oder mehr Jahren und warum wird nichts unternommen, um das zu ändern.

Salbungsvolle Worte und billige Trostfloskeln nach dem Muster, wir müssen das jetzt sorgfältig aufklären, wir sollten keine voreiligen Schlüsse ziehen, wir dürfen uns nicht verunsichern lassen, wir müssen zusammenstehen und wir fühlen mit den Opfern und deren Angehörigen, aus dem Munde des Bundespräsidenten, des Bundeskanzlers, der Innenministerin, des Vizekanzlers und der diversen Landespolitiker helfen niemanden, sondern ermüden und machen nur noch zornig.


Puschel69
Wenn ich vom deutschen Empörungs-Hutbürger nur etwas anderes erwarten könnte! Empathie und Menschlichkeit, ohne zu instrumentalisieren und Migrationspolitik ins Spiel zu bringen. Es geht hier den meisten Foristen nicht um die getöteten Kinder, um das unerträgliche Leid von Eltern, Verwandten und Freunden. Es geht um Herkunft, Religion und Hautfarbe. Es geht um „Abschieben sofort“, „Remigration jetzt“ und warum dürfte der Afghane ins Land kommen. Wie vielen Kindern in Deutschland wird gerade in dieser Minute schreckliches Leid angetan? Ihr wollt die Herkunft der Täter wissen? Eigentlich völlig egal, aber es handelt sich zum weit überwiegenden Teil um deutsche Staatsbürger. Haben die Kinder etwas von dieser Information?


Pepperli
Es ist mittlerweile nicht mehr vermittelbar, warum solche Verbrechen immer wieder passieren, man hört immer wieder die selben Phrasen, die selben Bestürzungsbekundungen und mir erschließt sich nicht im Geringsten, das die Verantwortlichen Behörden und auch die Politik nicht endlich folgendes begreifen:

Wir lassen seit Jahren Menschen in unser Land, die auch aus z. Teil sehr gewaltaffinen Ländern kommen. Egal ob es Kriegsflüchtlinge sind oder auch Menschen aus Ländern, in denen Gewalt zur Tagesordnung gehört. Viele dieser Menschen werden von Anfang an hier allein gelassen. Diejenigen die immer sofort den moralischen Zeigefinger erheben in Richtung Rassismus, die frage ich jetzt: Was bitte gebt ihr denn diesen Menschen an die Hand? Werden diese Menschen adäquat, von Anfang an psychologisch betreut, habt ihr eigentlich auf eurem Schirm, das viele dieser Menschen unter Traumata leiden, die sich dann irgendwann Bahn brechen und zu solchen grausamen Taten führen?

Nach solchen Taten wird mehr Energie aufgewandt, nach Motiven zu suchen, als präventiv endlich zu handeln.

Tagesspiegel-User/in Pepperli

Ich denke nein! Wer weiß wie viele tickende Zeitbomben noch herum laufen und irgendwann zünden. Und dann hören wir sie wieder, die Bestürzungen, die Verurteilungen, für mich ist das nur noch reine Hilflosigkeit, die den sozialen Frieden gefährlich an den rechten Rand rückt, weil man dann Parteien wie der AFD das Feld überlässt. Und was noch viel schlimmer ist das, das der Rassismus, den man ja so moralisch integer zu bekämpfen versucht, nur weiter gesteigert wird und das sich auch unsere ausländischen Mitbürger nur noch unter Furcht aus dem Haus trauen, weil immer mehr verallgemeinert wird.

Für mich ist der heutige Fall in so kurzer Abfolge nach dem Magdeburger Anschlag nur eines wieder: Vollversagen. Hier wird nach solchen Taten, mehr Energie aufgewandt, nach Motiven zu suchen, als präventiv endlich zu handeln und Ordnung in die ganze Migrationspolitik zu bringen. Eine realistische Beurteilung würde der Gesellschaft mehr helfen und vor der Wahl rechtsradikaler Parteien schützen.


PTT
Olaf Scholz wird ja an seinen Worten gemessen werden. Schafft er es, in den verbleibenden 31 Tagen bis zur Wahl noch zu reagieren. Gemeinsam mit den Innenministern? Gestern abend hat er mit den Spitzen der Sicherheitsbehörden gesprochen. Es hängt davon ab, ob diese zügig liefern können. Gemeinsam mit der Innenministerin.

Bei aller zu lobenden Sachbezogenheit, die Stefanie Witte zurecht fordert, geht es auch um das subjektive Befinden aller Bürger. Darunter sind auch Menschen, die hinter jeder Straßenecke einen Messerstecher erwarten. Die geballten Nachrichten geben diesen Ängstlichen ja sogar Recht - auch wenn es eben nicht so ist. Rein symbolisch ist das Treffen im Kanzleramt schon mal gut. Erfreulich wäre es, wenn die Behördenchefs mit ihrer Innenministerin dann auch in kurzer Frist neue Lösungen vorzuschlagen hätten.

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