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Zehntausende Ratten leben auf dem Gelände des Fischmarktes. Wenn der nun in moderne Gebäude zieht, setzten sich auch die Ratten in Bewegung.

© Kyodo/dpa

Japan: Der größte Fischmarkt der Welt zieht um – zurück bleiben die Ratten

Nach 83 Jahren zieht der größte Fischmarkt der Welt in ein hochmodernes Gebäude um. Und Tokio bereitet sich auf eine Nager-Invasion vor.

Die Operation muss lautlos, gründlich und schonungslos vonstatten gehen, der wachsame Feind darf nichts mitbekommen. Eine ganze Mannschaft von Spezialisten rückt aus, wenn am Freitag der berühmte Tsukiji-Fischmarkt in Tokio schließt. Ihr Gegner: Horden von Ratten.

"Nicht tausend, sondern zehntausende" der Nagetiere lebten auf dem 23 Hektar großen Marktgelände im noblen Stadtteil Ginza, sagt der Ratten-Experte Tatsuo Yabe. Zuhause sind sie im Labyrinth des Abwassersystems, bislang boten ihnen die Fischabfälle reichlich Nahrung.

Nach 83 Jahren am selben Ort zieht der größte Fischmarkt der Welt nun um in ein hochmodernes Gebäude im Stadtteil Toyosu. Innerhalb von fünf Tagen beziehen die etwa 900 Händler, die täglich 480 Arten von Meerestieren im Wert von zwölf Millionen Euro verkaufen, das neue Quartier in gut zwei Kilometer Entfernung direkt am Wasser. Zurück bleiben die Ratten.

"Sobald sie merken, dass etwas Ungewöhnliches passiert, werden sie sich massenweise in Bewegung setzen", sagt der Tokioter Beamte, der die Ratten-Aktion auf dem Markt leitet.

Um zu verhindern, dass die Tiere in die edlen Boutiquen und Luxusrestaurants der Nachbarschaft einfallen, hat die Stadtverwaltung mit Unterstützung erfahrener Kammerjäger einen Plan ausgearbeitet: Alle Eingänge der Kanalisation werden verschlossen, alle Löcher in den Zäunen rund um das Gelände mit Wellblech verbarrikadiert. Vor dem Abriss der Marktgebäude werden die Ratten mit für sie unüberwindbaren, drei Meter hohen Stahlwänden umzingelt. Innerhalb dieser Festung rücken die Jäger den Tieren mit 40.000 Klebefallen und 300 Kilogramm Gift zu Leibe.

"Der größte Unterschied ist, dass Toyosu ein geschlossener Markt ist"

Ginza ist eines der schicksten Ausgehviertel in Tokio. Die Besitzer der Lokale sind in Alarmbereitschaft. "Das ist beängstigend", sagt der Inhaber eines Restaurants, der seinen Namen nicht nennen möchte. "Manche Nachbarn füttern bereits die Straßenkatzen zur Verteidigung."

Kammerjäger Kazuya Takahashi rät zur Wachsamkeit: "Wir empfehlen, nicht einmal die Türen offen zu lassen, denn sobald der Umzug des Markts beginnt, könnten die Kanalratten kommen."

Fischhändler Hiroyasu Ito ist genauso alt wie der Tsukiji-Markt und er kennt die Markthallen wie kaum ein anderer. "Wir haben viele Probleme. Vögel und Ratten kommen ungehindert rein und raus", sagt er.

Umso höher sind die Erwartungen an den neuen Standort. Der riesige, klimatisierte Komplex ist zweimal so groß wie der alte Markt und steht auf einem im Meer aufgeschütteten Gelände. "Der größte Unterschied ist, dass Toyosu ein geschlossener Markt ist", sagt Masataka Miyake von der Stadtverwaltung.

Sensoren steuern Türen und Rollläden des neuen Gebäudes. Sobald sie sich öffnen, wird ein starker Luftstrom in Gang gesetzt. "Dieser Luftvorhang verhindert, dass die kalte Luft entweicht", sagt Miyake. Und dass Insekten und Ratten eindringen. (Harumi Ozawa, AFP)

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