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Ein Binnenschiff passiert in der verbliebenen schmalen Fahrrinne einen Spaziergänger auf einer Sandbank im Rhein.

© Andreas Arnold/dpa

Wetter in Deutschland: Die große Dürre hält an

Blauer Himmel, Sonnenschein - aber noch immer kein Regen in Sicht. Die Auswirkungen der Dürre werden wohl bis ins nächste Jahr zu spüren sein.

Mit Staunen blicken Spaziergänger und Anwohner derzeit auf den Rhein. Nach monatelanger Trockenheit zieht sich das Wasser des größten deutschen Stroms in eine immer schmaler werdende Fahrrinne zurück, verschiedene Pegel melden inzwischen historische Tiefstände. Nach Einschätzung des Deutschen Wetterdiensts (DWD) in Offenbach könnte 2018 eines der fünf trockensten Jahre seit Beginn der Aufzeichnungen vor mehr als 130 Jahren werden - Fragen und Antworten zur aktuellen Situation.

Wie trocken ist es tatsächlich?

„1947 war bisher das Maß aller Dinge“, sagt DWD-Agrarmeteorologe Hans Helmut Schmitt. Auch 1921, 1976 und 1991 seien ungewöhnlich trockene Jahre gewesen. Wo sich 2018 tatsächlich einreiht, steht aber erst Ende des Jahres endgültig fest. Derzeit seien rund 70 Prozent der Fläche Deutschlands von extremer Trockenheit betroffen. Besonders problematisch sei die Kombination aus hohen Temperaturen und geringen Niederschlägen. Denn je wärmer es ist, desto schneller verdunstet in der Regel der gefallene Regen. „Was die Wärme angeht, fahren auf der Überholspur - was den Regen angeht, auf der Standspur“, sagt Schmitt.

Ist es überall in Deutschland gleich schlimm?

Nein. Besonders betroffen sind den Angaben zufolge das südliche Rheinland-Pfalz - dort besonders die Vorderpfalz -, Brandenburg und Sachsen-Anhalt. „In Bayern sieht es ganz gut aus“, sagt Schmitt. Auch in Hessen seien die Böden auf das Jahr hochgerechnet noch vergleichsweise feucht. Das liegt unter anderem daran, dass schwere Böden noch bis zum Frühjahr den übermäßigen Regen des vergangenen Jahres speichern konnten, wie der Wetterforscher erklärt. Besonders sichtbar ist die Trockenheit derzeit am Rhein, an dem Tiefststände gemessen werden - mit entsprechenden Folgen für Fährbetriebe und Binnenschiffer, die derzeit teils gar nicht mehr, teils nur noch eingeschränkt unterwegs sein können. Das Niedrigwasser des Rheins beeinträchtigt die Schifffahrt und damit auch die Versorgung des Chemiekonzerns BASF mit Rohstoffen. Die Produktion im Stammwerk Ludwigshafen sei davon betroffen, sagte ein BASF-Sprecher am Freitag: "Wir mussten die Produktion anpassen." Betroffen sei die Herstellung von vier Weichmachern und drei Acrylaten. Zu den wirtschaftlichen Auswirkungen könne er sich noch nicht äußern.

Können die Wasserkraftwerke trotzdem ausreichend Strom produzieren?

Vor allem seit Juli blieb die Stromproduktion wegen der Trockenheit hinter den Vorjahreswerten zurück, sagt Harald Uphoff, Geschäftsführer des Bundesverbands Deutscher Wasserkraftwerke. Da es bis ins Frühjahr hinein viel geregnet habe, gebe es im Gesamtsaldo aber nur einen geringen Rückgang. Insgesamt profitierten die Erzeuger Erneuerbarer Energien bislang: Die vielen Sonnenstunden haben den Rückgang bei der Wasserkraft bei Weitem wett gemacht. Die Produktion aus Sonnenenergie lag im September ein Drittel über dem Vorjahreswert.

Muss man sich um den Grundwasser-Spiegel sorgen?

Die Grundwasser-Situation wird von den Bundesländern jeweils einzeln erfasst. Aktuelle Daten für das gesamte Bundesgebiet gibt es daher nicht. Nach Angaben des Verbandes kommunaler Unternehmen (VkU) hat es auf die Wasservorkommen keinen großen Einfluß, ob es in einem einzelnen Sommer mehr oder weniger regnet. „Wie sich die andauernde Trockenheit der vergangenen Monate auf die Grundwasserstände auswirkt, wird die Bilanz im nächsten Jahr zeigen“, sagte ein Sprecher in Berlin. In Hessen etwa wären Sorgen nach Einschätzung von Mario Hergesell vom Hessischen Landesamt für Naturschutz, Umwelt und Geologie (HLNUG) verfrüht. Dass der Grundwasserstand im Sommer abnimmt, sei erst einmal normal. „Entscheidend ist nun das Winterhalbjahr“, sagt Hergesell. Bleibe es auch dann trocken, wären sehr unterdurchschnittliche Werte die Folge.

Wie ist die aktuelle Situation der Landwirte?

Nachdem schon die Getreide- und Gemüseernte im Sommer schlecht ausfiel, setzt sich die Situation nun unverändert fort. Die Folgen würden vermutlich auch im kommenden Jahr spürbar sein, sagt Bauernverbands-Präsident Joachim Rukwied. „In den betroffenen Regionen, in denen noch immer kaum Regen gefallen ist, haben wir schlechte Raps- oder Wintergerstenbestände. Außerdem gehen wir davon aus, dass das Grundfutter für die Tiere knapp wird und sich einige von ihren Tieren trennen müssen.“ Schwierig sei die Lage insbesondere in Nord- und Ostdeutschland.

Wie haben die Wälder die Dürre verkraftet?

Für die Arbeitsgemeinschaft Deutscher Waldbesitzerverbände steht der Trockensommer in einer Reihe klimabedingter Extreme, darunter auch Stürme wie „Friederike“ vom vergangenen Januar. Waldbrände, zerstörte Neuanpflanzungen und Schädlingsvermehrung hätten nun zusätzlich dauerhafte Schäden verursacht. Unter dem Strich beziffert die Arbeitsgemeinschaft die Schadensumme für die Forstwirtschaft mit rund 5,4 Milliarden Euro. Auch die Schutzgemeinschaft Deutscher Wald berichtet, unter jungen Pflanzen gebe es hohe Ausfälle, beispielsweise in Rheinland-Pfalz oder Bayern. Fichten hätten besonders gelitten, zumal auch noch Borkenkäfer über sie hergefallen seien. Wichtig sei, dass die Trockenheit bald ein Ende habe und nicht noch andere Störfaktoren wie etwa weitere Stürme hinzukämen. (dpa/rtr)

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