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Kolumne – Wiarda wills wissen

© Tagesspiegel/Nassim Rad/Tagesspiegel

Wiarda will’s Wissen: Personalkrise in Kitas stellt selbst Lehrkräftemangel in den Schatten

Eine schnelle Lösung zeichnen sich nicht ab. Ein erster Schritt wäre aber, die Krise in den Kitas genauso ernst zu nehmen wie die in den Schulen. Die deutsche Bildungsmisere nimmt dort ihren Anfang. 

Eine Kolumne von Jan-Martin Wiarda

Es sind die Zahlen eines beachtlichen gesellschaftspolitischen Erfolgs. Und zugleich Anzeichen einer Personalkrise, die selbst den Lehrkräftemangel in den Schatten stellt.

2022 arbeiteten in Deutschlands Kitas inklusive Leitung rund 722.000 Erzieherinnen und Erzieher, ein Anstieg um 55 Prozent – oder 258.000 Personen – gegenüber 2012, berichtet das neue „Fachkräftebarometer Frühe Bildung“ vom Deutschen Jugendinstitut und der TU Dortmund. Im gleichen Zeitraum stieg die Zahl der betreuten Kinder um 690.000 auf 3,85 Millionen. Belege dafür, welches Veränderungspotenzial eine politische Zielsetzung – die Einführung des Rechtsanspruchs auf einen Kitaplatz für unter Dreijährige 2013 – entfalten kann. 

3,85
Millionen Kinder wurden 2022 in Deutschlands Kitas betreut

Nur zeigen die Barometer-Zahlen genauso eindrucksvoll, dass selbst dieses dramatische Personalwachstum nicht ausreicht. Trotz 44 neu gegründeten Fachschulen für Sozialpädagogik allein in den vergangenen zwei Jahren: Das Ausbildungssystem stoße an Kapazitätsgrenzen, warnen die Forscher:innen. Und trotz gestiegener Gehälter und weniger befristeter Stellen: Das Arbeitskräftereservoir sei „weggeschmolzen“. Auf 100 freie Stellen kommen 62 arbeitslos Gemeldete. 

Nächste Herausforderung kommt

Dabei steht die nächste große Herausforderung noch bevor. Ab 2026 gilt der nächste Rechtsanspruch: für Ganztagsbetreuung in der Grundschule, was bedeutet, dass die Schulen verstärkt in den Wettbewerb um pädagogische Fachkräfte einsteigen.

Der Bund unterstützt die Länder über das Kita-Qualitätsgesetz in den nächsten zwei Jahren mit weiteren vier Milliarden Euro, während Experten seit langem fordern, die Kitas als Orte der frühkindlichen Bildung zu stärken. Doch droht in der Realität durch die Personalnot vielerorts das Gegenteil: die Sicherstellung der Betreuung als oberste Priorität.

Schnelle Lösungen zeichnen sich nicht ab. Doch ein erster Schritt wäre, die Krise in den Kitas in Medien und Öffentlich genauso ernst zu nehmen wie die Krise in den Schulen. Die deutsche Bildungsmisere nimmt dort ihren Anfang. 

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