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In Berlin ist die durchschnittliche Wohnfläche pro Person in den vergangenen fünf Jahren nicht angestiegen.

© imago stock&people

40,9 Quadratmeter in Großstädten: Die Deutschen leben auf immer größerem Raum

Trotz steigender Immobilienpreise, Mieten und schlechter Klimabilanz steigt die Wohnfläche pro Kopf im Schnitt. In Berlin und Brandenburg sieht es anders aus.

Die Menschen in Deutschland wohnen auf immer mehr Raum. Gerade auf dem Land ist die Fläche pro Kopf seit 2015 deutlich gewachsen, heißt es in einer neuen Studie des Immobiliendienstleisters Empirica Regio. Dort ist das Wohnen relativ günstig und Abwanderung treibt die Fläche pro Kopf nach oben. Doch selbst in vielen teuren Großstädten leben die Menschen auf mehr Platz als vor Jahren – trotz stark steigender Immobilienpreise.

Die Wohnfläche pro Kopf habe zwischen 2015 und 2020 am stärksten in ländlichen Regionen mit 3,7 Prozent zugelegt, heißt in der Analyse. Am geringsten war der Zuwachs mit 1,5 Prozent in Großstädten. Für die am Mittwoch veröffentlichte Studie hat Empirica Regio alle deutschen Gemeinden ab 400 Einwohnern untersucht. Analysiert wurden knapp 9000 Gemeinden und 107 kreisfreie Städte.

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Auf dem Land war demnach die Wohnfläche pro Kopf mit 51,4 Quadratmetern 2020 am höchsten. In Städten lag sie mit 40,9 Quadratmetern deutlich darunter, dazwischen kamen kleinere Städte und Vororte (47). Zahlen für das Jahr 2021 lagen noch nicht vor.

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„Gerade ländliche Regionen haben noch genügend Bauland und -platz, um neuen Wohnraum zu schaffen. Dort dominieren Einfamilienhäuser mit einem großen Flächenverbrauch pro Kopf“, sagte Jan Grade, Geschäftsführer von Empirica Regio. „In peripheren Räumen führen aber auch zunehmende Alterung, der Wegzug der jungen Menschen und damit steigende Leerstände zu einer erhöhten Pro-Kopf-Wohnfläche.“

In Beuren in der Eifel (75,2) und Aventoft in Schleswig-Holstein (73,6) wohnten die Menschen laut Studie auf besonders viel Fläche. Ganz vorne lagen Sylt und Föhr wegen der vielen Ferienwohnungen auf den Inseln. Kampen auf Sylt stand an der Spitze mit 264 Quadratmetern pro Einwohner, gefolgt von Nieblum (Föhr) sowie Wenningstedt-Braderup (Sylt) mit 121 bzw. 108 Quadratmetern.

Um Sondereffekte wegen des hohen Anteils an Ferienwohnungen zu vermeiden, wurden diese und andere Gemeinden in der Analyse herausgefiltert.

In Bliesdorf in Brandenburg ist es besonders eng

Besonders wenig Wohnraum hatten dagegen die Menschen in Raunheim in Hessen und Bliesdorf in Brandenburg mit 34,3 Quadratmeter pro Kopf. Am Ende der Liste stehen auch viele Mittel- und Großstädte – etwa Stuttgart (37,6), Frankfurt (37,4) und Offenbach (35). In Berlin und Köln stagniert die durchschnittliche Wohnfläche pro Kopf seit Jahren bei 38,9 Quadratmetern. „Generell müssen Menschen in angespannten Wohnungsmarktregionen und den großen Metropolen auf weniger Wohnfläche pro Kopf zusammenrücken“, schrieben die Autoren.

Dass auch der Gebäudesektor einen erheblichen Teil zu den CO2-Emissionen Deutschlands beiträgt, rückt die steigende Tendenz an Wohnraum pro Person in ein kritisches Licht. Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) hatte jüngst für Empörung gesorgt, als er KfW-Förderprogramme für energieeffizientes Bauen stoppte.

SPD-Generalsekretär Kevin Kühnert sei zwar über die ausgelöste Verwirrung „nicht glücklich“, verteidigte den Schritt aber am Mittwoch auf der Konferenz „Europe 2022“, die der Tagesspiegel gemeinsam mit der „Zeit“, dem „Handelsblatt“ und der „Wirtschaftswoche“ ausrichtet.

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Die bisherige Förderung habe sich eher auf die Dämmung konzentriert, das wolle man ändern und so den Ideenreichtum der Architekt:innen und Bauunternehmen anregen. „Nur so kann man „Wohnkosten kontrollierbar halten“, so Kühnert. Er sieht aber, dass im Gebäudebestand, „die größeren Schätze zu heben sind“.

Die energieeffiziente Sanierung von Altbauten müsse stärker in den Fokus gerückt werden. Letztendlich brauche es aber Sanierung und Neubau. „Die soziale und Klimafrage müssen zur selben Zeit beantwortet werden.“

EEG-Abschaffung reicht laut Kühnert nicht

Kühnert gibt zu, dass die Abschaffung der EEG-Umlage allein nicht ausreiche, um ärmere Haushalte angesichts der steigenden Energiepreise zu entlasten. Die SPD setze darauf, die Haushalte hier allgemein zu entlasten, beispielweise auch über die Erhöhung von Mindestlohn und Wohngeld. „Was wir aber nicht wollen, ist, dass wir quasi einen Blankoscheck für Energieanbieter ausstellen und ihnen in Aussicht stellen: Ihr könnt die Margen anheben, wie ihr wollt.“

Trotz der steigenden Wohnkosten ist das Leben auf immer mehr Platz ein langjähriger Trend in Deutschland. Mit Ausnahme des Jahres 2015, als in der Flüchtlingskrise außergewöhnlich viele Menschen zuwanderten, sei der Flächenverbrauch seit 2005 stetig gestiegen, hieß es bei Empirica Regio.

Im Schnitt kämen 0,2 Quadratmeter pro Jahr dazu. Der hohe Bedarf an Wohnfläche führt immer wieder zu Diskussionen, etwa über die Versiegelung von Böden und die Energiebilanz von Gebäuden. So gab es Debatten, ob Einfamilienhäuser noch zeitgemäß seien.

Zudem wohnen immer weniger Menschen in einer Wohnung, auch weil die Gesellschaft überaltert ist und die Zahl der Single-Haushalte steigt. Seit Beginn der 1990-er Jahre ist der Anteil der Einpersonenhaushalte deutlich gestiegen, hieß es in einer Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW). Auf eine Wohnung kamen 2020 im Schnitt weniger als zwei Menschen, so das Statistische Bundesamt. (tib/dpa)

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