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„Wir müssen die Kosten senken und die Produktivität steigern“: VW verzeichnet im dritten Quartal Gewinneinbruch von 63,7 Prozent
Europas größter Autokonzern verkauft weniger Fahrzeuge, auch der Sparkurs von Volkswagen kostet erst einmal Geld. Ein Minus im jüngsten Quartal war erwartet worden, jedoch nicht in der nun veröffentlichten Höhe.
Stand:
Der kriselnde Volkswagen-Konzern hat im dritten Quartal einen herben Gewinneinbruch erlitten. Ein schwaches Branchenumfeld mit weniger Fahrzeugverkäufen sowie der angestoßene Kapazitäts- und Stellenabbau im Konzern sorgten für eine Milliardenbelastung. Die Werte fielen schwächer aus als von Analysten ohnehin befürchtet.
Der Konzerngewinn sackte nach Steuern um 64 Prozent auf 1,58 Milliarden Euro ab – unter anderem, weil es für VW auch im wichtigen Markt China schlecht läuft. Der Umsatz fiel dagegen nur um ein halbes Prozent auf 78,5 Milliarden Euro.
Die im September erneut gesenkte Jahresprognose hielt das Management um Vorstandschef Oliver Blume aufrecht. Blume hat im Konzern den Rotstift angesetzt und will Milliarden einsparen, um insbesondere die renditeschwache Kernmarke VW Pkw wieder auf Trab zu bringen.
Laut dem Betriebsrat will der Vorstand mindestens drei deutsche VW-Werke schließen und den Rest verkleinern, Zehntausenden Beschäftigten soll gekündigt werden. Auch deutliche Gehaltseinbußen stehen im Raum.
Bundesregierung gegen Schließungen
Die Bundesregierung hat sich gegen Standortschließungen beim VW ausgesprochen. „Bundesminister Habeck hat klar gesagt, dass es jetzt darauf ankommt, dort eine konstruktive Lösung zu finden, zwischen Management und Betriebsrat - eine Lösung, bei der Standortschließungen auf jeden Fall vermieden werden“, sagte der Sprecher des Wirtschaftsministeriums am Mittwoch.
Regierungssprecher Steffen Hebestreit betonte, dass Kanzler Olaf Scholz die Entwicklung eng verfolge und sowohl mit Oliver Blume als auch mit dem Betriebsrat gesprochen habe. Es sei zu früh, nun darüber zu entscheiden, ob es staatliche Hilfe geben sollte, um Standortschließungen zu verhindern.
„Im Augenblick ist das erstmal etwas, was im Konzern miteinander diskutiert werden muss“, sagte er. Die Politik schaue sich die Situation aber sehr genau an, weil man sich der Bedeutung des Konzerns und der großen Zahl der Arbeitsplätze, die daran hängen, bewusst sei.
Zweite Tarifrunde in Wolfsburg
Die Arbeitnehmer haben erbitterten Widerstand angekündigt und fordern umfassendere Rezepte als nur die Arbeits- und Fabrikkosten in den Blick zu nehmen. An diesem Mittwoch treffen Unternehmen und Gewerkschaft IG Metall zur nächsten Gesprächsrunde zum VW-Haustarif zusammen.
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IG Metall hat VW zu offenen Gesprächen über die Zukunft aller Standorte aufgefordert. Das sei Voraussetzung für weitere Verhandlungen, sagte Niedersachsens IG-Metall-Bezirksleiter Thorsten Gröger zum Beginn der zweiten Tarifrunde in Wolfsburg. Andernfalls, so drohte Gröger, werde die IG Metall „die weitere Eskalation planen müssen“.
Ab 1. Dezember seien Warnstreiks möglich. „Ich bin zuversichtlich, dass wir eine Einigung erzielen werden, aber ich kann Streik nicht ausschließen, das ist klar“, sagte Finanzchef Arno Antlitz am Mittwoch in einer Analystenkonferenz.
IG stellt Bedingungen für weitere Gespräche
VW-Verhandlungsführer Arne Meiswinkel, Personalvorstand der Kernmarke, kündigte an, bei der zweiten Gesprächsrunde konkrete Forderungen vorlegen zu wollen. „Wir werden heute der IG Metall in der zweiten Verhandlungsrunde unsere Vorstellungen unterbreiten“, sagte er vor dem Auftakt der Gespräche in der Volkswagen Arena. Die IG Metall hatte VW zuvor dazu aufgefordert, nach der ergebnislosen ersten Runde im September nun die konkreten Pläne und Förderungen auf den Tisch zu legen.
Die Volkswagen-Kernmarke muss nach den Worten von Antlitz mit „wesentlichen und schmerzhaften Entscheidungen“ zurück in die Erfolgsspur gebracht werden. „Die Marke Volkswagen baut hervorragende Autos, verdient aber nicht ausreichend, um aus eigener Kraft in die Zukunft zu investieren“, sagte Antlitz am Mittwoch.
Gewinne aus China könnten dieses Defizit vorerst nicht mehr ausgleichen. Nach neun Monaten stehe ein operativer Gewinn von nur 1,3 Milliarden Euro fast fünf Milliarden Euro an Entwicklungs- und Investitionskosten, vor allem für den Umstieg auf Elektroautos gegenüber. Die Barmittel lägen bei minus einer Milliarde Euro.
Preiserhöhungen sind Antlitz zufolge kein Ausweg aus der angespannten Lage. Denn das Angebot sei durch Überkapazitäten groß, während die Nachfrage gesunken sei. Gleichzeitig stiegen die Produktionskosten in Deutschland. „Deswegen haben wir nur eine Möglichkeit: Wir müssen die Kosten senken und die Produktivität steigern, gerade in den deutschen Werken“, bekräftigte er. Auf Fragen nach möglicher Hilfe durch die Politik erklärte Antlitz, VW müsse seine Kostenprobleme selbst angehen.
Die europäische Autoindustrie müsse ihre Wettbewerbsfähigkeit verbessern, um der wachsenden Konkurrenz chinesischer Hersteller in Europa zu begegnen, mahnte der VW-Manager. Die EU-Strafzölle gegen E-Autoimporte aus China seien dabei nur Zeitverschwendung. (dpa, Reuters)
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