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Ein riesiger Eimerkettenbagger trägt Abraum im Braunkohletagebau Jänschwalde der Lausitz ab.

© Patrick Pleul/dpa-Zentralbild/dpa

Energieversorger stellt Betrieb ein: „Das Urteil zu Jänschwalde ist für Brandenburg ein Super-Gau“

Das vorläufige Ende des Tagebaus sei ein fatales Signal für die Bürger, sagt Sprembergs Bürgermeisterin Herntier. Sie fürchtet neuen Zulauf für die AfD.

Christine Herntier (parteilos) ist Bürgermeisterin von Spremberg in der Lausitz.

Frau Herntier, wie reagiert die Lausitz darauf, dass der Betrieb des Tagebaus Jänschwalde vorerst gestoppt werden soll?

Die Menschen sind fassungslos und ich bin es auch. Mein Telefon steht nicht mehr still. Der Tagebau Jänschwalde gibt 700 Kohlekumpel Arbeit. Ihre Zukunft ist jetzt ungewiss. Man kann es den Leuten nicht verdenken, wenn sie nun den Eindruck haben, sie werden über den Tisch gezogen. Meiner Meinung nach ist das Urteil zu diesem Zeitpunkt, kurz vor der Landtagswahl, für Brandenburg ein Super-Gau.

Beschert das Urteil der AfD am Sonntag bei der Landtagswahl Zulauf?

Die Leute wählen die AfD oft aus Protest. Das Urteil empört die Leute. Das davon die AfD jetzt profitiert, ist sicherlich nicht von der Hand zu weisen. Ich hoffe es natürlich nicht. Die Kohlekommission, an der ich ja auch beteiligt war, hat einen sehr guten Plan für den Strukturwandel in der Lausitz erarbeitet.

Christine Herntier (parteilos) ist Bürgermeisterin von Spremberg in der Lausitz.
Christine Herntier (parteilos) ist Bürgermeisterin von Spremberg in der Lausitz.

© picture alliance / dpa

Damit können wir das Vertrauen der Leute, die ja den Zusammenbruch der Industrie nach der Wende noch sehr gut in Erinnerung haben, zurückgewinnen. Das Urteil macht diesen Erfolg ein Stück weit zunichte.

Würden Sie sagen, die Deutsche Umwelthilfe, die ja gerade für den Klimaschutz streitet, hat mit ihrer Klage sogar kontraproduktiv gehandelt?

Ich sehe, dass der vorläufige Sicherheitsbetrieb des Tagebaus Jänschwalde dem Klimaschutz gar nichts bringt und dem Naturschutz im Übrigen auch nicht. Der Energieversorger Leag hat selbst mitgeteilt, dass der Anstieg des Grundwasserspiegels den Mooren sogar hilft.

In erster Linie macht mich aber die Entscheidung des Verwaltungsgerichts in Cottbus wütend: Welchen Grund gibt es, der Leag nicht die Fristverlängerung einzuräumen? Das verstehe ich nicht. Davon unabhängig ist das Signal wirklich fatal: Jetzt ist eine Debatte entstanden, die dem Strukturwandelprozess extrem schadet und dem Klimaschutz gar nichts bringt. 

Was werden Sie vor der Wahl jetzt unternehmen?

Ich bin morgen auf einem Dorffest, da treffe ich auch viele Kohlekumpel. Ich werde mir ihre Sorgen anhören und ihnen Mut zusprechen und auch überzeugen, dass wir dem Strukturwandelplan, wie ihn die Kohlekommission festgelegt hat, für die Lausitz eine gute Zukunft schaffen werden.

Ich wünsche mir, dass wir das jetzt schnell umsetzen. Ich kann aber keinerlei Störfeuer mehr gebrauchen, weder von Gerichten noch von der Bundesregierung. Da hingen wir auch ewig in der Schleife, bis das Strukturstärkungsgesetz durch das Bundeskabinett gebracht wurde. Was mir da elementar fehlt, ist ein Staatsvertrag, damit die Finanzierung all unserer Strukturwandel-Vorhaben gesichert ist.

Ich hoffe wirklich, dass dieser Staatsvertrag noch kommen wird. Sonst habe ich es schwer, die Leute hier zu überzeugen, dass sie eben nicht über den Tisch gezogen werden.

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