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Die Bankentürme von Frankfurt am Main

© Frank Rumpenhorst/dpa

Update

5,5 Billionen Euro im Sinne des Zwei-Grad-Ziels: Deutsche Banken schwören jetzt auf Klimaschutz

Per Selbstverpflichtung wollen zahlreiche Banken den Klimaschutz voranbringen. Doch es gibt Zweifel, ob es nicht verbindliche Vorgaben bräuchte.

Schwergewichte des deutschen Finanzsektors wollen ihre Investitionen in Billionenhöhe künftig am Pariser Klimaschutzabkommen ausrichten: 16 Akteure des deutschen Finanzsektors, mit Aktiva von mehr als 5,5 Billionen Euro und über 46 Millionen Kundenverbindungen in Deutschland, haben eine entsprechende Selbstverpflichtung unterzeichnet. Sie liegt dem Tagesspiegel vor.

Demnach sind unter anderem die Deutsche Bank, die Commerzbank, Hypovereinsbank sowie die Direktbank ING die Landesbank Baden-Württemberg (LBBW) und die GLS Bank beteiligt.

Konkret sieht die Vereinbarung vor, dass künftig die mit den Kredit- und Investmentportfolios verbundenen Emissionen regelmäßig gemessen und veröffentlicht werden, um sie zu reduzieren. Der Finanzsektor will so einen Klimaschutzbeitrag leisten und eine nachhaltige und zukunftsfähige Weiterentwicklung der Wirtschaft unterstützen.

Die Fortschritte sollen jedes Jahr dokumentiert werden. Bis spätestens Ende 2022 wollen die Institute gegenseitig akzeptierte Methoden zur Messung der Klimaauswirkungen ihrer jeweiligen Kredit- und Investmentbestände entwickeln und einführen.

Banken wollen Beitrag zur Ökotransformation leisten

„Damit kommt der deutsche Finanzplatz dem von der Bundesregierung Anfang 2019 gesetzten Ziel einen Schritt näher, Deutschland zu einem der führenden Standorte für nachhaltige Finanzen (Sustainable Finance) zu machen“, heißt es in der Vereinbarung.

Im Paris-Abkommen haben sich die Länder – auch Deutschland – geeinigt, die globale Erwärmung auf weit unter zwei Grad Celsius im Vergleich zu der Zeit vor der Industrialisierung zu begrenzen. Um das zu erreichen, müssten gut 80 Prozent der Kohle weltweit sowie 40 Prozent des Gases und 40 Prozent des Öls unter der Erde bleiben und könnten nicht mehr gefördert werden.

Doch der Börsenwert fossiler Unternehmen orientiert sich neben anderen Aspekten auch an ihren unterirdischen Reserven. Investitionen in Konzerne der Kohle-, Öl-, und Gasindustrie sind somit nicht nur ökologisch fragwürdig. Sie werden auch zunehmend ökonomisch riskant.

Abluft steigt aus den Schornsteinen des Kohlekraftwerks Moorburg in den Himmel.
Abluft steigt aus den Schornsteinen des Kohlekraftwerks Moorburg in den Himmel.

© Christian Charisius / dpa

Die Unterzeichner der Selbstverpflichtung wollen sich nun so engagieren, dass ihre Finanzierungen einen Beitrag zur Transformation hin zu einer emissionsarmen und klimaresilienten Wirtschaft und Gesellschaft leisten.

„Durch die aktive Begleitung des Umbaus werden gleichzeitig Wettbewerbs- und Widerstandsfähigkeit der finanzierten Unternehmen gestärkt sowie Nachhaltigkeits- und Ausfallrisiken bei den Banken reduziert“, heißt es.

Die finanzpolitische Sprecherin der Grüne begrüßte die Initiative ausdrücklich. „Die Finanzbranche steht vor gewaltigen Umbrüchen, um die Vorgaben der Pariser Klimaziele zu erreichen“, erklärte Lisa Paus. „Selbstverpflichtungen in diesem Bereich ersetzen aber nicht einheitliche regulatorische Leitplanken, um alle Akteure mitzunehmen und möglichen Wettbewerbsverzerrungen entgegen zu wirken.“

Der Verein „Bürgerbewegung Finanzwende“ kritisiert indes, solche Vereinbarungen ersetzten keine verbindlichen Regeln für den Finanzsektor. „Die Bundesregierung steht da in der Pflicht, wenn sie ihrem Anspruch gerecht werden will, Deutschland zum führenden Standort für Sustainable Finance zu machen“, sagte „Finanzwende“-Vorstand Gerhard Schick dem Tagesspiegel.

Er betont, dass außerdem fast alle Landesbanken und die Sparkassen die Vereinbarung bisher nicht unterzeichnet hätten. „Gerade vom öffentlichen Finanzsektor erwarte ich eine Vorbildfunktion bei der Ausrichtung des Geschäftsmodells auf das Gemeinwohl, schließlich sind die Sparkassen gesetzlich darauf verpflichtet.“

Klare Anforderungen vermisst

Die Initiative Urgewald vermisst klar formulierte Anforderungen. Die Absicht der Banken sei „gut und notwendig“, kommentierte Urgewald-Vertreterin Kathrin Petz. Ob die Banken die Ziele mit der Selbstverpflichtung erreichen, sei jedoch mehr als fraglich: „Jedes Institut darf sich aussuchen, in welchem Bereich es die größte Wirkung vermutet und aktiv werden will.“

Zudem gilt die Vereinbarung nur für Portfolios, die nicht Gegenstand des Fonds- oder Mandatsgeschäfts sind. Doch weltweit gewinnt die sogenannte „Divestment“-Bewegung immer mehr Schwung, die den Ausstieg aus Investitionen in fossile Energieträger fordert.

Mehrere amerikanische Universitäten, Städte wie Paris, Oslo, Kopenhagen, Seattle und Melbourne, der Versicherungskonzern Allianz oder die einst mit Öl groß gewordene Rockefeller-Stiftung haben sich mit ihren Fonds bereits von umweltschädlichen Investitionen verabschiedet.

Prominentestes Beispiel ist der Pensionsfonds des Staates Norwegen: Er ist weltweit der größte dieser Art – und hat bereits 700 Milliarden Euro aus fossilen Firmen abgezogen.

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