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Wirtschaft: Die Restauratoren von Sanssouci

Nur einzelne Besucher spazieren im Winter zwischen den kahlen Bäumen auf der Suche nach dem Schloß Sanssouci und dem Teehaus umher.Der Eingang der Orangerie ist mit Planen verhängt.

Nur einzelne Besucher spazieren im Winter zwischen den kahlen Bäumen auf der Suche nach dem Schloß Sanssouci und dem Teehaus umher.Der Eingang der Orangerie ist mit Planen verhängt.Hinter der Tür eine junge Frau.Sorgfältig füllt sie einen Kalkbrei löffelweise in ein Teesieb.Kein Klümpchen soll in der Mischung zurückbleiben.Auf dem Gerüst unter der Decke bereiten Restauratoren den Untergrund für den neuen Putz vor.Mit chirugisch feinen Instrumenten entfernen sie Unebenheiten an den jahrhundertealten Ornamenten, die vor Pilzbefall gerettet werden sollen.

"So was kann in Deutschland kaum jemand", sagt Jerzy Chuchracki.Der Chef der Restauratoren ist Pole wie die meisten seiner Mitarbeiter.PKZ, Werkstätten für Denkmalpflege GmbH Posen, heißt der kleine Handwerksbetrieb, der die historischen Gebäude im Schloßpark Sanssouci restauriert."Polnische Restauratoren sind für ihre Arbeit in der ganzen Welt berühmt", sagt Chuchracki.Die Leistung der PKZ wird deshalb auch in Potsdam schon seit mehr als 20 Jahren hoch geschätzt.Das hat er sogar schriftlich.Stolz zeigt Chuchracki das Papier, auf dem das Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kultur bescheinigt, daß die Arbeit seiner Leute im öffentlichen Interesse des Landes Brandenburg liegt.

Richtig wohl fühlt sich der Kleinunternehmer aus Posen in Potsdam trotzdem nicht.Denn das Verhältnis der Firma zu den deutschen Behörden ist nicht problemlos.Polen ist nicht EU-Mitglied.Chuchracki darf nach den Auflagen des Arbeitsamtes nicht mehr als 25 polnische Mitarbeiter als Stuckateure, Holz- oder Steinrestauratoren beschäftigen.Jedes Jahr muß er wieder aufs Amt und für jeden ein neues Visum und eine neue Arbeitsgenehmigung beschaffen.Doch das ist noch nicht das größte Problem.Bevor Chuchracki seine polnischen Fachleute über die Grenze holen darf, muß der Ingenieur alle zwölf Monate nachweisen, daß er für die Arbeit keinen Deutschen findet.

"Man stelle sich vor, wie ich so einen Betrieb organisieren soll", schimpft Chuchracki.Zwar hat sich bisher noch nie ein deutscher Arbeitsloser als qualifiziert genug erwiesen.Doch seine polnischen Mitarbeiter können während des Genehmigungsverfahrens nicht sicher sein, nicht nach Hause geschickt zu werden."Und ich weiß nicht ob ich mein Geschäft schließen muß," sagt Chuchracki.Um die Behörden gnädig zu stimmen, hat Chuchracki den Leuten im Amt schon angeboten, deutsche Jugendliche auszubilden."Aus zwei Azubis Restauratoren zu machen, könnte ich mir schon leisten", sagt er.Doch die Ämter wiesen den PKZ-Chef ab.Es gäbe in Brandenburg schon genug Ausbildungsplätze im Baugewerbe.Also bestünde kein Bedarf.

Ganz klar, daß Chuchrackis Leute in Potsdam Fremde bleiben werden.Denn bei den Umständen kann man auch persönlich nicht planen.Keiner der Handwerker hat sich getraut seine Familie nach Brandenburg zu holen.Sie fahren jedes Wochenende nach Polen."Ich denke schon, daß ein Großteil meiner Mitarbeiter sich gerne in Brandenburg eine neue Existenz aufbauen würde.Doch das ist unter den jetzigen Bedingungen nicht möglich." Langsam zieht auch die Bezahlung in D-Mark nicht mehr.Da sich die Löhne für Fachkräfte in Polen zunehmend den deutschen Tariflöhnen angleichen, kann Chuchracki kaum noch Ersatz für freiwerdende Arbeitsplätze finden.

Er selbst wollte nicht länger von seiner Frau und seinen zwei Kinder getrennt leben.Obwohl sein Visum jedes Jahr erneuert werden muß hat der Geschäftsmann seine Familie inzwischen nach Potsdam geholt.Offene Ausländerfeindlichkeit spürt Chuchracki nicht.Und auch seine Arbeiter haben noch nie von Zwischenfällen erzählt.Doch Vorurteile gegenüber Polen gebe es schon noch.Als er beispielweise im vorigen Jahr eine neue Mietwohnung suchte, schien nach kurzer Zeit alles geregelt.Seine Einkommensnachweise lagen vor und mit dem Makler war alles fest vereinbart.Doch als der Eigentümer erfuhr, daß der potentielle Mieter Pole ist, wollte er nicht mehr an ihn vermieten.Auch bei privaten Sanierungs- oder Restaurierungsaufträgen gäbe es gelegentlich Vorurteile.Die Kunden würden dann erwarten, daß ein Pole für sechs D-Mark die Stunde arbeitet.Sie machten sich nicht klar, daß ein polnisches Unternehmen mit Sitz in Deutschland die gleichen Steuern und Sozialabgaben zahlen müsse, wie eine deutsche Firma, also kein Billiganbieter sein könne."Das Gros unserer Kunden schätzt jedoch die Qualität unserer Arbeit und ist auch bereit dafür zu bezahlen," sagt der Ingenieur.

Die PKZ war früher eine staatliche Firma mit etwa 10 000 Mitarbeitern.Mit dem Zusammenbruch des Kommunismus in Polen war das Gesamtunternehmen nicht mehr überlebensfähig.Kurzerhand gründeten Mitarbeiter eine Reihe von GmbHs.Ende der 80er Anfang der 90er Jahre entstanden ungefähr 20 selbständige PKZ-Firmen.Heute existieren nur noch wenige dieser Unternehmen, doch die PKZ Posen hatte nie Probleme mit der Auftragslage, auch deshalb, weil seit 20 Jahren gute Beziehungen zur Stadt Potsdam bestehen.

Zu DDR-Zeiten führte das Unternehmen die umfangreichen Restaurierungsarbeiten am Stadtschloß Potsdam durch.Es folgten weitere Aufträge der Stiftung Sanssouci, beispielsweise die Rekonstruktion der Terrassen von Knobelsdorf oder die Restaurierung der Fassade des Neuen Palais.Nach der Privatisierung 1989 wurde die Zweigniederlassung in Potsdam als unabhängige GmbH in das städtische Handelsregister eingetragen.Insgesamt hat die Denkmalspflege GmbH bisher ungefähr 40 Objekte für die Stiftung Sanssouci auf Vordermann gebracht.

SUSANN SCHMIDTKE

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