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Musicians play on their instruments next to an IFA sign, amid the coronavirus disease (COVID-19) outbreak, in Berlin, Germany September 3, 2020.  REUTERS/Michele Tantussi

© Reuters/Michele Tantussi

Der Sturz des Messe-Chefs: Warum Martin Ecknig gehen muss

Der Immobilienmanager Martin Ecknig wurde von einem Bekannten zum Geschäftsführer der Messe Berlin gemacht. Der Aufgabe war er nicht gewachsen.

Noch vor zwei Monaten äußerte sich Stephan Schwarz überzeugt von den Qualitäten des Messe-Chefs. „Der Wirtschaftssenator stärkt der Geschäftsführung den Rücken“, sagte Schwarz im Abgeordnetenhaus. „Herr Ecknig informiert den Aufsichtsrat regelmäßig über die Verhandlungen und bekommt total Rückendeckung“, verteidigte der Senator den Geschäftsführer des landeseigenen Unternehmens und dessen Verhandlungsstrategie bei der Funkausstellung Ifa. Das war einmal. Am Mittwochabend beschloss der Aufsichtsrat der Messe Berlin unter der Leitung des Vorsitzenden Eric Schweitzer und dessen Stellvertreter Stephan Schwarz die Auflösung des Vertrags mit Martin Ecknig.

Frühestens Mitte nächsten Jahres dürfte ein Nachfolger den Spitzenjob unterm Berliner Funkturm antreten. Bis dahin leitet der Finanzgeschäftsführer Dirk Hoffman allein das Unternehmen mit knapp 900 Mitarbeitenden. Das ist pikant: Hoffmann hatte einst den umstrittenen Vertrag mit Ecknigs Mediencoach unterschrieben. Immerhin sind die aktuellen Geschäftszahlen der Messe besser als erwartet, da sowohl die Ifa als auch die Schienentechnikmesse Innotrans im September gut funktionierten. „Nach der pandemiebedingten Krise ist die Messe Berlin auf einem guten Weg“, ließ Schweitzer mitteilen. In der Pandemie hatte das landeseigenen Unternehmen mit mehr als 100 Millionen Euro vom Land Berlin gestützt werden müssen.

Martin Ecknig, zuvor Immobilienmanager bei Siemens, übernahm die Geschäftsführung der Messe Berlin 2020. Sein Duzfreund Wolf-Dieter Wolf, der Aufsichtsratsvorsitzende, verschaffte ihm damals einen Vier-Jahres-Vertrag.
Martin Ecknig, zuvor Immobilienmanager bei Siemens, übernahm die Geschäftsführung der Messe Berlin 2020. Sein Duzfreund Wolf-Dieter Wolf, der Aufsichtsratsvorsitzende, verschaffte ihm damals einen Vier-Jahres-Vertrag.

© dpa/Carsten Koall

Über die Gründe der Trennung von Ecknig und die Details der Vertragsaufhebungsvereinbarung wollte sich das Unternehmen nicht äußern. Das ist auch nicht notwendig, denn die Zweifel an Ecknig sind so alt wie der Konflikt um die Ifa, der Anfang dieses Jahres eskalierte und erst mit der Unterzeichnung eines neuen Vertrags mit den künftigen Ifa-Veranstaltern gfu/Clarion vor zwei Wochen endete.

Der Aufsichtsrat nickte den Personalvorschlag ab

Der Aufsichtsratsvorsitzende Wolf-Dieter Wolf kümmerte sich im Spätsommer 2020 um einen Nachfolger für den Messe-Geschäftsführer Christian Göke, der zum 31.12.2020 um die Auflösung seines Vertrags gebeten hatte. Wolf sorgte dafür, dass sein langjähriger Bekannter und Duzfreund Martin Ecknig auf die Favoritenliste der von der Messe beauftragten Personalberatung kam und schließlich dem Aufsichtsrat als einziger Kandidat präsentiert wurde.

Erstaunlicherweise stimmte das Gremium zu, obwohl der Immobilienmanager über keine Messeerfahrung verfügte. Wie es heißt, hat Wolf den Aufsichtsrat über seine Beziehung mit Ecknig nicht informiert. Normalerweise bekommt ein Messe-Geschäftsführer einen Vertrag über drei Jahre – für seinen Bekannten Ecknig setzte Wolf vier Jahre durch. Wenn Ecknig erst zur Hälfte seiner Amtszeit, also am 31.12.2022, ausscheiden würde, bekäme er die Vergütung für die komplette Laufzeit ausgezahlt. Dem Vernehmen nach hat der Wolf-Nachfolger Schweitzer das verhindert: Ecknig scheidet sofort aus, bekommt aber die Bezüge bis Juni 2023.

Gerhard Spörl, Ehemann der damaligen rbb-Intendantin Patricia Schlesinger, schulte den neuen Messe-Chef Ecknig in Medienangelegenheiten für ein Tageshononar von bis zu 2000 Euro.
Gerhard Spörl, Ehemann der damaligen rbb-Intendantin Patricia Schlesinger, schulte den neuen Messe-Chef Ecknig in Medienangelegenheiten für ein Tageshononar von bis zu 2000 Euro.

© DAVIDS/Sven Darmer

Noch bevor Ecknig den neuen Job antrat, im Herbst 2020, brachte Wolf den Messeneuling in Kontakt mit dem ehemaligen Journalisten Gerhard Spörl. Wolf, damals auch Vorsitzender des Verwaltungsrats des rbb, kannte Spörl gut: Er ist der Ehemann der rbb-Intendantin Patricia Schlesinger. Spörl also wurde für ein Tageshonorar von bis zu 2000 Euro als Medientrainer von Ecknig engagiert. Als das später ruchbar wurde, hieß es, Spörl sei auch mit der Jubiläumsschrift zum 200. Geburtstag des Berliner Messewesens beschäftigt. Wie auch immer: Die Beauftragung Spörls verstieß offenbar gegen die internen Compliance-Richtlinien der Messe Berlin.

Compliance-Vorwürfe untersuchen drei Stellen

Compliance-Vorwürfe sind in den vergangenen Monaten von drei Instanzen geprüft worden: dem Compliance-Beauftragten der Messe Berlin, einer externen Kanzlei sowie von der Senatsverwaltung für Finanzen. Letztere hat angeblich keine Verstöße entdeckt, die beauftragte Kanzlei aber offenbar schon. Und dann ist im Aufsichtsrat inzwischen auch angekommen, wie sich die Stimmung im Unternehmen zum Negativen verändert hat. Kommunikation und Motivation gehörten offenkundig nicht zu Ecknigs Führungsstil. Im Klein-Klein mit der kongenialen gfu-Geschäftsführerin Sara Warneke verhakte sich Ecknig monatelang bei den Formulierungen des neuen Ifa-Vertrags. Es ist viel Zeit ins Land gegangen, und die Vorbereitungen der Ifa 2023, die Anfang September ansteht, sind noch nicht weit gediehen.

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Der Personalausschuss des Aufsichtsrats, den auch Schweitzer führt, leitet nun „unverzüglich ein Verfahren zur Neubesetzung der Position des CEO der Messe Berlin ein“, wie die landeseigene Gesellschaft mitteilt. Als Erstes muss ein Headhunter ausgeschrieben werden. Bis der tätig wird, ist die Grüne Woche 2023 Ende Januar längst Geschichte. Wenn alles perfekt läuft, dann könnte der oder die neue Messeführung im Sommer 2023 an den Start gehen. Kurz vor Beginn der neuen Ifa, an der sich Martin Ecknig verhoben hat.

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