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Der Abgas-Skandal drängt die Marke VW in die Verlustzone - die Kosten der Manipulationen wird auch der deutsche Staat tragen müssen.

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Update

Der Abgas-Skandal schadet VW und Deutschland: Eine Marke in Schieflage

VW, der Kernmarke des Konzerns, droht wegen des Abgas-Skandals ein Verlust. Ein eigener Vorstand soll für Ordnung sorgen. Auch der deutsche Staat ist von den Kosten der Manipulationen betroffen.

Volkswagen will als Konsequenz aus dem Abgas-Skandal ein neues Vorstandsressort für Recht und Compliance einführen. Die Schadensbeseitigung und die Folgen der Affäre dürften die Marke VW – die wichtigste von zwölf im Volkswagen-Konzern – in die Verlustzone drängen. In Europa muss der Konzern insgesamt wohl 3,6 Millionen Fahrzeuge für Nachbesserungen in die Werkstatt rufen. Das sind vor allem VW, aber auch Audi, Skoda und Seat. Bei Verbrauchern hat das Ansehen der Marke schwer gelitten. Die kalifornische Umweltbehörde CARB (California Air Resources Bureau), die maßgeblich an der Aufdeckung des Skandals beteiligt war, hatte seit Mai 2015 den begründeten Verdacht, dass VW eine Betrugssoftware in seine Diesel-Autos eingebaut hatte. Das sagte CARB-Chefin Mary Nichols am Freitag dem Tagesspiegel.

Um Verstöße gegen Compliance-Regeln, also Recht und Ordnung im unternehmerischen Handeln, künftig verhindern oder besser ahnden zu können, soll nach Reuters-Informationen künftig ein eigener Vorstand installiert werden. Das Vorhaben soll bereits im Aufsichtsrat diskutiert worden sein. VW hatte bereits 2011 einen Verantwortlichen für Compliance berufen, der an den Vorstandschef berichtete. Andere Konzerne wie Siemens und Daimler haben entsprechende Vorstandsressorts bereits eingeführt.

Texas verklagt Volkswagen

Volkswagen steht wegen der Abgasaffäre unter großem Druck, weltweit ermitteln Behörden gegen den Wolfsburger Konzern. In Deutschland verlangen erste Autokäufer Schadensersatz, weil sie für einen Wagen mit angeblich niedrigeren Abgaswerten mehr bezahlt haben. Vor allem in den USA drohen VW hohe Strafzahlungen und Schadensersatzforderungen. Der US-Bundesstaat Texas hat Volkswagen wegen der Vermarktung von mutmaßlich manipulierten Dieselfahrzeugen verklagt. VW-US-Chef Michael Horn hatte bei einer Anhörung im US-Kongress gesagt, er habe bereits im Frühjahr 2014 von möglichen Verstößen gegen Abgasregeln gewusst. Von der Manipulation von Abgaswerten durch eine spezielle Software habe er erst Anfang September 2015 erfahren.

CARB-Chefin Nichols hält die Diesel-Technologie langfristig nicht für umweltverträglich. Die Autohersteller sollten sich deshalb, auch mit Blick auf die Pariser Klimaschutzkonferenz im Dezember, auf Elektrofahrzeuge konzentrieren. Die kalifornischen Umweltschutzstandards würden eher noch strikter werden, sagte Nichols dieser Zeitung.

Die hohen Kosten für den Abgas-Skandal werden die Marke VW in diesem Jahr wahrscheinlich in die Verluste drücken. „Das wird so kommen, weil VW die Hauptlast im Konzern trägt“, sagte eine mit der Situation bei VW vertraute Person. Ein anderer Insider verwies auf die Rückstellungen von 6,5 Milliarden Euro, die Volkswagen für das dritte Quartal für Rückrufe manipulierter Autos angekündigt hatte. Davon dürfte ein Großteil bei der Hauptmarke VW verbucht werden, sagte die Person.

Der deutsche Staat zahlt mit

Aber auch die Allgemeinheit wird einen Teil der milliardenschweren Kosten tragen müssen. „Der deutsche Staat und damit der Steuerzahler haben bereits finanzielle Verluste erlitten und werden sich an den Kosten beteiligen müssen“, sagte Marcel Fratzscher, Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), am Freitag. „Denn dem deutschen Staat gehören 20 Prozent des Volkswagen-Konzerns. Damit ist der Staat verpflichtet, finanzielle Leistungen zu erbringen.“ Der Schaden durch den Skandal bei Volkswagen könnte nach Einschätzung Fratzschers auch gesamtwirtschaftliche Kosten für Deutschland haben. „Die Kosten alleine für Volkswagen könnten bis zu 100 Milliarden Euro betragen – dies sind mehr als drei Prozent der deutschen Wirtschaftsleistung.“ Auch das „Wall Street Journal“ hatte die Höhe des Gesamtschadens für VW auf 100 Milliarden Dollar geschätzt.

Phaeton in Zukunft vielleicht Elektroauto

Erste konkrete Projekte kommen bei VW unterdessen auf den Prüfstand. Nach Ansicht von Konzernbetriebsratschef Bernd Osterloh muss dabei über die Zukunft der unter Absatzproblemen leidenden VW-Luxuslimousine Phaeton gesprochen werden. „Also wenn schon Phaeton, dann als Elektrofahrzeug mit 800 Volt, 15 Minuten Ladezeit und mit 500 Kilometer Reichweite“, sagte Osterloh am Freitag. Angesichts der aktuellen Abgaskrise bei Volkswagen sei dies jetzt das richtige Signal. Nach Informationen des „Spiegel“ soll das bislang geplante Nachfolgemodell des Phaeton gestrichen werden.

Bei den Verbrauchern verliert VW immer stärker an Ansehen: Wie aus einer repräsentativen Studie des Verbandes der Kommunikationsagenturen GPRA hervorgeht, vertrauen nur noch 43 Prozent der Befragten dem Konzern. Im Oktober 2013 waren es 84 Prozent. (mit rtr/dpa)

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