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Mobilität – made in Berlin. Daimler-Chef Dieter Zetsche (rechts) und Klaus Wowereit am Donnerstag in Berlin.

© dpa

Berliner Wirtschaftskonferenz: Eine neue Gründerzeit

Berlin will die Modellstadt für Verkehrskonzepte der Zukunft werden. In zehn Jahren sollen 100 000 Elektroautos auf den Straßen der Hauptstadt fahren.

Berlin - Es war eine kluge Entscheidung, die 4. Berliner Wirtschaftskonferenz im Roten Rathaus zu veranstalten. Nicht nur, weil das Thema „Mobilität – made in Berlin“ beim Regierenden Bürgermeister Klaus Wowereit besondere Aufmerksamkeit genießt. Soll Berlin doch die Modellstadt für Verkehrskonzepte der Zukunft werden. Vielmehr brauchen Fachleute, die sich zum Beispiel über Elektroautos oder Batterien austauschen, auch besondere Rahmenbedingungen: „Erst wenn es einen öffentlichen Auftraggeber gibt, sind die Experten bereit, ihr Wissen zu teilen“, sagte die Verkehrsforscherin Barbara Lenz vom Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt am Donnerstag.

600 Experten aus Wirtschaft, Forschung und Politik waren ins Rathaus gekommen, um eben dies zu tun: Ihr Know-how, ihre Erfindungen und ihre Visionen für die Zukunft der Mobilität zu präsentieren und zu diskutieren. Je spezieller dieses Wissen wird, vor allem in Unternehmen und Forschungslabors, desto besser wird es gehütet. Die Konkurrenz könnte es ja klauen und ein gutes Geschäft daraus machen. „Ingenieure sind keine Diplomaten“, räumte Daimler- Chef Dieter Zetsche, selbst ein Ingenieur, ein. Aber in Zeiten, in denen „der Verbrennungsmotor sein Monopol verliert“ seien Einzelkämpfer auf verlorenem Posten. „So viel Wandel war nie“, sagte Zetsche. „Mit der Elektromobilität kommt eine neue Gründerzeit.“ Das ermöglicht und erzwingt neue Partnerschaften (etwa zwischen Auto- und Energiekonzernen), neue Wettbewerber (Batteriehersteller aus China) und neue Märkte. Und es ruft öffentliche Auftraggeber auf den Plan: Der Senat und die rund 7000 Unternehmen mit mehr als 100 000 Beschäftigten, die sich in der Region mit Verkehrssystemtechnik beschäftigen, wollen Berlin nach den Worten Wowereits wieder zur „Pionierstadt für neue Mobilitätskonzepte“ machen – wie vor 100 Jahren, als die ersten Elektrofahrzeuge auf die Straßen der preußischen Metropole kamen.

Die Voraussetzungen sind gut. In keiner deutschen Stadt sind öffentliche und private Verkehrsträger so eng verbunden. Die Ziele sind gleichwohl ehrgeizig. „Mindestens 100 000 Elektroautos sollten im Jahr 2020 in Berlin unterwegs sein“, forderte Wowereit. Die Bundesregierung, die bis 2020 eine Million E-Fahrzeuge auf Deutschlands Straßen bringen will, solle Berlin zur internationalen Plattform für Elektromobilität machen. Und: Berlin könne – mit öffentlicher Unterstützung – zum „Zentrum der Batterieproduktion der deutschen, vielleicht sogar der europäischen Autoindustrie werden“, glaubt der Regierende Bürgermeister.

Vorher müssen aber die unüberschaubar vielen Akteure und Projekte besser koordiniert und gebündelt werden. „Es passiert viel in Berlin, aber es ist zu wenig vernetzt“, sagte Wirtschaftssenator Harald Wolf. Für die Verknüpfung des Wissens, der Forschung und der Produktion soll eine neue Agentur für E-Mobilität – kurz Emo – sorgen, die am Donnerstag ihre Arbeit aufnahm. Finanziert wird sie von der Technologiestiftung, den Berlin Partnern und Unternehmen wie Siemens und Vattenfall. Was die Emo in Berlin leisten soll, wäre bundesweit noch nötiger. Dieter Zetsche verwies auf insgesamt elf überregionale Förderprogramme, zahlreiche Initiativen der Nationalen Plattform Elektromobilität und allein 15 unterschiedliche Fördertöpfe diverser Ministerien. „Das Geld kann man besser ausgeben“, sagte der Daimler-Chef. „Zum Beispiel für Kaufanreize für die ersten Elektroautos.“ Berlin könnte auch hier Vorreiter sein. Denn: „Die Konkurrenz schläft nicht“, warf Oliver Weinmann, Geschäftsführer der Vattenfall Europe Innovation GmbH ein. Auch andere wollten deutsche „Modellregionen“ werden. „Berlin muss sich hübsch machen.“

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