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Abgasdunst im morgendlichen Berufsverkehr (Symbolbild)

© dpa/Marcel Kusch

Milliardenstrafe gegen VW: Endlich wird die Dieselaffäre konsequent aufgeklärt

Das Milliarden-Bußgeld in der Dieselaffäre gegen VW war lange überfällig. Die Politik muss aber auch den Verbrauchern helfen. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Til Knipper

Es war bisher keine gute Woche für deutsche Autokonzerne. Am Montag ließ Verkehrsminister Andreas Scheuer Daimler-Chef Dieter Zetsche zum zweiten Mal innerhalb von 14 Tagen in Berlin antreten. Anschließend ordnete der Minister europaweit den Rückruf von 774.000 Daimler-Fahrzeugen an, weil die Stuttgarter nach Ansicht der Behörden in ihren Fahrzeugen unzulässige Abschalteinrichtungen für die Abgasreinigung verwendet haben.

Am Dienstagabend verhängte die Staatsanwaltschaft Braunschweig einen Bußgeldbescheid in Höhe von einer Milliarde Euro gegen den Volkswagenkonzern. Die Wolfsburger haben angekündigt, auf das Einlegen von Rechtsmitteln zu verzichten. „Wir arbeiten mit Nachdruck an der Aufarbeitung unserer Vergangenheit“, fügte VW-Chef Herbert Diess hinzu.

Was reumütig klingen soll, ist nur ein weiterer juristischer Winkelzug. Durch das Akzeptieren des Bußgeldes spekuliert VW darauf, in anderen europäischen Ländern von Strafen verschont zu bleiben. Denn laut dem Schengener Abkommen gilt, dass man in der Europäischen Union nicht für ein und dasselbe Vergehen mehrfach bestraft werden darf.

Trotzdem werden jetzt schon wieder Stimmen laut, die endgültig einen Schlussstrich unter die Dieselaffäre ziehen wollen. Deutschland dürfe seine Schlüsselindustrie nicht in den Dreck ziehen, von der 1,8 Millionen Arbeitsplätze direkt oder indirekt abhängig sind. Andere argumentieren gar, man dürfe durch öffentliches Bloßstellen der eigenen Industrie Nationalisten wie Donald Trump keine weiteren Argumente für seine protektionistische Handelspolitik liefern.

Die getäuschten Verbraucher sind bisher nicht entschädigt worden

Aber soll man sich etwa auf das Niveau der US-Regierung herablassen, statt geltende Gesetze durchzusetzen? Nein, und es ist überfällig, dass die Strafverfolgungsbehörden endlich konsequenter gegen die Autoindustrie vorgehen. Die Milliarden-Strafe gegen VW darf nur der Anfang sein. Auch die VW-Töchter Porsche und Audi müssen von den zuständigen Strafverfolgungsbehörden in Stuttgart und München zur Verantwortung gezogen werden. Genauso wie Daimler, sollten sich die Vorwürfe gegen das Unternehmen erhärten.

Die Politik muss außerdem schnell Vorschläge machen, wie die Bußgelder den getäuschten Verbrauchern zugutekommen. Es bleibt inakzeptabel, dass VW-Kunden in den USA vollumfänglich entschädigt wurden, während sie in Europa bisher weitgehend leer ausgingen.

Man könnte mit dem Geld einen Fonds einrichten, aus dem die Eigentümer der betroffenen Fahrzeuge Schadensersatz erhalten. Die Musterfeststellungsklage, die es dem einzelnen Betroffenen leichter macht, Ansprüche gerichtlich durchzusetzen, muss endlich auch in Deutschland eingeführt werden.

Langfristig profitieren auch Unternehmen davon, wenn Affären konsequent aufgeklärt werden. Prominentes Beispiel dafür ist Siemens. Der Korruptionsskandal 2008 hat das Unternehmen zwar Milliarden gekostet. Die Münchener haben seitdem ihren Konzern neu strukturiert und stehen heute besser da denn je.

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