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Weiter IT-Probleme am BER: Flughafen kritisiert Luftfahrtbehörde wegen Nachtflugverbot – Wegner will flexiblere Regelung
Eine Woche nach einem Cyberangriff ist der BER weiter im Krisenmodus. Viele Reisende müssen lange Wartezeiten in Kauf nehmen. Der Flughafen kritisiert die Luftfahrtbehörde.
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Reisende brauchen am Flughafen Berlin-Brandenburg (BER) wegen der Auswirkungen eines Cyberangriffs auf ein IT-System auch am Wochenende viel Geduld. Das System für die Passagier- und Gepäckabfertigung funktioniert eine Woche nach der Cyberattacke noch nicht. Fluggäste müssen mit längeren Wartezeiten rechnen. „Wir arbeiten uns Schritt für Schritt aus dem Krisenmodus raus“, sagte ein Sprecher des Flughafens am Vormittag.
Es werden laut Airport am Samstag insgesamt rund 72.000 Passagiere erwartet, am Freitag waren es 90.500.
Der Flughafen-Dienstleister Collins Aerospace war am Freitag vergangener Woche Opfer eines Cyberangriffs geworden. Betroffen waren mehrere Flughäfen in Europa. Der Hackerangriff legte am BER elektronische Systeme lahm, die für die Passagier- und Gepäckabfertigung genutzt werden.
Betroffen sind etwa die Check-in-Schalter. Die Passagiere können laut Airport aber die weiter funktionierenden Self-Service-Stationen mit Automaten im Flughafen nutzen. Auch das Gepäck kann oft selbst an Automaten aufgegeben werden.
IT-Experten arbeiten an Wiederherstellung der Systeme
Inzwischen arbeiteten 20 IT-Experten des Dienstleisters Collins rund um die Uhr an der Wiederherstellung, sagte der Flughafen-Sprecher. Für die Gepäckabfertigung sei auch ein vorläufiges Alternativ-System zum Laufen gebracht worden. Dennoch müssen etliche Passagiere wegen des Ausfalls noch auf ihre Koffer warten.
Es gebe Fluggäste, die nun auch versuchten, ihr Aufgabegepäck mit durch die Sicherheitskontrolle zu nehmen, so der Sprecher. „Man kann Koffer nicht einfach bei sich behalten. Das ist nicht zulässig.“
Keine Ausnahmen vom Nachtflugverbot
Der Flughafen kritisiert die Haltung der Oberen Luftfahrtbehörde in dieser Situation. Am vergangenen Wochenende habe die Behörde Ausnahmegenehmigungen für verspätet ankommende oder startende Flugzeuge erteilt, sagte der Sprecher. „Seit Dienstag werden Ausnahmegenehmigungen aber kategorisch abgelehnt.“
Dabei geht es um Ausnahmen vom Nachtflugverbot zwischen 24 und 5 Uhr. In dieser Zeit sind nur bestimmte Regierungs- und Frachtflüge erlaubt. Darüber hinaus kann die Luftfahrtbehörde Ausnahmegenehmigungen für normale Passagierflieger erteilen, wenn sie dafür ausreichende Gründe sieht, etwa Unwetterlagen oder Luftraumsperrungen wegen Drohnenflügen. Die Cyberattacke betrifft diverse europäische Flughäfen und bringt den Flugplan vieler Fluggesellschaften durcheinander.

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Am BER werden Ausnahmegenehmigungen vom Nachtflugverbot nach Einschätzung von Beobachtern deutlich restriktiver erteilt als etwa an den Flughäfen Frankfurt oder München, die ähnliche Nachtflugregelungen haben wie am BER.
Zum jetzigen Zeitpunkt sehe ich keinen Spielraum für eine allgemein großzügigere Auslegung dieser Nachtflugregelungen.
Detlef Tabbert, Infrastrukturminister Brandenburg
Flughafenchefin Aletta von Massenbach hatte zuletzt in einem Interview der „Märkischen Allgemeinen Zeitung“ auf eine kulantere Handhabung der Nachtflugregelung gedrungen und dabei auf andere Flughäfen verwiesen. Auch Berlins Regierender Bürgermeister Kai Wegner (CDU) wünscht sich eine flexiblere Regelung. Der zuständige brandenburgische Minister für Verkehr, Detlef Tabbert (BSW), lehnt das aber entschieden ab. Er sehe „zum jetzigen Zeitpunkt keinen Spielraum für eine allgemein großzügigere Auslegung dieser Regelungen“, sagte er auf Anfrage des Tagesspiegels.
Eine Anfrage an Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) zu diesem Thema blieb ohne Antwort. Wegner will das Thema dem Vernehmen nach beim nächsten Treffen der Landesregierungen ansprechen. Die Aufsicht über die Obere Luftfahrtbehörde wird von beiden Ländern gemeinsam verantwortet.
Mehr Rücksicht auf Passagiere
Die Fluggesellschaft Ryanair hatte sich mehrfach öffentlich beschwert, dass verspätete Flugzeuge nach 24 Uhr keine Landeerlaubnis mehr erhielten und nach Hannover ausweichen mussten, was für die Airline erhebliche Mehrkosten verursacht und die Flugpläne durcheinander bringt.
In solchen Situationen würden die Behörden in München oder Frankfurt am Main, auch mit Rücksicht auf die Passagiere, Ausnahmegenehmigungen erteilen. (mit dpa)
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