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Börse in Frankfurt.

© dpa

Vor Börsenbeginn: Jens Weidmann fordert strengen Umgang mit Frankreich

Bundesbankchef Jens Weidmann fordert einen strengen Umgang der EU-Kommission mit Frankreich, weil das Land seine Defizitgrenze wieder nicht einhalten will. Der Dax liegt am Dienstagmorgen vor Börsenbeginn im Minus.

Von Andreas Oswald

Bundesbankchef Jens Weidmann hat die EU-Kommission zu einem strengen Umgang mit Frankreich aufgefordert. Weidmann verwies laut Reuters am Montagabend in einer Rede in Bielefeld darauf, dass das Land mit der zweitgrößten Volkswirtschaft der Euro-Zone die im Stabilitätspakt vorgeschriebene Defizitgrenze von drei Prozent der Wirtschaftsleistung erst 2017 und nicht schon 2015 einhalten wird. Frankreichs Finanzminister Michel Sapin deutete an, dass seine Regierung die Haushaltspläne doch noch einmal anpassen und damit das Defizit reduzieren könnte. “Wir werden sehen“, antwortete Sapin nach dem Treffen der Euro-Finanzminister in Luxemburg auf eine entsprechende Frage. Bei den Beratungen der Finanzminister der Eurozone in Luxemburg standen weder Frankreich noch das ebenfalls mit Haushaltsproblemen kämpfende Italien offiziell auf der Tagesordnung. Die Eurogruppe werde die Haushaltspläne erst nach den Empfehlungen der EU-Kommission diskutieren, sagte deren Vorsitzender Jeroen Dijsselbloem nach Angaben von Reuters. Der amtierende EU-Wirtschafts- und Währungskommissar Jyrki Katainen sagte, es sei zu früh, um über eine mögliche Zurückweisung der Haushaltspläne durch die Brüsseler Behörde zu spekulieren. Die EU-Staaten sollen ihre Haushaltspläne bis Mitte der Woche in Brüssel vorgelegt haben, die EU-Kommission will die Entwürfe bis Ende des Monats bewerten. Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble sagte zu den französischen Haushaltsplänen: “Meine Zuversicht ist unverändert.“ Weidmann sagte auf dem Unternehmertag Ostwestfalen-Lippe, wenn die Kommission das Verfahren nicht verschärfen wolle, wäre die Glaubwürdigkeit des Regelwerks stark beschädigt. In seiner Rede mit dem Titel “Voraussetzungen für eine stabile Währungsunion“ plädierte er laut Manuskript dafür, die Regeln eng und streng auszulegen, statt Forderungen nach einer flexiblen Auslegung nachzugeben. “Wenn die Regeln nun aber erneut bis aufs Äußerste gedehnt und gestreckt werden, belastet das ihre Glaubwürdigkeit massiv“, warnte Weidmann. Mehrere Vertreter aus der Euro-Zone hatten der Nachrichtenagentur Reuters jüngst gesagt, die EU-Kommission werde die Haushaltspläne der Regierung in Paris voraussichtlich zurückweisen und Ende Oktober die Vorlage eines neuen Budgets für 2015 verlangen. Damit würde die EU-Kommission erstmals von ihrem neuen Recht Gebrauch machen, Änderungen an einem nationalen Etatentwurf zu verlangen. Die Kommission werde auch das Defizitverfahren gegen Frankreich verschärfen, der Regierung zugleich aber wie gefordert zwei weitere Jahre Zeit geben, ihren Haushalt mit den EU-Regeln in Einklang zu bringen. Frankreich hätte eigentlich im vergangenen Jahr sein Haushaltsdefizit unter die Schwelle von drei Prozent bringen müssen. Im Juni 2013 gewährten die EU-Finanzminister der Regierung in Paris wegen der Rezession in Europa aber einen Aufschub bis 2015. Zuletzt erklärte Frankreich jedoch, auch die neue Frist nicht einhalten zu können. Das Defizit werde erst 2017 unter die EU-Grenze sinken.

Der Dax steht vorbörslich unter Druck

Der deutsche Leitindex Dax steht am Dienstagmorgen vorbörslich im Minus. Hintergrund sind die US-Börsen, die am Vorabend am Schluss plötzlich stark abgefallen waren.

Der Dow Jones Industrial konnte seine zwischenzeitlichen Gewinne nicht halten und schloss 1,35 Prozent schwächer bei 16 321,07 Punkten - das war der tiefste Stand seit fast einem halben Jahr. Bereits vergangene Woche hatte der Leitindex mit einem Minus von per saldo knapp drei Prozent seinen bisherigen Jahresgewinn eingebüßt. Der marktbreite S&P-500-Index sank am Montag um 1,65 Prozent auf 1874,74 Punkte und rutschte damit unter die charttechnisch viel beachtete 200-Tage-Linie, während der Technologiewerte-Index Nasdaq 100 um 1,62 Prozent auf 3808,00 Punkte nachgab. Die Frage ist, ob nach den enttäuschenden Ausblicken auf die Weltkonjunktur die Börsen weiter auf Talfahrt gehen. Vor allem das Ende der Anleihekäufe durch die US-Notenbank Fed sowie Zweifel an der Wirksamkeit geldpolitischer Maßnahmen könnten die Volatilität an den Märkten weiter erhöhen. Die lockere Geldpolitik hatte vor allem in den USA dazu geführt, dass die Unternehmen in hohem Maß Geld gehortet und eigene Aktien zurückgekauft haben, statt das Geld in neue Produkte zu investieren. Diese Rückkäufe sind ein Grund für den starken Anstieg der Kurse in den vergangenen Jahren.

Die Berichtssaison könnte positive Überraschungen bieten

In den kommenden Tagen nimmt die Berichtssaison Fahrt auf - dann legen etliche Firmen insbesondere aus dem Finanz- und Technologiesektor Zahlen vor. Die Fusionswelle dürfte den US-Investmentbanken im eigentlich schwächeren Sommerquartal Geld in die Kassen gespült haben, glaubt LBBW-Analyst Berndt Fernow laut dpa. Er hält positive Überraschungen für möglich. Die Geschäftszahlen von General Electric (GE) dürften ebenfalls für Aufmerksamkeit sorgen, gilt der Mischkonzern wegen seiner breiten Aufstellung doch als Gradmesser für den Zustand der US-Wirtschaft.

In der Erdgas-Branche zogen Übernahmeaktivitäten die Blicke der Anleger bereits zum Wochenstart auf sich. Für die Aktien von Targa Resources Partners und Targa Resources Corp. ging es nach dem angekündigten Kauf von Atlas Energy und Atlas Pipeline Partners um 7,42 beziehungsweise 10,39 Prozent bergab. Dagegen zogen die Kurse der beiden Übernahmeziele um 14,93 und 1,28 Prozent an.
Der neu geformte transatlantische Autoriese Fiat Chrysler Automobiles startete verhalten in seinen ersten Börsentag. Die Aktien schlossen in New York nach Anfangsgewinnen bei 8,92 Dollar, was einen Abschlag von 0,89 Prozent zum Ausgabekurs von 9,00 Dollar bedeutete.
Im Technologiesektor verloren die Papiere von Apple  trotz guter Nachrichten 0,91 Prozent. Der Audio-Spezialist Bose und der inzwischen von dem Computerkonzern übernommene Kopfhörer-Anbieter Beats legten ihren Patentstreit bei. Sie beantragten vor Gericht die Einstellung des Verfahrens, wie aus am Wochenende veröffentlichten Unterlagen hervorgeht. Technologiewerte waren in der vergangenen Woche besonders stark unter Druck geraten, nachdem der Chipkonzern Microchip Technology vor einer Korrektur in der Halbleiterbranche gewarnt hatte.
Der Euro blieb im New Yorker Handel in der Gewinnzone. Zuletzt präsentierte sich die Gemeinschaftswährung bei 1,2731 US-Dollar etwas über dem Referenzkurs von 1,2679 (Freitag: 1,2638) Dollar, den die Europäische Zentralbank (EZB) festgelegt hatte. (mit Reuters und dpa)

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