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Große Augen. Börsenhändler scheinen von der Einigung überrascht worden zu sein.Foto: dpa

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Ärger über geplante Steuer: Frankwut am Main

Böses Blut bei den Börsenbrokern: Der führende deutsche Finanzplatz zeigt sich entsetzt über die geplante Finanztransaktionssteuer. Viele fürchten, dass die Geschäfte künftig anderswo abgewickelt werden.

Das Urteil von Börsianern, Händlern, Anlegerschützern und Fondsmanagern ist einmütig vernichtend. Die von der Koalition in Berlin beschlossene Finanztransaktionssteuer, die in Frankfurt kurz FTT (für Financial Transaction Tax) genannt wird, sei in dieser Form ein Irrweg. Zum einen, so heißt es am wichtigsten deutschen Finanzplatz, werde sie bei Weitem nicht die Einnahmen bringen, die man sich erhoffe, weil viele Akteure ihre Geschäfte nach London oder an die Börse in New York verlagern. Zum anderen, weil die Kosten aus der FTT, die in Deutschland anfallen, an Anleger und Unternehmen weitergereicht werden. „Den allergrößten Teil der Zeche zahlen Kleinanleger und mittelständische Firmen“, sagt Börsenhändler Oliver Roth von CloseBrothersSeydler. Wobei sich Finanzexperten in Frankfurt nicht gegen Regulierung wenden. „Statt die Steuer einzuführen, sollte man den Hochfrequenzhandel und komplizierte strukturierte Produkte verbieten. Das braucht kein Mensch“, ärgert sich Fidel Helmer vom Bankhaus Hauck&Aufhäuser.

Über Zocker und Spekulanten ist man auch bei seriösen Börsianern, beim Bundesverband Investment und Assetmanagement (BVI) oder beim Deutschen Aktieninstitut (DAI) nicht glücklich. Sie mit der FTT in die Schranken zu verweisen werde aber nicht gelingen. „Allein die Verwaltungsaufwendungen werden höher sein als die Einnahmen“, glaubt Helmer. „Die Ziele der FTT sind unrealistisch, sowohl mit Blick auf die Einnahmen als auch mit Blick darauf, die Finanzmärkte zu stabilisieren“, sagt DAI-Sprecher Norbert Kuhn. In Frankfurt verweist man auf Erfahrungen in Schweden in den achtziger Jahren. Bei der erhobenen FTT hatte man dort mit jährlichen Einnahmen von umgerechnet etwa 165 Millionen Euro kalkuliert. Tatsächlich waren es nur zwischen 5,5 und knapp neun Millionen. Auch hierzulande werde es entgegen den Erwartungen in Berlin „sicherlich kein zweistelliger Milliarden-Betrag“ sein, sagt Börsenhändler Roth.

"In New York knallen schon die Sektkorken!"

Das liege daran, dass viel Geschäft – unabhängig davon ob der Steuersatz 0,1 oder 0,001 Prozent betrage – nach London und New York abwandern wird. „Dort knallen schon die Sektkorken“, sagt Roth. Ähnlich sieht man es beim DAI. Von „populistischem Aktionismus, der wenig Gutes bewirkt“, spricht DAI-Chef Rüdiger von Rosen. „Eine FTT ist grundsätzlich kontraproduktiv. Sie trifft vor allem Privatanleger und Unternehmen der Realwirtschaft – genau das Gegenteil des Gewünschten.“ Das, heißt es in Frankfurt, sei Kleinanlegern und Unternehmen nicht klar. Wenn eine Firma etwa das Währungsrisiko eines Geschäftes über 100 000 Euro absichern wolle, falle die FTT nicht nur auf den Preis der Absicherung an, sondern auf den Gesamtwert des Geschäftes. Da auch die Bank wiederum ihre Position für die Gewährung der Absicherung absichern müsse, ergebe sich durch einen Kaskadeneffekt ein Mehrfaches der eigentlichen Steuer, die von den Banken abgewälzt werde.

Für Investmentfondssparer ergebe sich eine doppelte Belastung, heißt es in der Branche. Zum einen falle die FTT beim Kauf von Fondsanteilen an, zum anderen wird jeder Kauf und Verkauf, den der Fondsmanager tätigt, belastet. Einer Studie von Union-Investment zufolge muss ein durchschnittlicher Riester-Fondssparer bei einem monatlichen Sparbetrag von 100 Euro und einer durchschnittlichen Jahresrendite von fünf Prozent während der 40-jährigen Sparphase mehr als 14 000 Euro für die FTT zahlen. Statt 148 856 Euro blieben ihm am Ende nur 134 652 Euro. „Das ist ein Schlag in das Gesicht derjenigen, die langfristig sparen und als Steuerzahler sowieso schon die Kosten der Krise tragen“, sagt Union Investment-Chef Hans-Joachim Reinke.

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