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STANDPUNKT: Fusion muss sein „Cluster stützen die vorhandenen Stärken der Region“

Günter Stock, Vorsitzender der Aufsichtsgremien von Berlin Partner und Technologiestiftung, plädiert für „Kooperation und Integration“ Mit der geplanten Zusammenführung der Technologiestiftung GmbH und der Berlin Partner GmbH hat die vormalige Senatorin für Wirtschaft, Technologie und Forschung einen Anstoß gegeben, der nicht nur in der Sache richtig ist, sondern auch seit langem gefordert wurde. Es gibt Weichenstellungen, die für die Region von Bedeutung sind: Strategisch war es von außerordentlicher Wichtigkeit, die Entwicklung Berlins nach der Wiedervereinigung gezielt zu einer Wissenschaftsmetropole und auch nach Schwerpunkten ausgerichtet aufzubauen.

Günter Stock

, Vorsitzender der Aufsichtsgremien von Berlin Partner und Technologiestiftung,

plädiert für „Kooperation und Integration“

Mit der geplanten Zusammenführung der Technologiestiftung GmbH und der Berlin Partner GmbH hat die vormalige Senatorin für Wirtschaft, Technologie und Forschung einen Anstoß gegeben, der nicht nur in der Sache richtig ist, sondern auch seit langem gefordert wurde. Es gibt Weichenstellungen, die für die Region von Bedeutung sind: Strategisch war es von außerordentlicher Wichtigkeit, die Entwicklung Berlins nach der Wiedervereinigung gezielt zu einer Wissenschaftsmetropole und auch nach Schwerpunkten ausgerichtet aufzubauen. Aus Wissen Wirtschaft zu machen, war die Hoffnung und auch die Aufgabe.

Organisatorisch war die Gründung der Technologiestiftung in den 1990er Jahren zur Technologieförderung auf ausgewählten Feldern eine richtige Entscheidung ebenso wie die später erfolgte Gründung von Berlin Partner, der die Bestandspflege, also die Betreuung vorhandener Firmen, zusammen mit der Ansiedlung neuer Firmen, anvertraut wurde. Politisch waren die Weichenstellungen zu einer erhöhten Gemeinsamkeit in der Technologie- und Wirtschaftsförderung von Berlin und Brandenburg eine richtige Anstrengung. Wirtschaftlich waren wir in den 1990er Jahren in Berlin sehr erfolgreich. Bis in die 2000er Jahre hinein gab es einen regelrechten Boom an Gründungen für Biotechnologie und medizintechnische Firmen, und auch heute haben wir einen soliden Sockel von 80 bis 100 Neugründungen pro Jahr. Hier allerdings sind die vielen, mehrere hundert jährlich gegründeten IT-Firmen nicht eingerechnet.

Zu den großen Herausforderungen gehören Bildung und Ausbildung. Berlin ist auf diesem Sektor außerordentlich aktiv und mit über 150 000 Studenten gehören wir zu den großen Ausbildungsmetropolen. Ein Problem ist, dass wir noch zu viele junge Menschen nicht hinreichend effizient mitnehmen. Das heißt, wir müssen unseren Reichtum an Fachhochschulen und Universitäten, aber auch an weiterführenden Schulen, Grundschulen bis hin zum Kindergarten in einer Weise optimieren, dass eine lückenlose Bildungskette entsteht, die möglichst alle Kinder mit einbezieht und befähigt, einen Beruf zu erlernen.

Die zweite große Herausforderung betrifft die Forschung. Unsere Region ist mit Forschungsinstitutionen außerordentlich gut ausgestattet. Die finanziellen Mittel, die von der Deutschen Forschungsgemeinschaft vorwiegend für Grundlagenforschung in die Stadt kommen, sind beträchtlich. Berlin ist seit kurzer Zeit vor München die Nummer 1 in der Bundesrepublik. Wenn man die Summe der Mittel betrachtet, die aus den Bundesministerien und aus der EU nach Berlin gelangen, so steht Berlin mit deutlichem Abstand zu den Ländern Baden-Württemberg, Bayern und Nordrhein-Westfalen auf der vierten Position. Hier gibt es einen erheblichen Nachholbedarf. Wenn wir uns in Berlin dazu verständigen könnten, weniger die Abgrenzung und differenzierende Profilierung zu betonen, sondern mehr in die Suche nach komplementären Fähigkeiten investieren würden, könnte Abhilfe geschaffen werden. Hierfür Anreize zu schaffen, muss unser Ziel sein. Das aktuelle Beispiel einer solchen Komplementarität ist die geplante Zusammenführung der Charité und des Max-Delbrück-Centrums. Hier hat Berlin eine historische Chance, einen großen weltweit sichtbaren und bekannten Standort für medizinische Forschung und Versorgung zu schaffen.

Alles in allem werden in Berlin 60 Prozent der Forschungsgelder von der öffentlichen Hand und nur 40 Prozent vom privaten Sektor finanziert. In der Bundesrepublik insgesamt werden dagegen 70 Prozent von Unternehmen und 30 Prozent von staatlicher Seite gedeckt. Es muss ein Ziel sein, unser heutiges Verhältnis mindestens umzukehren. Passt dazu unsere Clusterstrategie richtig? Betrachtet man die F&E-Ausgaben, sieht man sehr deutlich, dass die Bereiche der Cluster IT/Kommunikation, Gesundheit und Energie relativ gut abgedeckt sind, während bei den anderen Clustern durchaus noch Nachholbedarf besteht. Und wenn man die Zahl der Firmengründungen, die Zahl der beschäftigten Menschen und den Umsatz in den entsprechenden Geschäftsfeldern betrachtet, wird deutlich, dass wir für alle Cluster gute Gründe haben, diese weiter auszubauen.

Die Clusterstrategie unterstützt die in der Region vorhandenen Stärken und hilft, eine durchgängige Wertschöpfungskette zu bauen. Der Unterschied der Clusterstrategie zur alten Kompetenzfeldstrategie bestand dabei darin, dass die Kompetenzfeldstrategie eine Technologiestrategie war, während die Clusterstrategie bedeutet, Kompetenzfelder zusammenzuführen und die Wertschöpfungskette von der Idee zum Produkt zu unterstützen: Der Transfer von Wissenschaft in Wirtschaft, die Überführung von Inventionen in Innovationen oder die Umwandlung von Technologie zu Wirtschaftsgütern.

Dies sind die Argumente, warum es von zentraler Bedeutung ist, die Prozesse, die entlang einer Wertschöpfungskette organisiert werden, barrierefrei zu gestalten, aber auch die Unterstützungsmaßnahmen und Organisationen, die diesen Prozess eng begleiten, barrierefrei miteinander zu verknüpfen. Wer Cluster will, muss diese nahtlose Unterstützung der Technologie- und Wirtschaftsentwicklung ebenfalls unterstützen und hierzu ist die Zusammenführung der beiden GmbHs, die Expertise der Technologiestiftung und die Expertise der Berlin Partner, von zentraler Bedeutung. Die Form folgt der Funktion. Zentrale Aufgaben für die neue Organisationsform der Technologie- und Wirtschaftsförderung sind die folgenden:

1. Wir brauchen einen rollierenden Strategieprozess darüber, was wir im Bereich von Wissenschaft und Wirtschaft in Berlin lang-, mittel- und kurzfristig wollen – unterlegt mit Umsetzungsplänen. Neu sollte sein, dass der Anspruch darin besteht aufzuhören, viele parallele Strategieprozesse in der Stadt zu führen und stattdessen einen koordinierten Strategieprozess unter Führung dieser neuen Organisation zu initiieren.

2. Dies wird auch dazu führen, dass wir endlich eine einheitliche Außendarstellung von Berlin bekommen. Es muss deutlich werden, dass der Wissenschaftsstandort, der Kreativstandort mit hoher Lebensqualität und der Wirtschaftsstandort großartige Aspekte ein und derselben Stadt sind.

3. Wir brauchen eine glaubhaft unterlegte Kultur des PPP nicht nur im klassischen Sinn des Public Private Partnership, denn PPP heißt auch Public Public Partnership (siehe Charité und Max- Delbrück-Centrum). Es heißt aber auch Private Private Partnership. Solche Prozesse kreativ zu initiieren, mitzugestalten, Kooperationsbemühungen professionell zu unterstützen und zu begleiten, ist Aufgabe einer modernen Innovationsagentur. Und schließlich sollte die Einwerbung von Geldern außerhalb der Berliner Finanzierungsmöglichkeiten noch optimiert werden.

Die Vermeidung und Reduktion von bürokratischen Hürden wird der Pflege unseres gemeinsamen Ziels mehr dienen als institutionelle Egoismen. Hieran gilt es beherzter noch als bisher zu arbeiten. Kooperation und Integration sind die Stichworte, die uns in die Zukunft führen.

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