Wirtschaft: Gesundheitsreform: Grüne wollen mehr Einnahmen für Kassen
Der Vorstoß der Grünen, die Beitragsbemessungsgrenze in der Krankenversicherung heraufzusetzen, ist am Donnerstag auf Kritik gestoßen. Dies sei der falsche Weg, die Finanzmisere der gesetzlichen Krankenkassen zu lösen, hieß es beim AOK-Bundesverband.
Der Vorstoß der Grünen, die Beitragsbemessungsgrenze in der Krankenversicherung heraufzusetzen, ist am Donnerstag auf Kritik gestoßen. Dies sei der falsche Weg, die Finanzmisere der gesetzlichen Krankenkassen zu lösen, hieß es beim AOK-Bundesverband. Statt die Einnahmen zu erhöhen, wäre es sinnvoller, endlich die Ausgabenseite in den Griff zu bekommen. Sonst bestehe die Gefahr, dass die Mehreinnahmen verpulvert werden, warnte Verbandssprecher Rainer Eikel. Auch die privaten Krankenversicherer haben sich gegen eine Heraufsetzung der Beitragsbemessungsgrenze von derzeit 3375 Euro ausgesprochen. Sowohl die Beitragsbemessungsgrenze, die festlegt, bis zu welcher Höhe man für sein Einkommen Krankenkassenbeiträge zahlt, als auch die Versicherungspflichtgrenze, die darüber entscheidet, ob jemand in der gesetzlichen Kasse pflichtversichert, sollten in gleicher Höhe erhalten bleiben, sagte die stellvertretende Geschäftsführerin des Verbandes der privaten Krankenversicherung (PKV), Sybille Sahmer. Alles andere brächte unnötige Unruhe.
Angesichts der Finanzmisere der Krankenkassen hatte die Parlamentarische Geschäftsführerin der Grünen, Katrin Göring-Eckardt, eine Erhöhung der Beitragsbemessungsgrenze auf 4500 Euro gefordert. Außerdem sollen auch Einkünfte aus Immobilien- und Kapitalvermögen der Beitrags-pflicht unterworfen werden. Die Sozialversicherungen sollten außerdem zu einer Bürgerversicherung ausgebaut werden, in die auch Beamte und Selbstständige eingebunden werden. Ziel sei es, den gesetzlichen Kassen mehr Einnahmen zu verschaffen, um so die Beitragssätze senken zu können.
Die Vorschläge der Grünen stoßen dagegen beim Expertenkreis SPD-naher Wissenschaftler auf Sympathie. "Wir plädieren dafür, die Beitragsbemessungsgrenzen anzuheben und die Beitragspflicht zu verbreitern. Auf eine konkrete Größenordnung haben wir uns aber noch nicht festgelegt", sagte der Kölner Gesundheitsökonom Karl Lauterbach dieser Zeitung. Außerdem fordern die Wissenschaftler, auch andere Einkommensarten zu berücksichtigen. "Dazu gehören etwa Zinseinkünfte oder Mieteinnahmen", sagte Lauterbach, der als Mitglied des Sachverständigenrates Gesundheitsministerin Ulla Schmidt berät. Außerdem könne man die Gesundheitskosten senken, indem man versicherungsfremde Leistungen umfinanziere - etwa indem künftig das Mutterschaftsgeld aus Steuergeldern und nicht von den Kassen gezahlt werde.
Dagegen will Gesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD) zwar die Versicherungspflichtgrenze erhöhen, nicht aber die Beitragsbemessungsgrenze. Aus Sicht der privaten Krankenkassen wäre das die schlechteste Lösung - für beide Systeme. Denn ein solches Auseinanderklaffen würde nicht nur eine Ungleichheit in der gesetzlichen Krankenversicherung selbst schaffen, die Erhöhung der Versicherungspflichtgrenze würde den Privaten den Nachschub an neuen Versicherten abschneiden. "Durch den Ausfall der PKV wird das Demographieproblem der gesetzlichen Krankenversicherung noch größer", sagte PKV-Verbandsdirektor Christoph Uleer. Denn schon jetzt seien proportional mehr Rentner privat versichert als gesetzlich. Uleer befürchtet, dass nach einer Anhebung der Pflichtgrenze Hunderttausende Versicherte, die dann unter die Grenze rutschen, von ihrem Wahlrecht Gebrauch machen werden und in die gesetzlichen Kassen zurückkehren - vor allem kinderreiche Familien. Das werde die gesetzlichen Kassen belasten.
hej, ce