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Wurde vom Aufsichtsrat zur neuen Bahnchefin berufen: die bisherige Regionalverkehrsvorständin Evelyn Palla.

© Andreas Gora/dpa

Gewerkschaft konnte Wechsel nicht verhindern: Aufsichtsrat wählt Evelyn Palla mit einfacher Mehrheit zur neuen Bahnchefin

Bundesverkehrsminister Schnieder setzt auf neue Köpfe und eine neue Strategie bei der Bahn. Ein Fehlstart für Evelyn Palla bleibt aus. Doch die Personalie Dirk Rompf sorgt weiter für Ungewissheit.

Stand:

Evelyn Palla ist vom Aufsichtsrat der Deutschen Bahn zur neuen Chefin des Konzerns berufen worden. Die Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft EVG hatte im Voraus angekündigt, gegen die Südtirolerin stimmen zu wollen.

Da Palla bereits als Chefin für den Regionalverkehr bereits Mitglied des Vorstands ist und ihr Vertrag nun lediglich geändert wurde, war für ihre Wahl zur Bahnchefin nun im ersten Wahlgang statt einer Zweidrittelmehrheit nur eine einfache Mehrheit nötig.

Die EVG konnte den Wechsel an der Konzernspitze damit nicht verhindern. Nach Tagesspiegel-Informationen stimmte aber auch mindestens ein EVG-Mitglied für Palla.

Die Gewerkschaft hält Palla als Bahnchefin für geeignet. Dass die Mehrheit der Gewerkschaftsmitglieder nicht für Palla stimmte, liegt an der Personalie Dirk Rompf. Ihn will Verkehrsminister Patrick Schnieder (CDU) zum neuen Chef der Infrastruktursparte DB InfraGO machen. Die EVG will das verhindern.

Mit der teilweisen Ablehnung von Palla im Bahnaufsichtsrat wollte die Bahngewerkschaft signalisieren, dass sie das von Schnieder vorgeschlagene Personaltableau wegen Rompf insgesamt ablehne, wie es EVG-Chef Martin Burkert am Montag ausdrückte.

Denn Rompf ist bei der Bahn kein Unbekannter: Er war Netz-Chef unter dem damaligen Konzernvorstand Ronald Pofalla. In dieser Zeit verfiel die Infrastruktur zunehmend, weil zu wenig Geld in den Erhalt investiert wurde.

Dirk Rompf nimmt an der Vorstellung der neuen Bahn-Strategie teil.

© dpa/Andreas Gora

Rompf sei in seiner Zeit als Vorstandsvorsitzender der DB Netz „nicht aufgefallen – auch nicht positiv aufgefallen, im Gegenteil. Er hat das Spardiktat massiv durchgezogen und ist mitverantwortlich, dass die Infrastruktur in so einem Zustand ist“, sagte Burkert.

Rompf muss vom Aufsichtsrat der DB InfraGo berufen werden, die Sitzung steht in den nächsten Wochen an. Die EVG rechnet sich gute Chancen aus, diese Berufung verhindern zu können.

EVG-Chef Martin Burkert geht davon aus, dass für den Manager keine einfache Mehrheit zustande kommen wird, weil auch Vertreter der Arbeitgeberseite im Aufsichtsrat gegen ihn stimmen könnte. Konkret könnte etwa der Vertreter des SPD-geführten Finanzministeriums gegen Rompf stimmen.

Sollte Rompf tatsächlich im InfraGo-Aufsichtsrat durchfallen, wäre das auch eine schwere Beschädigung von Minister Schnieder. Dem Vernehmen nach überraschte Schnieder die Branche, die EVG und die Sozialdemokraten mit der Präsentation Rompfs – und löste damit Unverständnis und Kritik statt Zuversicht für den Neustart aus.

Verkehrsminister fordert bei Bahn mehr Zuverlässigkeit

Am Dienstag zeigte sich Schnieder zunächst erleichtert über die Berufung von Evelyn Palla. „Ich freue mich über die Bestellung von Frau Palla zur neuen Vorstandsvorsitzenden der DB AG und wünsche ihr viel Erfolg“, sagte der CDU-Politiker. Palla sei eine exzellente Wahl. „Ich bin davon überzeugt, dass sie die Bahn besser aufstellen und gut durch schwierige Zeiten führen wird.“

Palla wird ihre neue Aufgabe dem Vernehmen nach am 1. Oktober beginnen. Die bisherige Chefin der Regionalverkehrssparte der Deutschen Bahn, DB Regio, wird nun Nachfolgerin von Richard Lutz, der den Konzern fast acht Jahre lang führte, zuletzt aber keine Trendwende mehr einleiten konnte.

Palla muss sich bei ihrer Arbeit künftig an der neuen Strategie des Bundes orientieren, die Bundesverkehrsminister Patrick Schnieder (CDU) am Montag vorgestellt hat. Der Fokus liegt darin auf mehr Zuverlässigkeit, mehr Sicherheit und mehr Sauberkeit. Mit drei Sofortprogrammen soll zum Beispiel schon im kommenden Jahr der Komfort für Reisende im Fernverkehr verbessert werden.

Mit Blick auf die marode Infrastruktur hält der Bund am Konzept der sogenannten Generalsanierungen fest, mit denen bis 2036 rund 40 besonders wichtige und belastete Strecken von Grund auf modernisiert werden sollen. Schnieder will zudem dafür sorgen, dass die für die Infrastruktur zuständige DB InfraGo eigenständiger und unabhängiger vom Gesamtkonzern agieren kann.

Pünktlichkeitsziele im Fernverkehr werden deutlich gesenkt

Die Pünktlichkeitsziele für die Züge des Fernverkehrs wurden dagegen gesenkt. Nach Vorstellung des Bundes sollen bis Ende 2029 mindestens 70 Prozent der ICE- und IC-Züge pünktlich unterwegs sein. Die Bahn selbst hatte sich dieses Ziel bereits für das kommende Jahr gesetzt - Schnieder hält das für „jenseits aller Realität“. Im ersten Halbjahr war mehr als ein Drittel der Fernzüge der Bahn unpünktlich unterwegs.

Mittelfristig soll die Quote laut Verkehrsministerium bei mindestens 80 Prozent liegen, langfristig bei mindestens 90 Prozent. Im Nahverkehr soll die Pünktlichkeit dauerhaft mehr als 90 Prozent betragen. Ein konkreter Zeitraum für diese Ziele geht aus der Strategie nicht hervor. (csg/dpa)

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