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Streik bei Lufthansa: Gewerkschaften: Konkurrenz um die Kollegen

Das Lufthansa-Kabinenpersonal bereitet sich auf Streik vor – und Ex-Lokführerchef Manfred Schell warnt vor der Gewerkschaftskonkurrenz. Mit Verdi könnte es Ärger geben.

Das Kabinenpersonal bei der Lufthansa bereitet sich auf einen Arbeitskampf vor, seit Anfang der Woche stimmen die Mitglieder der Flugbegleitergewerkschaft Ufo über einen Streik ab. Und Deutschlands bekanntester Streikführer sendet seine solidarischen Grüße. Manfred Schell, Ex-Chef der Lokführergewerkschaft GDL und Kopf des Bahnstreiks 2007, wünscht den 16.000 Stewards und Stewardessen bei der Lufthansa viel Glück. Von den 16.000 hat Ufo nach eigenen Angaben 70 Prozent organisiert. „Mehr als 98 Prozent der bisher ausgezählten Stimmen haben für Streik votiert“, sagte Ufo-Verhandlungsführer Joachim Müller dem Tagesspiegel. Ufo will insgesamt 15 Prozent mehr Lohn, die Lufthansa maximal zehn Prozent geben.

Manfred Schell, 65 Jahre alt und bis 2010 Vorsitzender der Autonomen Lokführergewerkschaften Europas, warnt derweil nicht nur vor dem Arbeitgeber, sondern auch der Gewerkschaftskonkurrenz. Denn in der Luftfahrt mischen neben Ufo noch zwei weitere Gewerkschaften mit. Vor allem ein Großteil der 34.000 Mitarbeiter am Boden dürfte Verdi, Mitglied im Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB), angehören. Für das Bodenpersonal an den Berliner Flughäfen sind die Tarifverhandlungen am Freitag gescheitert. Verdi ruft zur Urabstimmung. Die Piloten wiederum vertritt die Vereinigung Cockpit.

"Verdi war eine Notgeburt"

„Andere Fluglinien und Verdi werden versuchen, Ufo so weit wie möglich rauszuhalten“, sagte Schell dem Tagesspiegel. Er selber habe bei der Bahn erlebt, wie die dortige DGB-Gewerkschaft Transnet versucht habe, die GDL als autonome Gewerkschaft zu verdrängen.

Bei Air Berlin, der zweitgrößten deutschen Fluglinie, werden die Stewardessen von Verdi vertreten. „Arbeitgeber und Verdi wollen uns da draußen halten“, sagte Ufo-Mann Müller. Die Kabinengewerkschaft wolle weiter Mitglieder werben, und dann ihre Anerkennung als Tarifpartner bei Air Berlin erstreiken.

Schell zufolge identifizierten sich die Mitglieder von Verdi nur schwer mit ihrer Gewerkschaft, die mehr als 2,2 Millionen Mitglieder aus 1000 Berufen in ihren Reihen hat. „Verdi war ohnehin schon eine Notgeburt“, sagte Schell mit Blick auf die Verschmelzung von fünf Gewerkschaften 2001 zu Verdi. Was habe ein Straßenbahnfahrer mit einem Postbeamten gemeinsam? „In Berlin und München treten uns Ex-Verdi-Leute aus dem Nahverkehr bei“, sagte Schell dem Tagesspiegel. Noch sind schätzungsweise 80 Prozent der Berliner Bus- und U-Bahnfahrer bei Verdi, die GDL will aber weitere Kollegen für sich gewinnen.

Auch im öffentlichen Dienst, einer Verdi-Hochburg, wildern kleinere Fachgewerkschaften, die wie die GDL häufig dem Beamtenbund angehören. Der gewinnt vor allem unter Angestellten seit Jahren neue Mitglieder und vereint inzwischen 1,28 Millionen Arbeitnehmer.

Den Beschäftigten bei der Lufthansa stehe auch wegen der Wirtschaftskrise eine schwere Tarifrunde bevor. „Die Leute werden zu den Streikenden sagen: Habt ihr keine anderen Sorgen?“, sagte Schell. Auch seine GDL hätte heute einen schweren Stand. Hannes Heine

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