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Arbeitnehmerverbände: Gewerkschaften stoppen Schwund

Die Arbeitnehmerverbände haben wieder Zulauf und halten ihre Mitglieder - im Gegensatz zum Vorjahr. Mehr Geld haben sie auch, bleiben aber bei einer vorsichtigen Anlagepolitik.

Berlin - Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) hat seinen jahrelangen Mitgliederschwund nahezu gestoppt. Nach Tagesspiegel-Recherchen verzeichnet neben der IG Metall auch die zweitgrößte DGB-Gewerkschaft Verdi nur wenige Abgänge, die Lehrergewerkschaft GEW konnte 2008 gar mehr Mitglieder gewinnen als verlieren: 251 800 Menschen – 1,8 Prozent plus – vereint die GEW nun.

Zum ersten Mal seit Mitte der 90er Jahre hat die IG Metall ihren Mitgliederschwund fast gestoppt. „Wir haben jetzt die Kehrtwende“, sagte IG-Metall-Chef Berthold Huber am Freitag in Frankfurt am Main. Durch verstorbene Mitglieder sei die Gewerkschaft um 0,2 Prozent auf mehr als 2,3 Millionen geschrumpft. Ansonsten seien 2008 fast 16 000 Arbeitnehmer mehr ein- als ausgetreten.

Ihre Beitragseinnahmen konnte die Gewerkschaft um 13 Millionen auf 443 Millionen Euro steigern. Davon werden 15 Prozent den Rücklagen zugeführt, über deren Höhe Hauptkassierer Bertin Eichler schweigt, um keinen Rückschluss auf die Streikkasse zuzulassen. „Wir verfolgen eine vorsichtige Anlagepolitik. Nur etwa ein Prozent unseres Geldes steckt in Aktien“, sagte Eichler. 2008 habe man fast fünf Prozent Rendite erreicht. Auf die Krise sei man also gut vorbereitet. Die aktuelle Lage in den Unternehmen sei jedoch heikel. „Die Aufträge in der Elektro- und Metallindustrie sind dramatisch eingebrochen“, sagte Huber. Unter allen Umständen gelte es, Entlassungen zu vermeiden. Mit dem Konjunkturpaket II, Kurzarbeit und dem Bürgschaftsrahmen der Bundesregierung gebe es dafür eine gute Basis. Huber zufolge müssen sich nun auch Betriebe mit weniger als 100 Beschäftigten Gedanken über Kurzarbeit machen.

Die Gewerkschaft Verdi hat 2008 rund ein Prozent ihrer 2,18 Millionen Mitglieder verloren. Neue Mitglieder konnten in Kommunen und im Nahverkehr gewonnen werden. Nettozuwächse erzielte Verdi in Hessen, während sie im Osten besonders viele Mitglieder verlor. Finanziell geht es bergauf: Die Gewerkschaft erwirtschaftete 2008 bei Einnahmen von 411 Millionen Euro einen Überschuss von fast 15 Millionen Euro.

Stabilisiert hat sich die Gewerkschaft der Polizei, deren Mitgliederzahl nach eigenen Angaben nur um 0,3 Prozent auf 167 923 sank. Bei der Nahrungsmittel-Gewerkschaft NGG ging sie 2008 um ein Prozent auf 205 795 zurück. „Wir konnten aber mehr Beitragsgelder einnehmen, weil die Neuzugänge hauptsächlich aktive Arbeitnehmer sind“, sagte Holger Kloft von der NGG.

Eine ähnliche Entwicklung gibt es bei der Chemiegewerkschaft IG BCE: Zwar sei die Zahl um 12 200 auf 701 053 zurückgegangen, das sei aber überwiegend auf altersbedingte Todesfälle zurückzuführen. Stolz sei man über die Quote bei Lehrlingen: Im aktuellen Ausbildungsjahr seien bereits 60 Prozent Mitglied.

Einzig bei der Bahngewerkschaft Transnet sank die Zahl der Mitglieder deutlich um 4,9 Prozent auf 227 690. Der Wechsel von Ex-Transnet-Chef Norbert Hansen an die Spitze der Bahn war in der Gewerkschaft unpopulär, hieß es. Außerdem seien viele ältere Mitglieder verstorben.Hannes Heine/Rolf Obertreis

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