Wirtschaft: Große Koalition von Bund und Land verspricht Hilfe für Ammendorf
Bombardier lässt sich von der Schließung des Werkes in Halle nicht abbringen – nun suchen Sachsen-Anhalt und der Bund verzweifelt neue Investoren für den Standort
Berlin (hop). Für den Erhalt der Waggonfabrik von Bombardier in HalleAmmendorf gibt es keine Chancen mehr. „Wir haben keine Möglichkeit, die Schließungsabsicht zu revidieren“, sagte am Freitag ein Sprecher des kanadischen Unternehmens dem Tagesspiegel. Im Anschluss an ein Krisengespräch zwischen Vertretern des Konzerns, des Landes Sachsen-Anhalt und der Bundesministerien für Verkehr und Wirtschaft hieß es jedoch, jetzt werde nach Wegen gesucht, den Industriestandort Ammendorf zu erhalten. Zugleich demonstrierten Hunderte von Angestellten in Halle für den Erhalt des Werks.
Wolfgang Böhmer (CDU), Ministerpräsident von Sachsen-Anhalt, sagte nach dem Treffen: „Wir können den Erhalt von Ammendorf nicht ertrotzen.“ Jetzt gehe es darum, in den kommenden zwölf bis 15 Monaten eine vernünftige Lösung zu finden. Bundeswirtschaftsminister Wolfgang Clement und Verkehrsminister Manfred Stolpe (beide SPD) hätten Hilfe zugesichert. Unternehmen, die sich für eine Ansiedlung in Sachsen-Anhalt interessieren, sollen einbezogen werden.
Es gab am Freitag aber keine Aussagen dazu, wie die Hilfe vom Bund konkret aussieht. Im Wirtschaftsministerium hieß es lediglich: „Wir versuchen, einen Ersatz für die wegfallenden Arbeitsplätze in der Region zu finden.“ Außerdem werde versucht, eine soziale Absicherung für die betroffenen Mitarbeiter zu erreichen. Und Verkehrsminister Stolpe, der auch für den Aufbau Ost zuständig ist, teilte mit, der Bombardier-Beschluss sei „bedauerlich“. Es sei aber „eine Entscheidung des Unternehmens“, die auch viele Standorte in Europa treffe. Jetzt müsse „die genaue Situation analysiert und dann nach Möglichkeiten für die weitere Entwicklung des Standorts gesucht werden.“
Immerhin gibt es eine gute Nachricht: In Leipzig – in direkter Nachbarschaft von Halle – wird BMW im kommenden Jahr ein neues Werk eröffnen. Der Autobauer sucht noch Mitarbeiter. In der letzten Ausbaustufe sollen 5500 Menschen beschäftigt werden. Bewerbungen aus Ammendorf seien willkommen, hieß es. Allerdings werde es keine Sonderlösung geben. Und mehr als 100000 Bewerbungen sind nach Unternehmensangaben bereits eingegangen.
Rund 800 Mitarbeiter sind davon betroffen, wenn das Werk Ammendorf im kommenden Jahr geschlossen wird. Bombardier begründet seinen Entschluss damit, dass seine Werke in Europa nicht ausreichend ausgelastet seien. Insgesamt macht der Konzern deshalb sieben seiner 35 Werke in Europa dicht. 5700 Arbeitsplätze sollen hier abgebaut werden. Und der Konzern schließt weitere Maßnahmen nicht aus, sollten die bisherigen nicht ausreichen.
Das Werk Ammendorf war seit der Wiedervereinigung schon mehrmals von der Schließung bedroht. Vor dem Fall der Mauer versorgte Ammendorf fast den gesamten Ostblock mit Reisezugwagen. Doch schon 1993 kam der Standort in Schwierigkeiten, weil es Probleme im Russlandgeschäft gab. Schon da machte die Landesregierung Hilfszusagen. 1998 kaufte Bombardier die Deutsche Waggonbau AG und damit auch Ammendorf. Im Jahr 2000 warnte die IG Metall, dem Werk gingen die Aufträge aus. Daraufhin setzte sich wieder die Landesregierung für den Erhalt des Standorts ein. 2002 konnte nur durch eine Intervention von Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) die Schließung verhindert werden. Die Landesregierung kaufte einen Teil des Bombardier-Geländes für einen Gewerbepark, konnte aber bis heute kein größeres Unternehmen gewinnen.
Ein Vertrag zur Standortsicherung zwischen dem Unternehmen und dem Gesamtpersonalrat vom Herbst 2003 hatte schließlich nur kurze Gültigkeit. Wegen anhaltender Schwierigkeiten im Bombardier-Konzern kommt nun das Aus bis Ende 2005.
Bahn bleibt in Nürnberg
Im Gegensatz dazu konnte am Freitag ein bedrohter Standort der Deutschen Bahn gerettet werden. Das ICE-Ausbesserungswerk in Nürnberg bleibe – „ohne Befristung“ – bestehen, sagte Bahnchef Hartmut Mehdorn. Auch ein Verkauf stehe nicht mehr zur Diskussion. Die Bahngewerkschaft Transnet begrüßte den Beschluss. 320 Arbeitsplätze würden so gesichert. Außerdem habe die Bahn zugesagt, dass in Nürnberg auch wieder ausgebildet werde. Die Bahn hatte sich 2001 entschieden, das Werk zu schließen.
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