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Größtes Problem der Unternehmen: Wohnungsmangel blockiert Beschäftigung von Flüchtlingen
Viele Betriebe möchten Geflüchtete einstellen, doch es fehlen Wohnungen und die Verfahren sind zu kompliziert. Das ergab eine Studie der Initiative „Unternehmen integrieren Flüchtlinge“
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Trotz Wirtschaftskrise und steigender Arbeitslosigkeit wollen vier Fünftel der Betriebe, die Geflüchtete einstellen, damit ihren Arbeitskräftebedarf decken. „Daneben ist die Übernahme sozialer Verantwortung mit 72 Prozent weiterhin ein zentraler Beweggrund für die Ausbildung und Beschäftigung Geflüchteter“, heißt es in einer Studie des „Netzwerk Unternehmen integrieren Flüchtlinge“. Eine Befragung bei 374 Unternehmen ergab dabei, dass der Wohnraummangel das größte Problem sei.
Das Netzwerk wurde 2016 als gemeinsame Initiative der Deutschen Industrie- und Handelskammer (DIHK) und des Bundeswirtschaftsministeriums gegründet. Mit aktuell 4400 Mitgliedern ist es der größte Zusammenschluss von Unternehmen, die sich für die Ausbildung und Beschäftigung von Geflüchteten engagieren.
43 Prozent der Betriebe stufen den Wohnraummangel als eine besonders schwierige oder sogar unüberwindbare Herausforderung ein. „Bezahlbarer Wohnraum gilt in vielen Regionen Deutschlands als Mangelware und wird zur kritischen Limitation für Stellenbesetzungen, vor allem wenn ein Wohnortwechsel nötig wird“, heißt es in der Auswertung der Mitgliederbefragung, die dem Tagesspiegel vorliegt.
Auf Platz zwei und drei der größten Hürden liegen die komplizierten Verfahren und Vorschriften zu Aufenthaltsstatus und Arbeitsmarktzugang mit 35 Prozent und die Anerkennung von Abschlüssen (31 Prozent).
Besetzung offener Stellen scheitert an bezahlbarem Wohnraum
Hintergrund für die häufige Nennung dieser Herausforderung könnte nach Einschätzung des Netzwerks sein, dass Unternehmen in den Bereichen Gesundheits- und Sozialwesen, Erziehung und Unterricht einen wesentlichen Anteil (22 Prozent) unter den Befragten ausmachen. „Die dazu zählenden Pflege- und Erziehungsberufe sind reglementiert und die Anerkennung ausländischer Abschlüsse ist für die Ausübung dieser Berufe verpflichtend.“
Das Berliner DIW hatte in einer Integrationsstudie im Februar mehr Schnelligkeit und Flexibilität bei der Anerkennung von Qualifikationen gefordert.
Regionale Wohnheime für Auszubildende bieten wichtige Unterstützung.
Sofie Geisel, Geschäftsführerin der DIHK
DIHK-Geschäftsführerin Sofie Geisel zufolge „hören wir immer häufiger von den Mitgliedern des Netzwerks, dass die Besetzung offener Stellen im letzten Schritt am Mangel an bezahlbarem Wohnraum scheitert“. Einige Betriebe mieteten selbst Wohnraum an und vermieteten ihn günstig weiter oder ließen Wohnungen bauen. Für viele kleinere Firmen sei dies keine Option. „Regionale Wohnheime für Auszubildende bieten hier wichtige Unterstützung“, sagte Geisel.
Die Hälfte der Betriebe kann ihre Ausbildungsplätze nicht vollständig besetzen
67 Prozent der Unternehmen unterstützten die Geflüchteten sowohl bei Behördengängen als auch mit Schulungen und Weiterbildungen. Mehr als die Hälfte der Betriebe ermöglichten zusätzliche Sprachkurse und Nachhilfeunterricht für ihre Auszubildenden.
Bereits 40 Prozent der befragten Unternehmen bilden Personen aus Drittstaaten aus oder befinden sich aktuell im Rekrutierungsprozess. Weitere 17 Prozent erwägen die Ausbildung Geflüchteter, um den Bedarf zu decken. Knapp die Hälfte der Ausbildungsbetriebe kann derzeit ihre Ausbildungsplätze nicht vollständig besetzen.
Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) hatte im Februar eine differenzierte Bilanz der Arbeitsmarktintegration gezogen. Die Erwerbsquote bei schutzsuchenden Männern liege acht Jahre nach ihrer Ankunft bei 86 Prozent. „Allerdings gibt es bei neueren Fluchtkohorten, wie den Ukrainer*innen und bei geflüchteten Frauen insgesamt, noch erhebliches ungenutztes Potenzial.“
So liege die Erwerbsquote der Frauen nach acht Jahren in Deutschland lediglich bei 33 Prozent und bei geflüchteten Ukrainern und Ukrainerinnen bei knapp 35 Prozent. Sprachbarrieren und ein Mangel an Kinderbetreuungsmöglichkeiten seien zentrale Hindernisse der Integration auf dem Arbeitsmarkt, befand das DIW.
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