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Jeder erwachsene Einwohner Hongkongs soll das Geldgeschenk bekommen.

© dpa

Helikoptergeld: Hongkong schenkt jedem Bürger umgerechnet 1180 Euro

Mit der Einmalzahlung will die Sonderverwaltungszone die Wirtschaft stärken. Ökonom Marcel Fratzscher hält das Experiment für effektiv.

Von Carla Neuhaus

Es ist eine radikale Maßnahme. Um die Wirtschaft zu stützen, schenkt die Regierung in Hongkong ihren Bürgern jetzt Geld. Jeder Erwachsene, der einen festen Wohnsitz in der Sonderverwaltungszone hat, soll einmalig 10000 Hongkong-Dollar erhalten – umgerechnet 1180 Euro. Wie die South China Morning Post berichtet, ist das im neuen Haushaltsplan vorgesehen. Hongkongs Finanzsekretär Paul Chan sagte, es müssten „entscheidende Maßnahmen“ ergriffen werden, um die wirtschaftlichen Probleme der Stadt anzugehen. Die Unternehmen haben seit Monaten Schwierigkeiten – erst waren es die Proteste, die ihre Geschäfte belastet haben, nun sind es die Folgen des Coronavirus-Ausbruchs.

Deshalb soll in Hongkong nun erstmals zum Einsatz kommen, worüber Ökonomen seit Jahren streiten: das sogenannte Helikoptergeld. So nennen Experten Zahlungen, die Bürger ohne jegliche Gegenleistung erhalten. Die Hoffnung ist, dass sie das Geld ausgeben und auf diese Weise die Wirtschaft beleben. Ob das jedoch in der Praxis auch gelingt, ist fraglich. Schließlich kann der Staat die Bürger kaum zum Konsum zwingen. Sparen sie aber das geschenkte Geld aber, hat die Regierung Milliarden ausgegeben – ohne jegliche Wirkung.

Fratzscher hält Helikoptergeld als Experiment für effektiv

Auch deshalb ist das Helikoptergeld bis jetzt von keinem Land in Form von Direktzahlungen an die Bürger eingesetzt worden. Die Idee dahinter geht zurück auf den Nobelpreisträger Milton Friedman. Der wollte mit dem Bild des Helikopters, der über der Stadt Geldscheine abwirft, seinen Studenten ursprünglich nur anschaulich machen, wie eine Ausweitung der Geldmenge funktioniert. Seit den neunziger Jahren diskutieren Ökonomen jedoch immer wieder, ob man es nicht doch in der Praxis einsetzen könnte. Der Brüsseler Think Tank Bruegel hat das Helikoptergeld zum Beispiel auch der Europäischen Zentralbank (EZB) empfohlen. Mario Draghi, der noch bis November an der Spitze der EZB saß, sprach von einer „sehr interessanten Idee“.

Auch der frühere EZB-Ökonom Marcel Fratzscher, der heute das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung leitet, kann der Idee etwas abgewinnen: „Helikoptergeld ist ein Experiment, das durchaus effektiv ist, um die Wirtschaft anzukurbeln“, sagte er dem Tagesspiegel. Umsetzbar sei es allerdings lediglich in kleinen Regionen wie Hongkong. „In der Euro-Zone wäre es aufgrund der Größe und der Heterogenität der Währungsunion technisch kaum zu realisieren.“ Selbst wenn es machbar wäre, hält Fratzscher es hierzulande nur „in einer ganz tiefen Krise“ für denkbar. Hongkong ist nun bereit 71,1 Milliarden Hongkong-Dollar (8,4 Milliarden Euro) verteilen. Damit könnten über sieben Millionen Menschen von den Zahlungen ohne Gegenleistung profitieren.

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