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Wirtschaft: Hoffnung auf dem Arbeitsmarkt

BERLIN (Tsp/rtr). Ähnlich wie im gesamten Bundesgebiet ist die Zahl der Arbeitslosen in Berlin und Brandenburg deutlich gesunken.

BERLIN (Tsp/rtr). Ähnlich wie im gesamten Bundesgebiet ist die Zahl der Arbeitslosen in Berlin und Brandenburg deutlich gesunken. Ende Mai gab es in der Region 482 300 Arbeitslose, 10 700 weniger als ein Jahr zuvor. Berlins Arbeitssenatorin Gabriele Schöttler (SPD) sprach von einem "Hoffnungszeichen". Der Präsident der Bundesanstalt für Arbeit, Bernhard Jagoda, sagte unterdessen in Nürnberg, die Entspannung auf dem deutschen Arbeitsmarkt sei noch "kein Anlaß zur Entwarnung". Nach wie vor blieben positive Impulse von der Konjunktur aus.

Jagoda führte den Rückgang der Arbeitslosenzahlen auf 3,998 Millionen - sie lagen damit erstmals seit November 1998 unterhalb der Vier-Millionen-Schwelle - vor allem auf die übliche Frühjahrsbelebung zurück. Zur Verbesserung hätten in erster Linie die Wiedereinstellungen in der Gastronomie und im Außengewerbe beigetragen. Saisonbereinigt sei die Zahl der Arbeitslosen von April auf Mai hingegen um 11 000 gestiegen, weil die Arbeitsmarktpolitik im Mai nicht ausgeweitet werden konnte. Entsprechend vorsichtig blieb er deshalb mit den Prognosen für die nächsten Monate. Er hoffe, daß die Zahlen weiterhin unterhalb der Vier-Millionen-Grenze bleiben. Doch selbst wenn die Konjunktur wie erwartet in der zweiten Jahreshälfte anspringe, werde es noch mindestens bis Ende 1999 dauern, bis der Arbeitsmarkt davon profitiere.

Dagegen zog Jagoda eine positive Bilanz des Sofortprogramms zur Bekämpfung der Jugendarbeitslosigkeit. Das Programm, in dessen Rahmen insgesamt 141 800 Jugendliche eine Maßnahme begonnen hätten, habe dazu beigetragen, daß die Jugendarbeitslosigkeit sich im Mai im Vergleich zum Vorjahresmonat um 12,9 Prozent verringert habe. Als weiter angespannt bezeichnete er dagegen die Lehrstellensituation. Er schätzte, daß im Vergleich zum Vorjahr noch 10 000 zusätzliche Ausbildungsplätze gebraucht würden, um jeden Lehrstellenbewerber eine Stelle anbieten zu können. Ende Mai suchten insgesamt noch 307 900 Jugendliche einen Ausbildungsplatz.

Von der Belebung des Arbeitsmarktes konnte auch Berlin profitieren. Ende Mai gab es nach Angaben des Landesarbeitsamtes 264 300 Arbeitslose, 5100 weniger als vor einem Monat und 8100 weniger als vor einem Jahr. Die Arbeitslosenquote verringerte sich damit um 0,2 Prozentpunkte auf 15,7 Prozent. Vor einem Jahr lag sie bei 16,1 Prozent.

Auch in Brandenburg nahm die Zahl der Arbeitslosen im Mai weiter ab. Ende des Monats waren 218 000 Menschen ohne Job, 3500 weniger als Ende April und 2600 weniger als vor einem Jahr. Die Arbeitslosenquote nahm um 0,8 Prozentpunkte ab und liegt jetzt bei 16,8 Prozent. Vor einem Jahr betrug sie 17,5 Prozent.

Das Landesarbeitsamt führte die positive Entwicklung in der Region auf die Frühjahrsbelebung im Baubereich, im Gaststättengewerbe und beim Tourismus zurück. Doch sei die Zahl der Arbeitslosen nicht so stark wie in dieser Zeit üblich gesunken, weil viele Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen (ABM) ausliefen. Dagegen habe das Sofortprogramm der Bundesregierung zum Abbau der Jugendarbeitslosigkeit voll gegriffen. Seit Jahresbeginn konnte 17 900 arbeitslosen Jugendlichen zu einem Job verholfen werden.

Die meisten Arbeitslosen in der Region gab es bei den Verwaltungs- und Büroberufen (69 800). Es folgten Warenkaufleute (41 800), Bauleute (36 400) sowie Schlosser und Mechaniker (30 100).

Berlins Arbeitssenatorin Gabriele Schöttler zeigte sich dennoch optimistisch. Mit 15,7 Prozent sei die Arbeitslosigkeit in Berlin zwar noch immer hoch. Angesichts der Tatsache, daß das Wirtschaftswachstum in der Stadt im vergangenen Jahr um 0,3 Prozent zurückging, sei die Verringerung der Arbeitslosenzahlen aber bemerkenswert. Der Trend müsse darin bestärken, an dem eingeschlagenen Kurs einer aktiven Arbeitsmarktpolitik festzuhalten.

Schöttler sprach sich für "regionale" Bündnisse für Arbeit aus, um vor allem junge Beschäftigungssuchende und Langzeitarbeitslose in den Arbeitsmarkt zu integrieren. Als beispielhaftes Modell nannte sie den territorialen "territorialen Beschäftigungspakt Neukölln", der zeige, wie Arbeit geschaffen und zugleich ein Beitrag zur sozialen Stadtentwicklung geleistet werden könne.

Auch der Vorsitzende des Deutschen Gewerkschaftsbundes Berlin-Brandenburg, Dieter Scholz, plädierte für eine "nachhaltige und regionalisierte Ausrichtung der Arbeitsmarktpolitik". Die Dienstleistungsmetropole Berlin gründe sich nicht auf Tütenkleben und Schuhputzen, sondern benötige wirtschaftsnahe Qualifizierung und den Mut zu Innovationen, um das Modernisierungsdefizit in der Wirtschaft zu beseitigen.

Dagegen verwies Wirtschaftssenator Wolfgang Branoner (CDU) darauf, daß im entscheidenden Vorjahresvergleich die Zahl der Erwerbslosen im elften Monat in Folge gesunken sei. Die gegenwärtige, leicht positive Tendenz könnte wesentlich besser ausfallen, wenn die rot-grüne Bundesregierung die Rahmenbedingungen für die Wirtschaft flexibler regeln würde, sagte der Wirtschaftssenator.

Auch auf Bundesebene lösten die Arbeitsmarktzahlen ein geteiltes Echo aus. "Die Arbeitsmarktpolitik der Bundesregierung greift", betonte SPD-Bundesgeschäftsführer Ottmar Schreiner in Bonn. Der stellvertretende Vorsitzende der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Hermann Kues, verwies unterdessen darauf, daß der Rückgang ausschließlich auf saisonale Schwankungen zurückzuführen und "damit leider nur ein Scheinerfolg" sei. Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) hielt die Zahlen für ein "ermutigendes Zeichen". In den neuen Bundesländern könne aber noch nicht von einer grundlegenden Wende gesprochen werden, meinte die stellvertretende DGB-Vorsitzende Ursula Engelen-Kefer.

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