
© Foto: dpa/Marijan Murat
Hohe Gaspreise und Aufklärungskampagnen: Wie andere EU-Länder ihren Gasverbrauch radikal senken
Deutschland hat im September das EU-weite Einsparziel für Gas verfehlt. Schweden, die Niederlande und Luxemburg sind dagegen Musterbeispiele.
Stand:
Angesichts der Gasknappheit und der hohen Preise hatten sich die EU-Länder im Juli darauf geeinigt, ihren Gasverbrauch zu senken. Zwischen August und März kommenden Jahres wollen die Staaten ihren Konsum freiwillig um mindestens 15 Prozent im Vergleich zum Durchschnitt der letzten fünf Jahre senken. Deutschland hat laut Zahlen der EU-Kommission aber zuletzt weniger Gas gespart als andere EU-Mitglieder.
Im August hatte die Bundesrepublik ihren Gasverbrauch noch um 28 Prozent senken können. Im September hingegen lag die Einsparung nur noch bei 7,4 Prozent, wie aus Daten der EU-Kommission hervorgeht. Vor allem Länder die einen hohen Anteil an Gas beim Heizen haben, scheinen ein Problem zu haben. Ihre Verbräuche sind auch besonders abhängig vom Wetter: Ist es kälter als in den Vorjahren, wird automatisch mehr Gas verbraucht.
Besonders Schweden konnte seinen Gasverbrauch demnach mehr als halbieren. Die Niederlande verbrauchten jeweils 28,9 und 32,2 Prozent weniger Gas. Auch die baltischen Staaten, Luxemburg, Rumänien und Finnland haben anteilig mehr Gas eingespart als Deutschland. In der gesamten EU sank der Verbrauch im August um 14 Prozent und im September um 15 Prozent. Was machen diese Länder anders als Deutschland?
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Schweden
Die Schweden setzen vor allem auf erneuerbare Energien und Atomkraft. Nur 2,7 Prozent der Energieversorgung wurde 2020 durch Gas sichergestellt, wie aus Zahlen der Internationalen Energie Agentur (IEA) hervorgeht.
Eine Reduzierung des Gasverbrauches um 51,5 Prozent im August und 52,6 Prozent im September klingt im ersten Moment also nach viel. Fällt im Vergleich zum absoluten Verbrauch aber kaum auf.
Die Niederlande
Viel bemerkenswerter ist der Rückgang des Gasverbrauches in den Niederlanden. 2020 hatte der Anteil von Gas an der Energieversorgung des Landes noch mehr als 45 Prozent betragen, errechnet die IEA. Im vergangenen Monat reduzierte das Land seinen Gasverbrauch um 32,2 Prozent im Vergleich zum Durchschnitt der letzten fünf Jahre.
„Eine genaue Erklärung ist schwer zu geben“, teilt das Ministerium für Wirtschaft und Klima der Niederlande auf Tagesspiegel-Anfrage mit. Aber: „Aufgrund der hohen Gaspreise sind sich viele Haushalte und Unternehmen bewusst, dass sie ihren Gasverbrauch senken müssen, und haben dies auch getan.“
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Bereits im April habe das Ministerium eine „große öffentliche Kampagne zum Energiesparen“ gestartet. „Im Fernsehen, in sozialen Medien, in Zeitungen, im Radio“ werden Haushalte dazu aufgefordert, „ihren Gasverbrauch zu senken“, heißt es aus dem Ministerium.
Auch die Wirtschaft leiste ihren Teil zur Reduzierung des Gasverbrauchs: „Unternehmen – vor allem die Schwerindustrie und energieintensive Unternehmen – haben ihre Produktion aufgrund der hohen Gaspreise heruntergefahren oder Wege gefunden, die Produktion mit mehr Gaseffizienz fortzusetzen.“
Luxemburg
Ein weiteres Nachbarland Deutschlands, das seinen Gasverbrauch deutlich senken konnte, ist Luxemburg. Das Großherzogtum reduzierte seinen Verbrauch im September im Vergleich zum Durchschnitt der letzten fünf Jahre um 26,1 Prozent.
2020 betrug der Anteil von Gas an der Energieversorgung Luxemburgs laut der IEA etwa 21 Prozent. Etwas weniger als in Deutschland. Demnach war der Anteil in der Bundesrepublik damals 26,7 Prozent. Im ersten Halbjahr 2022 Betrug der Anteil hierzulande noch 11,7 Prozent.
Das Ministerium für Energie und Raumordnung in Luxemburg führt den Rückgang auf die „Anstrengungen der Industrie, aber auch (…) der Bevölkerung“ zurück, heißt es auf Anfrage. Letztere hätte „trotz außergewöhnlich kalter Temperaturen im September“ ihr Heizverhalten angepasst.
Die Lage in Deutschland
In Deutschland sei der Gasverbrauch durch Bürger:innen Anfang September trotz „der warmen Temperatur und der extrem hohen Gaspreise“ gestiegen, sagte Bundesnetzagentur-Chef Klaus Müller vergangenen Monat dem Tagesspiegel. Das habe ihn sehr verwundert.
Ein Grund könne sein, dass die Gasheizungen in deutschen Haushalten noch nicht auf die neuen Begebenheiten eingestellt worden sind. Das müsste schleunigst geändert werden, so Müller. In Deutschland werden fast 50 Prozent der Wohnungen mit Gas beheizt.
Anfang Oktober schienen die Deutschen dann auf ihren oberster Energiewächter gehört zu haben. Der Gasverbrauch lag knapp 30 Prozent unter den Durchschnittswerten der Vorjahre. Allerdings war es auch etwas wärmer als im Schnitt der Vorjahre.
Das deutet auf ein zentrales Problem der Vergleichszahlen in den europäischen Ländern hin: Sie lassen sich ohne die Entwicklung beim Wetter kaum seriös beziffern. Das zeigte sich schon im September: Der Verbrauch lag rund 40 Prozent unter dem, was die Temperaturen eigentlich erwarten ließen. Rein im Jahresvergleich betrachtet, also ohne den Blick auf das Wetter, hatten die Deutschen kaum Energie gespart.
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Dennoch gibt es EU-Länder, die es gar nicht schafften, ihren Gasverbrauch zu senken. Spanien verbrauchte im relevanten Zeitraum sogar mehr Gas – im August 2,6 Prozent, im September 0,9 Prozent. Im Juni hatte das Land einen Preisdeckel für Gas in der Stromproduktion eingeführt. Auch in der Slowakei und in Irland wurde in beiden Monaten mehr Gas verbraucht.
In Frankreich stieg der Gasverbrauch im August zunächst um 1,6 Prozent an, im Folgemonat sank der Konsum um 2,5 Prozent. In unserem Nachbarland sind die Preise für Verbraucher gedeckelt. Kritiker weisen immer wieder darauf hin, dass durch die Deckelung weniger Anreize bestehen, Energie einzusparen.
Zudem geht aus Berechnungen des Internationalen Wirtschaftsforums Regenerative Energien (IWR) hervor, dass Spanien und Frankreich ihre Gaskraftwerke für die Stromerzeugung in diesem Jahr drastisch hochfuhren. (Tsp)
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