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Sorge in der Gastro-Branche: Der ermäßigte Mehrwertsteuersatz von 7 Prozent auf Speisen soll wieder auf 19 steigen.

© Imago, Bearbeitung: Tagesspiegel

Höhere Mehrwertsteuer: Droht jetzt vielen Gastronomiebetrieben das Aus?

Die Restaurantbranche zittert, weil die Mehrwertsteuer auf Speisen wieder steigen soll. Drei Experten schätzen ein, ob der Gastronomie nun eine Pleitewelle bevorsteht.

Stand:

Zum Jahresende soll der ermäßigte Mehrwertsteuersatz von sieben Prozent auf Speisen in Restaurants wieder auf 19 Prozent steigen. Wegen der Coronakrise war der Branche diese Steuererleichterung gewährt worden. Bundesregierung und Steuerfachleute halten die Rücknahme für richtig, Opposition und Gastronomen fordern eine Verlängerung. Der Deutsche Hotel- und Gaststättenverband warnt gar, andernfalls müssten 12.000 Betriebe schließen und die Preise im Restaurant um durchschnittlich 18,2 Prozent steigen.

In unserer Reihe „3 auf 1“ geben drei Experten Antworten. Alle Folgen von „3 auf 1“ finden Sie hier.


Die Ermäßigung sollte bestehen bleiben, denn geschlossene Restaurants zahlen gar keine Steuern

Die Mehrwertsteuererhöhung zwingt Restaurants dazu, diese als Preiserhöhung direkt an die Gäste weiterzugeben. Da wir uns ohnehin seit Jahren in einer angespannten Situation befinden, ist das anders unmöglich zu schlucken. Die Preise für Speisen müssten sich um 12 Prozent erhöhen, damit die Restaurants wirtschaftlich bleiben.

Das führt jedoch sehr wahrscheinlich dazu, dass noch mehr Gäste fernbleiben, weil die Preise für viele Menschen sowieso schon zu hoch sind. Ich gehe stark davon aus, dass viele Restaurants die Mehrwertsteuererhöhung nicht überleben werden.

Wir als Gastronomen würden es begrüßen, wenn die Politik dadurch unterstützt, dass die Mehrwertsteuer weiterhin bei sieben Prozent bleibt. Langfristig ergibt das für Unternehmen und Verbraucher mehr Sinn: Wir können unsere Restaurants weiter betreiben und die Gäste können es sich weiterhin leisten, zu uns zu kommen. Ein geschlossenes Restaurant bringt am Ende gar keine Steuern ein.


Die Argumente für eine dauerhaft reduzierte Steuer überzeugen nicht

Die Argumente für eine dauerhaft reduzierte Mehrwertsteuer für die Gastronomie überzeugen nicht. Die Coronakrise ist vorbei und volle Restaurants und Cafés in den Innenstädten zeigen deutlich, dass sich die Branche erholt hat. Dass es nicht überall gut läuft und zum Beispiel das Sterben der Dorfkneipen weitergeht, ist veränderten Lebensgewohnheiten geschuldet. Niemand in der Branche glaubt ernsthaft, dass eine dauerhaft niedrigere Mehrwertsteuer diese Trends aufhalten könnte.

Die hohen Steuern in Deutschland sind ein massives Problem für die Wirtschaft und die Menschen. Mit Steuerprivilegien für einzelne Branchen lässt sich dieses Problem aber nicht auf faire Weise lösen. Denn dieses Privileg müssen andere bezahlen, die nicht weniger unter hohen Steuern leiden.

Tatsächlich ein echtes Problem für viele Gastronomen ist der Arbeitskräftemangel. Nur geht es anderen Branchen nicht anders. Und es kann wohl kaum jemand behaupten, dass der Arbeitskräftemangel im Pflegheim, in der Kita oder im Handwerk weniger wichtig wäre als der im Restaurant.


Gastronomen müssen konsequent auf die veränderten Marktbedingungen reagieren

Ja, viele Gastronomiebetriebe stehen vor dem Aus, auch wenn die vom Branchenverband Dehoga prognostizierte Zahl von 12.000 Schließungen übertrieben ist. Schon jetzt – auch ohne höhere Mehrwertsteuer – ist rund jeder neunte Gastro-Betrieb von Insolvenz bedroht.

Allein wegen der Inflation haben Gastronomen im Schnitt über 100.000 Euro zusätzliche jährliche Kosten. Viele gehen davon aus, dass durch Preiserhöhungen infolge einer steigenden Mehrwertsteuer die Nachfrage nach Bewirtung stark sinken wird. Das wird Betriebe in Existenznot bringen, weil sich die ohnehin geringe Gewinnmarge weiter reduziert, bis in den Verlustbereich.

Doch wer eine zu niedrige Gewinnmarge hat, sollte in erster Linie an seinem Geschäftsmodell arbeiten. Gastronomen sind Unternehmer und als solche müssen sie konsequent auf veränderte Marktbedingungen reagieren. Die Möglichkeiten, die Effizienz zu erhöhen, sind vielfältig: beispielsweise durch angepasste Öffnungszeiten oder den Verzicht auf teure Lebensmittel.

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