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Immobilien: 2500 Wohnungen in Berlin auf einen Schlag verkauft

Der Appetit von Investoren ist noch nicht gestillt. Deutsche Annington erneut auf Einkaufstour.

Berliner Wohnungen bleiben bei professionellen Investoren beliebt. Das zeigt die jüngste Großtransaktion, die in dieser Woche bekannt wurde: Die Deutsche Annington hat rund 2500 Wohnungen in Berlin erworben, die bisher einem Gemeinschaftsunternehmen unter Beteiligung von Corpus Sireo gehörten. Die Wohnungen verteilen sich auf neun Bezirke und haben derzeit eine durchschnittliche Kaltmiete von 5,60 Euro pro Quadratmeter. Die Vergrößerung des Bestandes sei „ein klares Bekenntnis zum Standort Berlin“, heißt es bei der Deutschen Annington. Die börsennotierte Immobiliengruppe ist mit rund 210 000 eigenen und für Dritte verwalteten Wohnungen an rund 550 Standorten das größte Wohnungsunternehmen in Deutschland. Auf die Mietverträge habe der Eigentümerwechsel keine Auswirkungen, heißt es zum Deal in der Hauptstadt. In Berlin bewirtschaftet die Deutsche Annington jetzt gut 16 000 Wohnungen.

Doch nicht nur in der Hauptstadt finden Wohnungen schnell Käufer, sondern auch in anderen deutschen Ballungszentren. Das zeigen Zahlen von Maklerhäusern, die das Volumen von sogenannten Portfoliotransaktionen – darunter verstehen sie den Verkauf von Paketen mit mehr als fünfzig Wohnungen – unter die Lupe genommen haben. Demnach investierten Immobilien-Aktiengesellschaften, Versicherungen, Pensionsfonds und andere institutionelle Investoren in der ersten Hälfte dieses Jahres rund sieben Milliarden Euro in solche Wohnungspakete.

Noch nicht in dieser Summe enthalten ist der größte Deal der letzten Monate. Er hat zumindest indirekt ebenfalls mit Berlin zu tun: Im Juli hat die in Berlin ansässige Westgrund AG 13 300 Wohnungen von der im Eigentum des Landes Berlin befindlichen Berlinovo erworben. Die betreffenden Wohnungen befinden sich allerdings nicht in Berlin, sondern vor allem in Wolfsburg, aber auch in anderen Städten in Niedersachsen, Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern und Sachsen. Sie gehörten einst zu den skandalumwitterten Immobilienfonds der Bankgesellschaft Berlin. 1300 Wohnungen reichte die Westgrund gleich an einen anderen Investor weiter; für die verbleibenden 12 000 Einheiten bezahlte das Unternehmen rund 390 Millionen Euro, was 32 500 Euro pro Wohnung entspricht.

Der Verkauf des Berlinovo-Portfolios steht beispielhaft für zwei Trends. Hauptakteure auf dem Investmentmarkt, sagt Konstantin Lüttger vom Beratungsunternehmen CBRE, „sind börsennotierte Immobilienunternehmen, die im großen Stil in deutsche Wohnimmobilien investieren“. An der Börse notiert sind nicht nur die Westgrund AG und die Deutsche Annington, sondern auch die österreichische Buwog, die ebenfalls großen Appetit auf deutsche Wohnungen hat.

Ein zweiter Trend: Die Profi-Investoren interessieren sich nicht mehr nur für Wohnanlagen in den größten Städten. „Während sich das Marktgeschehen in den vergangenen Jahren vornehmlich in den Metropolen und dort im Wesentlichen in den besseren Lagen abspielte, haben wir inzwischen eine völlig andere Situation“, beobachtet Matthias Pink, der beim Beratungsunternehmen Savills für die Marktforschung in Deutschland zuständig ist. „Bedingt durch das deutlich gestiegene Preisniveau und den Angebotsmangel in den A-Städten weichen die Investoren zunehmend auf andere Städte aus.“ A-Städte sind in der Sprache der Immobilienprofis die wichtigsten Großstädte wie Berlin, München, Hamburg, Düsseldorf und Frankfurt am Main.

„Bei guter Gelegenheit und attraktiven Entwicklungsperspektiven geraten verstärkt B-Standorte ins Blickfeld der Akteure“, sagt auch Michael Schlatterer, Wohnungsmarktexperte bei CBRE. „Hierzu zählen auch die prosperierenden Groß- und Mittelstädte Ostdeutschlands wie Dresden, Leipzig oder Jena.“ Zu dieser Beobachtung passt, dass das jetzt von der Deutschen Annington übernommene Portfolio nicht nur die 2500 Wohnungen in Berlin umfasst, sondern auch Apartments in Dresden, Jena, Leipzig und Erfurt.

Am meisten Wohnungen gehandelt werden jedoch weiterhin in Berlin: Nach Angaben des Beratungsunternehmens NAI Apollo entfiel im ersten Halbjahr 2014 ein Sechstel aller Portfoliotransaktionen auf die Hauptstadt. Auch nach Ansicht von CBRE-Experte Schlatterer bleibt Berlin für Investoren „aufgrund der bereits verzeichneten und auch noch zu erwartenden Aufholeffekte bei den Mieten“ attraktiv – sprich: Investoren setzen weiterhin auf steigende Mieten.

Zumindest vorläufig scheint diese Erwartung auch aufzugehen. Nach jüngsten Zahlen des Beratungsunternehmens Jones Lang LaSalle legten die Mieten, die Eigentümer für freie Wohnungen verlangen, in den vergangenen zwölf Monaten in Berlin noch einmal um knapp acht Prozent zu. Damit war die Steigerung deutlich stärker als in anderen Städten. In Hamburg verzeichneten die Marktforscher sogar einen Rückgang der Angebotsmieten um 0,6 Prozent.

Dass die Zuversicht der Investoren nicht mehr so ausgeprägt ist wie noch vor kurzem, zeigt der Aengevelt-Wohninvestment-Index (AWI), den das Beratungsunternehmen Aengevelt viermal jährlich vorlegt. Demnach schätzen die befragten Experten den Wohninvestmentmarkt zwar immer noch positiv ein, aber doch deutlich verhaltener als in der Vergangenheit. „In guten Lagen“, sagt Markus Schmidt, Leiter Aengevelt-Research, „sind Mietsteigerungen weitgehend ausgereizt.“ Er begründet dies unter anderem damit, dass wieder mehr Wohnungen gebaut werden. Ob damit der Appetit der Investoren auf Wohnungen und Mietsteigerungen allmählich gestillt sein wird? Mancher Mieter mag sich das wünschen. Doch der Wunsch hat nach Einschätzung von Experten wenig Aussicht, in Erfüllung zu gehen: „Auch in der zweiten Jahreshälfte 2014 wird das große Interesse an deutschen Wohnportfolios fortbestehen“, sagt Konrad Kanzler, Leiter Marktforschung bei NAI Apollo.

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