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Warten auf den Abflug: Der neue Hauptstadtflughafen Willy Brandt soll aktuellen Prognosen zufolge 2017 eröffnen.

© Patrick Pleul/dpa

Airport City: Durchgestartet

Trotz der verschobenen Eröffnung des Hauptstadtflughafens BER ziehen die Immobilienpreise in der Region weiter an.

Es ist eine der vielen Herbergen im Wartestand. Das bezugsfertige Vier-Sterne-Superior-Hotel der Steigenberger Gruppe am unfertigen Flughafen in Schönefeld, entworfen von Eike Becker Architekten Berlin, muss wohl noch einige Jahre ohne Gäste auskommen. Die 322 Zimmer, die Konferenzräume und Veranstaltungssäle befinden sich im Dornröschenschlaf. Lediglich eine Kolonne von etwa 20 Mitarbeitern hält die Immobilie in Gebrauch.

„Was nicht benutzt wird, das verliert an Wert“, sagt Gunther Träger, Sprecher von Steigenberger. Und so fährt die Crew die Fahrstühle und bewegt die Fitnessgeräte, damit sie keinen Rost ansetzen. Putzen und Gebrauchen ist angesagt, sieben Tage die Woche. Wie lange dieser Job noch getan werden muss, kann niemand genau sagen. Die letzten Vorhersagen für die Flughafen-Eröffnung zielen auf die zweite Jahreshälfte 2017. So lange muss das Steigenberger-Hotel noch auf Übernachtungsgäste warten. „Wenn der Flughafen aufmacht, dann machen wir auch auf“, sagt Gunther Träger.

Der Name für das Quartier, in dem sich das noble Hotel befindet, klingt gut: Airport City. Im Moment ist es aber eher eine Geisterstadt. An der zentralen Plaza steht neben dem Haus von Steigenberger noch das Berlin Brandenburg Airport Center (BAC), das Büroflächen von 18 770 Quadratmetern ausweist und immerhin fast vollständig vermietet ist. Pharmafirmen und Fluggesellschaften sind dort mit Büros untergekommen.

Ringsumher liegt vieles unberührt. Die Flughafengesellschaft rührt dennoch unentwegt die Werbetrommel. Sie sei „mit Abstand der größte Anbieter qualifizierter Gewerbeflächen im direkten Flughafenumfeld sowohl auf Berliner als auch auf Brandenburger Seite“, wird betont. Das Portfolio ist in neun Entwicklungsgebiete aufgeteilt. Da wird für typische Dienstleistungen am Airport, Logistik, Büros und sogar für industrielle Nutzungen geworben.

Große Ansiedlungsprojekte momentan nicht in Sicht

„Wir arbeiten mit der Zukunftsagentur Brandenburg gemeinsam an einer konzertierten Vermarktung der Gewerbeflächen“, sagt Ralf Kunkel, Sprecher der Flughafengesellschaft. „Wer schon jetzt kommt, der hat die Pole-Position.“ Mit den angrenzenden Flächen stehen 2,5 Quadratkilometer zur Verfügung. Und der Business Park Berlin an der B 96a unweit vom Airport ist mit 105 Hektar Fläche immerhin der größte seiner Art im Stadtgebiet. Große Ansiedlungsprojekte sind aber momentan nicht in Sicht. Kunkel wollte sich gegenüber dem Tagesspiegel jedenfalls nicht über konkrete Projekte äußern.

Vom Business Park Berlin sind immerhin schon 41 Hektar an Investoren veräußert. Dort hat sich bereits die internationale Unternehmensgruppe Segro angesiedelt. Sie ist spezialisiert auf die Entwicklung von Gewerbeimmobilien im Flughafenumfeld und bietet Flächen und Gebäude für Vertriebsfirmen, Leichtindustrie und auch großflächige Nutzungen. Der zweite Bauabschnitt wurde gerade fertiggestellt.

Zu den bisher vermeldeten Mietern zählt Tesla Motors, Hersteller von Elektroautos der Luxusklasse. Das Unternehmen betreibt auf 1 000 Quadratmetern ein Servicecenter. Marathon International, ein polnischer Logistikdienstleister, hat auf 100 Quadratmetern sein erstes Büro in Deutschland eingerichtet, die Signways GmbH, spezialisiert auf Werbetechnik, mietete sich auf 400 Quadratmetern ein. Vor kurzem kamen zudem die SEW Eurodrive GmbH & Co. KG, Anbieter im Bereich Antriebstechnik, und die Roto Dach- und Solartechnologie GmbH hinzu.

Neueinwohner stört der Fluglärm nicht

Noch ist es verhältnismäßig ruhig, dennoch belebt sich das Umfeld im Berlin Brandenburg Airport (BER) langsam. Sowohl in Berlin als auch in Brandenburg glaubt man weiterhin, dass sich der neue Hauptstadtflughafen als die ersehnte Jobmaschine erweisen werde. Damit der neue Airport „zu einer bedeutenden Ost-West-Drehscheibe des Kontinents“ werden kann, wie die Flughafengesellschaft hofft, müsste die schier unendliche Geschichte der verpatzten Eröffnungen aber zu Ende kommen.

Dass die Zuversicht wächst, zeigt die Preisentwicklung für Immobilien im Umfeld von Schönefeld. So sind nach Angaben des Gutachterausschusses für Grundstückswerte im Landkreis Dahme-Spreewald die Kosten für Baugrund in Flughafennähe in letzter Zeit deutlich gestiegen. Und dies trotz der anhaltenden Diskussion über den Lärm der Düsen-Triebwerke. Daraus lässt sich ablesen, dass Vielflieger wie Ingenieure, Techniker, Software-Entwickler, PR-Spezialisten und Politiker die Nähe zum Terminal schätzen und sich gern im Umfeld der Rollbahnen niederlassen. Fluglärm wird nicht mehr nur als abschreckend empfunden. Die Sorgen vieler Altbewohner, dass ihre Grundstücke durch den neuen Flughafen einen großen Wertverlust erleiden könnten, scheinen sich nicht zu bestätigen.

Dies deckt sich mit den Erfahrungen andernorts. So haben Forscher des Immobilienmarktbeobachters BulwienGesa jüngst herausgefunden, dass auch in anderen Gegenden in Flughafennähe wie Frankfurt/Main die Marktwerte entgegen den Befürchtungen der Anwohner stark gestiegen sind.

Fest steht, dass die Region um Schönefeld vor großen Veränderungen steht. Und wenn am 18. April 2015 wieder rund 4 000 Läufer beim jährlichen Airport Night Run die Start- und Landebahnen bevölkern, erlebt der BER schon mal, wie sich ein Massenspektakel anfühlt. Die Sportler, die vor der Terminalkulisse das Ziel erreichen, haben sicher nichts dagegen, wenn sie noch öfter bei diesem Event ihre Runden drehen können.

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