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Das Potenzial für neue altersgerechte Wohnungen in der Hauptstadt groß.

© imago/Seeliger

Wohnen im Alter: Senioren suchen kleinere Wohnungen

„Wohnen für Ältere in Berlin“: Berlinovo stellt eine neue Studie über den wachsenden Markt vor.

Der Markt für Pflegedienstleistungen und -immobilien wird in den kommenden Jahren kräftig wachsen. Dies nicht allein, weil die Bevölkerung im Durchschnitt immer älter wird und die geburtenstarken Jahrgänge die Klientel von morgen sind. Überschlägigen Berechnungen zufolge, werden im Jahr 2030 etwa eine Million weitere Personen pflegebedürftig sein. Ein zukunftsträchtiger Markt, denn daraus ergibt sich Projektentwicklern zufolge, dass bis 2030 Neubau- und Ersatzinvestitionen von gut 55 Milliarden Euro für zukunftsfähige, marktkonforme Pflegeeinrichtungen notwendig sind. Die öffentliche Hand investiert nur noch geringe Summen in den Erhalt und den Neubau von Pflegeeinrichtungen und scheint nicht in der Lage, notwendige Investitionen zu stemmen.

Insgesamt wird der Markt für Pflegedienstleistungen nach einer Studie der Unternehmensberatung Roland Berger in den kommenden Jahren kräftig wachsen. Er sei mit rund 50 Milliarden Euro Umsatz schon heute das drittgrößte Segment im deutschen Gesundheitswesen, heißt es im „Wachstumsmotor Pflege“. Bis 2030 werde sein Volumen weiter auf bis zu 85 Milliarden Euro wachsen.

Wer aber saniert den veralteten Bestand? Wie werden sich Wohnformen im Alter verändern? Wie sehen Berliner das Wohnen im Alter?

Das landeseigene Wohnungsunternehmen „Berlinovo“, derzeit beim Thema möbliertes Wohnen Marktführer in Berlin, wird auch in den Markt mit bezahlbaren Seniorenwohnungen einsteigen. Zur Vorbereitung dieses Markteintritts hat das Unternehmen eine repräsentative Befragung mit 800 Teilnehmern vorgelegt. Sie wurden unter anderem gefragt, ob und wann sie möglicherweise Umzugsabsichten hegen oder eine Verkleinerung ihrer Haushalte planen.

Viele Berliner wünschen sich eine kleinere Wohnung

Alles in allem bestätigte die Umfrage „Wohnen für Ältere in Berlin“, dass Menschen so lange wie möglich in ihrer vertrauten Umgebung wohnen bleiben wollen. Das ist in Berlin nicht anders als in Sachsen-Anhalt, dem Land mit der bundesweit dritthöchsten Pflegequote und einer überdurchschnittlich stark alternden Bevölkerung. In Sachsen-Anhalt werden laut Statistik rund 71 Prozent der Pflegebedürftigen durch Angehörige oder ambulante Pflegedienste zu Hause versorgt, während fast 29 Prozent in stationären Einrichtungen leben.

Befragt nach ihren Umzugsabsichten sagen auch in Berlin knapp dreißig Prozent, dass sie beabsichtigen, in eine Wohnform für Senioren zu ziehen. Dominierende Umzugsgründe sind natürlich die gesundheitliche Verfassung und die Verkleinerung der Haushalte. 86 Prozent der Berliner ab fünfzig Jahren wollen in der Stadt bleiben, sagte Björn Eisele von der InWIS Forschung & Beratung GmbH, die die Untersuchung mit dem Institut für Arbeit und Technik (IAT) der Westfälischen Hochschule Gelsenkirchen erarbeitete. 73,1 Prozent der ab 50-Jährigen wollen demnach in ihrer jetzigen Wohnung bleiben.

Dennoch ist das Potenzial für neue altersgerechte Wohnungen in der Hauptstadt groß: „140 000 Einwohner Berlins möchten innerhalb der nächsten drei bis fünf Jahre in eine altersgerecht ausgestattete Wohnung ziehen“, rechnete Eisele seine Zahlen hoch. „Und 350 000 Berliner wünschen sich eine kleinere Wohnung.“ Die durchschnittliche Größe der derzeit bewohnten Wohnungen habe rund neunzig Quadratmeter, gewünscht würden 67 Quadratmeter. Die neue – kleinere – Wunschwohnung sollte ebenso viel kosten wie die alte, gaben die Befragten zu Protokoll. Sie zahlten im Mittel aktuell 530 Euro kalt und wünschten sich eine Wohnung für 525 Euro kalt.

„Wohnen mit Service“ ist das Gebot der Stunde

Wenig erstaunlich: Für 76 Prozent der befragten Berliner kommt ein Alten- oder Pflegeheim nicht infrage. „Wohnen mit Service“ werde stark nachgefragt. Mehr als die Hälfte (51 Prozent) kann sich so etwas gut vorstellen.

Es sei eine schwierige Aufgabe, den Spagat zu bewältigen und nicht nur auf die Wohnung, sondern auch auf das Quartier zu schauen, sagte Rolf Heinze, Direktor des Institutes für Wohnungswesen, Immobilienwirtschaft, Stadt- und Regionalentwicklung (InWIS GmbH). Man werde „nicht umhinkommen, den Aspekt Neubau zu betonen und zwar in allen Varianten“. Bescheidenere Wohnungen zu bauen, das sei die eine Seite. Es gehe aber auch darum, die andere zu bedienen: „Sie brauchen ein Umzugsmanagement.“

Damit meint Heinze, älteren Menschen die Angst vor einer „Entwurzelung“ zu nehmen. Sie brauchen nicht nur beim Tragen der Umzugskisten Hilfe, sondern auch dabei, „ihr Leben“ in Kisten zu verpacken. Ein hohes Maß an Empathie sei hilfreich, auf quartiersbezogene soziale Betreuungssysteme komme es an.

Zu viele Menschen wohnen in viel zu großen Wohnungen. In der baulichen Anpassung von Wohnungen an die Bedürfnisse alter Menschen aber läge ein großes Potenzial. Offenbar ist das auch kein Ding der Unmöglichkeit: Eine barrierearme oder barrierereduzierte Wohnung reiche für mehr als drei Viertel der Menschen bis ins hohe Alter völlig aus, sagte Heinze. „Klare Vereinbarungen zu Mietereinbauten“ seien in Berlin das Gebot der Stunde.

In Berlin gibt es ein Klima für entsprechende Projekte, hielten die Forscher in ihrem Ausblick fest: „Berlin ist angesichts seiner sehr durchmischten und vergleichsweise progressiven Bevölkerungsstruktur einer der (künftigen) Hotspots für die Entwicklung und das Erproben alternativer Wohn- und Lebensmodelle im Alter.“ Schon jetzt liegt die Akzeptanz alternativer Wohnformen in der Hauptstadt deutlich über dem Bundesdurchschnitt. Wie die Jungen, so die Alten.

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