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Ein weites Feld: Mehr als die Hälfte der Fläche Deutschlands wird landwirtschaftlich genutzt, davon sind 71 Prozent Ackerland.

© imago/Arnulf Hettrich

Julia Klöckner stellt Ackerbaustrategie vor: Bauern sollen auch mal Erbsen und Dinkel anpflanzen

Weniger Monokulturen und Pestizide, 5G auf den Äckern und mehr Gentechnik: So sieht die Ministerin die Zukunft.

Bundesagrarministerin Julia Klöckner hat ein hartes Jahr hinter sich. Mit ihrer Kabinettskollegin Svenja Schulze (SPD) streitet die CDU-Politikerin seit langem über das richtige Verhältnis zwischen dem Schutz der Umwelt und dem Schutz der Landwirte. In Brüssel gilt es, Strafzahlungen wegen des zu hohen Einsatzes von Dünger zu vermeiden. Auf der jüngsten Großdemo der Bauern in Berlin musste sich die Ministerin dennoch Pfiffe der protestierenden Landwirte anhören.

Auch die neue Ackerbaustrategie, die Klöckner am Donnerstag in Berlin vorgelegt hat, sorgt für Protest, obwohl die Ministerin demonstrativ bemüht ist, die Wogen zu glätten. Das Papier - 66 Seiten stark - sei eine Diskussionsgrundlage, betont Klöckner. Es benennt Handlungsfelder und Zielkonflikte. Den Diskussionsprozess wolle sie keinesfalls abwürgen, versichert die Ministerin, obwohl ihr Haus in der Sache federführend ist. Die Agrarministerin sucht das Gespräch mit Verbänden, aber auch mit ihren Kabinettskollegen Umweltministerin Schulze und Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU). Klöckner hofft, dass man sich innerhalb der Regierung auf eine gemeinsame Strategie verständigen kann, wie der Ackerbau in Deutschland im Jahr 2035 aussehen soll.

Produktivität und Naturschutz unter einen Hut bringen: Bundesagrarministerin Julia Klöckner (CDU) sieht ihre Strategie als Diskussionspapier.
Produktivität und Naturschutz unter einen Hut bringen: Bundesagrarministerin Julia Klöckner (CDU) sieht ihre Strategie als Diskussionspapier.

© dpa

Ihr Ansatz: mehr Vielfalt auf den Feldern, weniger Chemie, mehr Technik – sowohl was die Digitalisierung betrifft als auch neue Züchtungsmethoden. 5G, das neue hochleistungsfähige Internet, will Klöckner künftig „über jedem Acker“ sehen, um Pestizide und Dünger bedarfsgerecht einzusetzen. Gentechnik, etwa den Einsatz der Genschere Crispr/Cas, will die Ministerin nutzen, damit neue Pflanzenzüchtungen künftig besser mit dem Klimawandel zurecht kommen. Umweltschutz ist wichtig, sagt Klöckner, aber die vordringliche Aufgabe der Landwirtschaft sei es, die Menschen zu ernähren. „Unsere Böden stehen unter Leistungsdruck“, betonte die Ministerin. Ernährte ein Landwirt im Jahr 1900 noch zehn Menschen, so seien es heute 155.

Klimaopfer: Dürre und Hitze setzen der Landwirtschaft zu. Klöckner hält neue, widerstandsfähige Züchtungen für nötig.
Klimaopfer: Dürre und Hitze setzen der Landwirtschaft zu. Klöckner hält neue, widerstandsfähige Züchtungen für nötig.

© imago/Ralph Peters

Klar sei aber auch, dass nur gesunde Böden Nahrungs- und Futtermittel liefern können. Deshalb sieht die Ackerbaustrategie eine Abkehr von den Monokulturen vor. Künftig soll jeder Betrieb mindestens fünf Kulturpflanzen wechselnd anbauen, etwa auch Dinkel, Hafer, Soja, Klee oder Erbsen. Bisher überwiegen Winterweizen, Mais, Winterraps und -gerste. Damit der Umstieg gelingt, müssten aber auch die Verbraucher mitziehen. Klöckner will daher mit Altmaier über eine finanzielle Flankierung von Marketingmaßnahmen sprechen.

Konventionelle und Öko-Landwirtschaft sollen von einander lernen, hofft Klöckner. Den Einsatz von chemischen Pflanzenschutzmitteln will sie zurückfahren, den Aufbau von fruchtbarem Humus, der nicht nur Wasser und Nährstoffe, sondern auch klimaschädliches Kohlendioxid speichert, fördern. Doch auch hier sind Zielkonflikte absehbar: Denn wenn man den Einsatz von chemischen Pflanzenschutzmitteln reduziert, muss Unkraut stärker mechanisch bekämpft werden, das aber gefährdet die fruchtbare Humusschicht.

Klöckner: Raus aus den ideologischen Gräben

„Wir müssen raus aus den ideologischen Gräben“, forderte Klöckner, „alle sind eingeladen, sich einzubringen“. Viele haben das aber bereits am Donnerstag getan. Während der Deutsche Bauernverband die Strategie als „zielführend und zukunftsfähig“ lobte, bemängelte der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschlands (BUND), dass die Strategie „keine verbindlichen Ziele, keine konkreten Maßnahmen“ und keinen Zeitplan enthalte. „Eine Strategie als Absichtserklärung taugt nichts“, kritisierte BUND-Vorsitzender Olaf Brandt.

SPD kündigt Widerstand an

Der agrarpolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Rainer Spiering, kündigte den Widerstand seiner Fraktion an. „Wir machen eine ausschließlich auf Freiwilligkeit basierende Hochglanzpolitik des Ministeriums nicht mit“, betonte Spiering und forderte regulatorische Ideen und zukunftsweisende Vorschläge. Auch innerhalb des Kabinetts dürfte es Diskussionsbedarf geben. Umweltministerin Schulze hatte bereits in der vergangenen Woche ihre Ideen für eine Ackerbaustrategie vorgestellt. Darin fordert die SPD-Politikerin einen grundlegenden Wandel in der Landwirtschaftspolitik und -förderung. Öffentliche Gelder sollen stärker an den öffentlichen Leistungen der Bauern ausgerichtet werden.

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