zum Hauptinhalt
Trübe Aussichten für die deutsche Wirtschaft (Symbolbild)

© dpa/Karl-Josef Hildenbrand

Krise hält an: Bundesregierung rechnet nicht mit baldiger Erholung der deutschen Wirtschaft

Eine nachhaltige Erholung der deutschen Wirtschaft ist nicht in Sicht. Mehrere Faktoren bremsen das Wachstum. Die Bundesbank rechnet erst ab 2026 mit leichtem Aufschwung.

Stand:

Die Bundesregierung sieht kein baldiges Ende der Dauerkrise der deutschen Wirtschaft. Derzeit sei „eine nachhaltige konjunkturelle Trendwende noch nicht absehbar“, heißt es in dem am Freitag veröffentlichten Monatsbericht des Bundeswirtschaftsministeriums.

Als Gründe dafür werden hohe Unsicherheiten mit Blick auf die geopolitischen Entwicklungen, die möglichen Zollerhöhungen der kommenden US-Regierung sowie die anstehenden Neuwahlen in Deutschland genannt. Zudem hätten sich Stimmungsindikatoren – etwa die für Manager, Verbraucher und Börsianer – zuletzt eingetrübt.

„Die unternehmerische Planbarkeit dürfte sich nach dem Ausgang der Präsidentschaftswahl in den USA und dem Ende der Regierungskoalition in Deutschland angesichts der erhöhten politischen Unsicherheit schwieriger gestalten“, heißt es in dem Monatsbericht. Dies dürfte eine nachhaltige konjunkturelle Trendwende etwa in der Industrie wohl weiter verzögern.

Kräftiges Wachstum erst wieder 2026 und 2027

Auch die deutsche Notenbank korrigierte ihre Konjunkturvorhersagen für dieses und das kommende Jahr kräftig nach unten.

„Die deutsche Wirtschaft kämpft nicht nur mit hartnäckigem konjunkturellen Gegenwind, sondern auch mit strukturellen Problemen“, erklärte Bundesbankpräsident Joachim Nagel am Freitag im Rahmen der halbjährigen Wirtschaftsprognose. Anders als bisher vorausgesagt, werde der private Konsum nicht zu einem Motor für die wirtschaftliche Erholung.

Die Bundesbank rechnet jetzt damit, dass die Wirtschaftsleistung im laufenden Jahr um 0,2 Prozent schrumpfen wird. Noch in ihrer Juni-Prognose hatte sie einen geringen Anstieg des kalenderbereinigten Bruttoinlandsprodukts (BIP) von 0,3 Prozent vorhergesagt.

Für das nächste Jahr korrigierte sie ihre Wachstumsprognose noch deutlicher nach unten. Inzwischen rechnet sie für 2025 nur noch mit einem Miniwachstum von 0,2 Prozent. Im Juni hatten die Volkswirte der Notenbank noch einen BIP-Anstieg von 1,1 Prozent prognostiziert.

Erst in den Jahren 2026 und 2027 wird die Wirtschaft laut der Bundesbank-Prognose wieder etwas kräftiger um 0,8 (Juni-Prognose: 1,4) Prozent beziehungsweise um 0,9 Prozent wachsen. Die Exporte lieferten dann moderate Wachstumsimpulse, auch die Investitionen der Unternehmen kehrten dann wieder auf einen Expansionspfad zurück.

Der derzeit größte Unsicherheitsfaktor für die Prognose ist ein möglicherweise global zunehmender Protektionismus.

Bundesbankpräsident Joachim Nagel

„Der derzeit größte Unsicherheitsfaktor für die Prognose ist ein möglicherweise global zunehmender Protektionismus“, warnte Nagel. Insgesamt überwiegen nach Einschätzung der Bundesbank gegenwärtig die Risiken für ein noch schwächeres Wirtschaftswachstum.

Firmen halten sich mit Investitionen zurück

Auch bei den Investitionen halten sich die deutschen Unternehmen zurück. Wie das Münchner Ifo-Institut am Freitag mitteilte, fielen die Investitionserwartungen für das laufende Jahr im November noch einmal deutlich auf minus 9,0 Punkte, nach minus 0,1 Punkten im März. Grund für die Zurückhaltung seien die „strukturellen Standortprobleme und die hohe Unsicherheit über die wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen“, betonte das Ifo.

Der Umfrage zufolge planen die Firmen auch im kommenden Jahr weniger Investitionen – mit einem Saldo von minus 6,6 Punkten fällt der Rückgang aber wahrscheinlich geringer aus als in diesem Jahr. Vor allem die nicht-energieintensiven Branchen bleiben demnach im kommenden Jahr pessimistisch, hier liegt der Wert bei minus 8,4 Punkten.

Situation auf dem Arbeitsmarkt wirkt sich auf Konsumverhalten aus

Zugleich rechnet das Wirtschaftsministerium damit, dass die schwache Entwicklung auf den Arbeitsmarkt durchschlägt. Die sinkende Arbeitskräftenachfrage zeige sich etwa am abermaligen Rückgang der bei der Bundesagentur für Arbeit gemeldeten Zahl der offenen Stellen.

Menschen gehen in die Agentur für Arbeit in Potsdam (Symbolbild).

© Andreas Klaer

„Der Arbeitsmarkt reagiert mittlerweile spürbar auf die schon länger andauernde Wirtschaftsschwäche“, sagte Bundesbankpräsident Nagel. Und das dämpfe den privaten Konsum. Die Aussichten für den Arbeitsmarkt schätzt die Bundesbank nun deutlich schwächer ein.

Vermutlich seien auch die Sorgen um die Arbeitsplatzsicherheit gestiegen. Daher sei der private Konsum deutlich hinter den Erwartungen vom Juni zurückgeblieben und werde voraussichtlich auch im kommenden Jahr nur wenig wachsen. „Der private Konsum steigt zwar durchgängig, aber nicht mehr so stark wie bislang erwartet“, führte Nagel aus.

Winterprognosen gesenkt

Die führenden Institute haben ihre ohnehin pessimistischen Erwartungen für die deutsche Wirtschaft in ihren Winterprognosen nochmals zurückgenommen. Das Kieler Institut für Weltwirtschaft (IfW) etwa rechnen für das kommende Jahr nur noch mit einer Stagnation beim Bruttoinlandsprodukt, nach einem erwarteten Rückgang von 0,2 Prozent im zu Ende gehenden Jahr.

Exporte schrumpfen – vor allem in die USA

„Deutschlands Wachstumsschwäche tritt offen zutage und jeder unvorhergesehene Störfaktor von außen kann den Unterschied zwischen einem Plus oder einem Minus bei der Wirtschaftsleistung bedeuten“, sagte IfW-Präsident Moritz Schularick. Aufgrund der nachlassenden Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen können dem IfW zufolge die Exporte nicht mehr mit dem Welthandel Schritt halten.

Im Oktober schrumpften die Exporte deutscher Firmen um 2,8 Prozent zum September auf 124,6 Milliarden Euro, wie das Statistische Bundesamt in Wiesbaden mitteilte. Zum Vorjahresmonat gingen die Ausfuhren ebenfalls um 2,8 Prozent zurück.

124,6 Mrd.
Euro an Warenwert exportierten deutsche Firmen im Oktober.

In die EU-Staaten wurden im Oktober Waren im Wert von 68,9 Milliarden Euro exportiert, ein Rückgang von 0,7 Prozent zum Vormonat. Die Ausfuhren in Länder außerhalb der EU – sogenannte Drittstaaten – nahmen um 5,3 Prozent ab auf 55,7 Milliarden Euro.

Container stehen im Umschlagbahnhof Köln Eifeltor auf LKW und Güterzügen (Symbolbild).

© dpa/Oliver Berg

Dabei brachen die Exporte in die USA, dem größte Zielmarkt für deutsche Ausfuhren, im Monatsvergleich um gut 14 Prozent auf 12,2 Milliarden Euro ein. Die Ausfuhren nach China gingen zugleich um 3,8 Prozent zurück. Im Handel mit EU-Staaten sanken die Exporte um 0,7 Prozent. Nur in das Vereinigte Königreich nahmen die Exporte um 2,1 Prozent auf 6,5 Milliarden Euro zu.

Vorgeschmack auf Handelskonflikte mit Trump

Der Auftakt ins vierte Quartal verheiße mit dem Rückgang im Oktober nichts Gutes, schrieb der Chefvolkswirt der Liechtensteiner Privatbank VP, Thomas Gitzel. „Auch wenn der deutliche Exportrückgang in die USA von Großaufträgen geprägt sein dürfte, gibt das Minus einen Vorgeschmack, was im Falle von handfesten Zollstreitigkeiten mit den USA drohen könnte.“

Wachsende Konkurrenz auf den Weltmärkten etwa aus China sowie strukturelle Probleme der deutschen Industrie wie teure Energie und viel Bürokratie machen der Exportnation Deutschland seit längerem zu schaffen. Schon im September waren die Exporte zurückgegangen.

Die Unternehmen sind verunsichert, warten aber noch ab, welche Handelspolitik Trump letztendlich umsetzen wird.

Klaus Wohlrabe, Leiter der Ifo-Umfragen

Die Exporterwartungen der deutschen Industrieunternehmen hingegen haben sich nach dem Wahlsieg Trumps aufgehellt. Das entsprechende Barometer stieg im November auf minus 5,9 Punkte von minus 6,5 Punkten im Oktober, wie das Ifo-Institut bei seiner Firmenumfrage ermittelte. Das ist der erste Anstieg seit einem halben Jahr.

„Die Unternehmen sind verunsichert, warten aber noch ab, welche Handelspolitik Trump letztendlich umsetzen wird“, sagte dazu der Leiter der Ifo-Umfragen, Klaus Wohlrabe. „Zudem hat der Dollar nach der Wahl kräftig aufgewertet, wovon die Exporteure profitieren können.“

Die Importe nach Deutschland schrumpften im Oktober um 0,1 Prozent zum September auf 111,2 Milliarden Euro. Zum Vorjahresmonat stand ein Plus von 1,7 Prozent. Unterm Strich blieb eine positive Außenhandelsbilanz von 13,4 Milliarden Euro. (Reuters/dpa/AFP)

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
console.debug({ userId: "", verifiedBot: "false", botCategory: "" })